Sanitätsdienst

Telemedizin bei der Bundeswehr

Telemedizin bei der Bundeswehr

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Der Arztbesuch online, bequem von Zuhause aus und ohne lange Wartezeiten oder ein Telekonsil, das heißt der interdisziplinäre elektronische Informationsaustausch verschiedener Fachärzte – die Einsatzgebiete der Telemedizin sind vielfältig.

Unter Telemedizin versteht man die digitale Zurverfügungstellung von Gesundheitsdienstleistungen unter Verwendung von Kommunikations- und Informationstechnologien. Sie hilft dabei, räumliche Distanzen zu überwinden und ermöglicht eine ortsunabhängige Zusammenarbeit von medizinischem Personal und Patienten.

Ein Patientent wird von Ärzten mit Ultraschall untersucht, die Ärzte schauen auf einen Monitor mit den Ultraschallaufnahmen

Neue Wege in der Telemedizin. Ein Real-Time-Übertragungstest einer Ultraschalluntersuchung mit dem Datenkompressionsverfahren

Bundeswehr/David Jäckel

Ob Arztbesuch per Videosprechstunde oder Telekonsultation zwischen behandelndem Arzt und Fachexperten, telemedizinische Methoden gewinnen in der zivilen und militärischen Gesundheitsversorgung zunehmend an Bedeutung. Telemedizin ist dabei einfach, kosteneffizient und, wenn die notwendige Infrastruktur vorhanden ist, weltweit einsetzbar. Innerhalb des Sanitätsdienstes hat sich die Technologie bereits in vielen Bereichen erfolgreich etabliert. Anwendung findet sie beispielsweise auf dem Gebiet der Mikrobiologie, Labormedizin, Radiologie, Tropenmedizin und maritimen Medizin. Zu den telemedizinischen Aufgaben zählen hierbei die Ferndiagnostik, kooperative Betreuung, das Teleteaching und klinische Telekonferenzen, um nur einige Beispiele anzuführen. In einzelnen Bereichen nimmt die Bundeswehr sogar eine weltweite Führungsrolle ein: der Begriff „Televirologie“ wurde beispielsweise vom Sanitätsdienst geprägt und die Telemikrobiologie der Bundeswehr ist das bisher NATO-weit einzige System dieser Art im Routinebetrieb.

Die ortsunabhängige und sofortige Verfügbarkeit von Fachexpertise sowie der kosteneffiziente und ressourcenschonende Informationsaustausch zwischen medizinischem Personal untereinander und mit ihren Patienten unterstreichen das erhebliche Potential der Telemedizin innerhalb des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

Transport medizinischen Wissens in den Einsatzgebieten

Europa, Asien oder Afrika – die Bundeswehr ist in vielen Teilen der Welt im Einsatz. In den meisten Gebieten mangelt es allerdings an medizinischer Infrastruktur, Versorgungskapazitäten und Fachpersonal. Eine optimale medizinische Versorgung und fachärztliche Behandlung der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz kann nur mit Unterstützung aus dem Inland gewährleistet werden. Die wenigen verfügbaren Experten im Heimatland können jedoch nicht beliebig in den Einsatz entsandt werden.

Ein Mann sitzt vor einem Computerbildschirm und Mikroskop

Per Telemedizin bespricht der in Mali befindliche Mikrobiologe ein Untersuchungsergebnis mit seinen Kollegen im Insttitut für Mikrobiologie der Bundeswehr in Deutschland

Bundeswehr/Schmidt

Genau hier kommt die Telemedizin ins Spiel: Sie ermöglicht den Informationsaustausch zwischen medizinischem Personal im Einsatzgebiet und Fachexperten im Heimatland. Unabhängig von Ort und Zeit kann der Transfer medizinischen Wissens dort erfolgen, wo er benötigt wird. Durch die Übertragung von Live-Bildern ist es beispielsweise möglich, dass der Facharzt zu Hause die Diagnostik im Einsatz mitverfolgt. Die sogenannte „virtuelle Notaufnahme“ der Deutschen Marine ermöglicht bei Bedarf die Zuschaltung weltweiter medizinischer Fachexpertise, und komplizierte medizinische Fragestellungen können im interdisziplinären Telekonsil beantwortet werden.

Auch die Infektionsmedizin nutzt telemedizinische Anwendungen im Auslandseinsatz. So hat sich die Telemikrobiologie bereits mehrfach in der Praxis bewährt: Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten führen mikrobiologische Untersuchungen durch und übermitteln die Ergebnisse an Experten im Leitlabor des Bundeswehrzentralkrankenhauses in Koblenz.

Frei nach der Devise: „Export von Expertise statt Export von Experten“ ermöglicht Telemedizin eine schnelle und kostensparende Bereitstellung von qualifiziertem Wissen in Krisenregionen ohne den sprichwörtlichen „Experten“ vor Ort.

Sonografie im Telekonsil

Sonografie beschreibt ein medizinisches Verfahren, welches Untersuchungen und bildliche Darstellungen innerer Organe und Strukturen mit Hilfe von Ultraschallwellen ermöglicht. Die Untersuchung selbst ist für den menschlichen Körper unschädlich und kann beliebig oft wiederholt werden. Häufige Hürden stellen bei diesem Verfahren die unterschiedliche Erfahrung und Expertise des jeweiligen Untersuchers dar.

Ein Mann Bertrachtet ein Ultraschallbild auf einem Monitor

Testlauf zur Übertragung von Ultraschalluntersuchungen in der Telemedizin

Bundeswehr/David Jäckel

Innerhalb der Bundeswehr wird die Sonografie bei der medizinischen Versorgung von Patienten regelmäßig eingesetzt. Seit geraumer Zeit besteht zudem die Möglichkeit der Telesonografie im Inland. Bei einem im Juni 2018 in Cochem durchgeführten Pilotprojekt war es möglich, telesonografische Konferenzen erfolgreich im In- und Ausland zu etablieren. Fachärztliche Expertise kann somit in weit entfernten Regionen verfügbar gemacht werden. Für den unerfahrenen Untersucher stellt die telemedizinische Zuschaltung eines Fachexperten eine wertvolle und bedeutende Unterstützung dar. Infolgedessen entsteht ein qualitativ hochwertiges und professionelles Untersuchungsergebnis. Perspektivisch kann die Technologie auch als Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit genutzt werden.

In absehbarer Zeit soll Telesonografie auch in Auslandseinsätzen oder anderweitigen Krisengebieten nutzbar gemacht werden. Der Arzt im Einsatz könnte auf diese Weise sonografische Untersuchungen unter Anleitung eines Facharztes durchführen und damit eine medizinische Versorgung des Patienten sicherstellen, die im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entspricht. Die Fähigkeit „Telesonografie“ führt zu einem Wandel der sanitätsdienstlichen Gesundheitsversorgung im Auslandseinsatz. Herausforderungen der Nutzbarmachung sind vor allem im Bereich des medizinischen Datenschutzes, der ITInformationstechnik-Sicherheit und der dafür notwendigen technischen Ausrüstung zu erwarten.

Wundversorgung mittels Augmented Reality

Spätestens nach dem Launch von Pokémon Go im Sommer 2016 war der Hype um „Augmented Reality (AR)“ nicht mehr aufzuhalten. Doch was ist AR eigentlich und wie lässt sich diese Technologie in der Medizin nutzen? AR oder auch „Erweiterte Realität“ stellt eine Abwandlung der „Virtuellen Realität (VRVirtuelle Realität)“ dar. Vereinfacht ausgedrückt, ergänzt sie reale Eindrücke und Informationen, wie beispielsweis den Blick auf eine Parkanlage durch die Smartphone-Kamera, um virtuelle Features, im obigen Beispiel die Pokémon. AR kann jedoch viel mehr als kleine Monster überall in der Stadt auftauchen zu lassen.

Eine Person in OP-Kleidung trägt eine Augmented Reality Brille

Erprobung der telemedizinischen Wundversorgung mit Augmented Reality am Bundeswehrkrankenhaus Berlin

Bundeswehr/Thilo Plupanek

Am Bundeswehrkrankenhaus Berlin steht aktuell die telemedizinische Unterstützung von Operationen mittels AR im Rahmen eines experimentellen Forschungsprojekts vor dem Beginn. Über eine AR-Brille können dem Operateur dabei durch einen fernen Experten zusätzliche Informationen ins Sichtfeld eingespielt werden, um ihn bei operativen Eingriffen an Simulatoren zu unterstützen. Die Vorteile dieser Technologie liegen klar auf der Hand: Neben einer erhöhten Anwender- und Handlungssicherheit können Chirurgen bei komplexen Operationssituationen bei Bedarf Hilfestellungen von hochspezialisierten Fachleuten erhalten. Perspektivisch kann dies in Zukunft vor allem in den Einsatzgebieten bei operativen Eingriffen Anwendung finden.

AR als Teil der Telemedizin befindet sich noch in der Anfangs- und Erprobungsphase. Die Möglichkeiten, die mit dieser Technologie einhergehen, versprechen jedoch großes Potential, bezogen auf die Diagnostik, Therapie und Handlungssicherheit des medizinischen Personals.

Pilotprojekt Videosprechstunde

Videosprechstunden sind seit April 2017 Bestandteil der gesetzlichen Kassenleistungen und wurden zum 1. April 2019 für alle Indikationen geöffnet.

Überfüllte Wartezimmer, lange Anfahrtswege und der meist nicht ganz unbeschwerliche Routine-Arztbesuch nach Operationen – Alltag für Ärzte und Patienten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Gerade hier können telemedizinische Dienste sinnvoll sein und für eine Entlastung von medizinischem Personal und Patienten sorgen. Beispiele für den Einsatz telemedizinisch-gestützter Betreuung im Rahmen der Patientennachsorge sind unter anderem die visuelle Wundkontrolle per Webcam und Online-Chat, sowie die Unterstützung des Truppenarztes durch den entlassenden Krankenhausarzt.

Im zivilen Sektor setzt sich das Konzept der Videosprechstunde nur sehr langsam durch. Mögliche Gründe hierfür könnten in der unzureichenden Vergütung und der damit verbundenen schleppenden Akzeptanz der Ärzteschaft liegen. Ganz anders stellt es sich bei der Bundeswehr dar. Dem Trend der digitalen Revolution folgend befindet sich das Bundeswehrkrankenhaus Berlin aktuell in der Erprobungs- und Etablierungsphase einer Videosprechstunde im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie – als einem der ersten klinischen Anwendungsbeispiele dieser Technologie im Fachbereich deutschlandweit. Das Krankenhaus unterstreicht hierbei die telemedizinische Vorreiterrolle des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

von Andreas Walker, Rachid Mohamed, Pascal Becker 

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