Tactical Combat Casualty Care: Erstbehandlung und Notfallmedizin für den Krieg
Tactical Combat Casualty Care: Erstbehandlung und Notfallmedizin für den Krieg
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
- Lesedauer:
- 3 MIN
Um im Krieg Leben zu retten, lernen ukrainische Soldatinnen und Soldaten in Deutschland im Rahmen der EUEuropäische Union-Ausbildungsmission EUMAMEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine wie sie Verwundete im Feld notfallmedizinisch versorgen können. Sie werden einsatznah ausgebildet, damit im Ernstfall auch unter enormen Stress jeder Handgriff sitzt. Damit leistet der Sanitätsdienst der Bundeswehr einen wichtigen Beitrag, um den Kampf der Ukraine zu unterstützen.
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Gemeinsam bildet das multinationale Team aus erfahrenen Notfallsanitätern und TCCCTactical Combat Casualty Care-Instruktoren die ukrainischen Kräfte aus. Der organisatorische Leiter des Trainings ist Hauptmann Patrick K*. „Die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten werden bei uns nach dem amerikanischen System der taktischen Verwundetenversorgung ausgebildet“, so der 34-Jährige. Derzeit bildet seine Mannschaft Combat Medics (deutsch Einsatzsanitäter) aus. Der Combat Medic, der Combat Lifesaver und der Paramedic sind international standardisierte Ausbildungen. Das Ausbildungsteam besteht daher sowohl aus deutschen, niederländischen als auch schwedischen Sanitätskräften.
Bedeutung der sanitätsdienstlichen Ausbildung
Auf jeden Ausbilder kommen zwei bis drei ukrainische Soldatinnen und Soldaten. Nur mit diesem Ausbildungsschlüssel lassen sich die Inhalte in der Kürze der Zeit vermitteln. Patrick K. weiß um die Bedeutung der sanitätsdienstlichen Ausbildung: „Sie sind diejenigen, die vor dem Notfallsanitäter oder Arzt das Leben der verwundeten Kameradinnen und Kameraden quasi in Ihren Händen halten. Wir müssen sie befähigen, kompetent Erste Hilfe auf dem Gefechtsfeld zu leisten.“ Ein Anspruch der motiviert, aber auch Druck erzeugt. Laut Patrick K. möchte das ukrainische Verteidigungsministerium mehr in die sanitätsdienstliche Ausbildung investieren und möglichst alle Soldatinnen und Soldaten zum Combat Lifesaver ausbilden. Dieser ist vergleichbar mit dem Ersthelfer Bravo der Bundeswehr. Hauptmann K. kann den Wunsch durchaus nachvollziehen: „Die Frontabschnitte in der Ukraine sind sehr groß und die Anzahl der Verwundeten hoch. Da bietet sich eine bestmögliche sanitätsdienstliche Erstversorgung in Frontnähe an.“
Nach den ersten zehn Tagen wird das Erlernte unter Gefechtsbedingungen auf dem Übungsplatz weiter vertieft. Die Aufgaben werden immer komplexer. Das reicht von der Erstversorgung im Schützengraben unter Beschuss bis zum Abtransport der Verwundeten mit unterschiedlichen Verletzungsmustern.
Heterogene Gruppe als Herausforderung
„Derzeit haben wir eine sehr heterogene Gruppe, die von einem 18-jährigen Freiwilligen bis zu einer 50-jährigen Trauma-Krankenschwester reicht. Einige von ihnen sind kampferfahren, andere hatten bisher noch nie Kontakt zum Militär.“ Dass es trotzdem gut funktioniert, liegt am Engagement der Ukrainerinnen und Ukrainer. „Sie unterstützen sich gegenseitig, sind sehr wissbegierig und stellen viele Fragen,“, erklärt Hauptmann K. Die Teilnehmenden wissen, dass sie an der Front Leben retten müssen. In dieser Extremsituation muss jeder Handgriff sitzen. Das treibt sowohl sie selbst, aber auch ihre Ausbilderinnen und Ausbilder an.
Sprachmittler als wichtiger Baustein
Ein wichtiger Baustein bei der Ausbildung sind die Sprachmittler. Sie kommen bundesweit aus dem Sanitätsdienst und verfügen überwiegend über medizinische Grundkenntnisse. Eine wichtige Voraussetzung, denn die fachmedizinischen Begriffe und die verschiedenen Verletzungsmuster müssen im richtigen Kontext übersetzt werden. Nur so können Missverständnisse vermieden werden. „Insbesondere für unsere Sprachmittler in den internationalen Teams, ist es eine Herausforderung. Sie müssen über Stunden zwischen drei Sprachen wechseln. Das macht irgendwann den Kopf auch mürbe“, erklärt Patrick K.
Psychologische Nachbetreuung
Mit zunehmender Lehrgangsdauer wächst die Vertrautheit. Insbesondere die Sprachmittler sind emotional nah dran. Sie hören was der eine oder andere fronterfahrene Soldat erzählt. „Jeder geht damit anders um. Wir haben einen Anspruch auf einen Nachbereitungsseminar und somit auch auf eine psychologische Nachbetreuung, wenn Bedarf besteht.“
Am Ende blickt Hauptmann K. vor allem die unglaubliche Dankbarkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer. „Nach jedem Essen oder jeder Ausbildung bedanken sie sich höflich.“ Einen großen Anteil daran hat aus seiner Sicht auch das Organisationsteam. „Die Teilnehmenden wurden hier wie Freunde behandelt“, so Patrick K. Für ihn bleibt ein zwiegespaltenes Gefühl. „Zum einem die Gewissheit die ukrainischen Kräfte für ihre Aufgabe als Lebensretter gut ausgebildet zu haben, zum anderen das Wissen, dass diesen Krieg nicht alle überleben werden.“
*Name redaktionell geändert