Moralische Verletzungen – Moral Injuries
Moralische Verletzungen – Moral Injuries
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 2 MIN
Inzwischen ist die Posttraumatische Belastungsstörung, kurz PTBSPosttraumatische Belastungsstörung, eine bekannte Erkrankung. Weniger bekannt, aber von ebensolcher Bedeutung, sind die moralischen Verletzungen. Hierunter werden Erfahrungen verstanden, bei denen tiefverwurzelte moralische Überzeugungen und Erwartungen eines Menschen erschüttert werden.
Die medizinische Versorgung dieser äußerlich nicht sichtbaren Verletzungen ist im Psychotraumazentrum des Bundeswehrkrankenhauses Berlin aktueller Forschungsgegenstand. Das Erkrankungsbild betrifft häufig Soldatinnen oder Soldaten, die in einem Auslandseinsatz waren und dort mit Situationen konfrontiert wurden, die ihre, meist anerzogenen, sozialisierten Wertevorstellungen, auf den Kopf stellen. Situationen, an denen sie entweder selbst teilgenommen haben oder sie nicht verhindern konnten oder durften. Auch Zeugin oder Zeuge zu sein oder indirekt davon zu erfahren kann als Auslöser für eine Erkrankung bereits ausreichen.
Stell Dir vor…
Du bist als Soldatin oder Soldat im Auslandseinsatz auf Patrouillenfahrt unterwegs mit deinen Kameraden und Kameradinnen. Unmittelbar bekommst du mit, wie Frauen und Kinder am Wegesrand geschlagen werden und um ihr Leben fürchten müssen. Menschen mit einem stabilen Werteempfinden möchten hier im Normalfall unbedingt schützen und helfen. Der militärische Auftrag lässt es aber nicht zu, hier einzugreifen. Und das wird zum inneren Konflikt. Im Laufe der Zeit kann dies für dich zu einem ausgewachsenen Problem werden, dessen Ursache eine moralische Verletzung war.
Wo liegt der Unterschied zu einer PTBSPosttraumatische Belastungsstörung?
Das eine schließt, wie so oft, das andere nicht aus, der Unterschied liegt jedoch im Auslöser der Erkrankung. Während eine PTBSPosttraumatische Belastungsstörung durch eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation ausgelöst wird, reichen für moralische Verletzungen nicht selten auch schon Situationen des Alltags, die aber tief verwurzelte Werte und Überzeugungen in Frage stellen. Oft münden sie in Symptome wie Scham- und Schuldgefühle, die oft auch einen starken Zorn verursachen, beispielsweise begründet durch Fehlentscheidungen.
Die Kernsymptome jedoch ähneln sich. „Erfahrungsgemäß“, so Oberstarzt Prof. Dr. Zimmermann, „gehen moralische Verletzungen jedoch häufiger mit Depressionen, Sucht und sogar Suizidalität einher.“ Oft kommen die Soldatinnen und Soldaten mit für sie unklaren Symptomen wie Grübeln, Alpträumen und Schlaflosigkeit erst Jahre nach dem auslösenden Moment in die Behandlung und Therapie. Dies liegt unter anderem daran, dass der Verletzte die Verletzung als solche nicht gleich erkennt. Prävention und rechtzeitiges Erkennen einer psychischen Erkrankung sind das A und O.