Am 6. Februar 2023 bebte in der Türkei und in Syrien die Erde. Viele Häuser stürzten ein und begruben zehntausende Menschen unter sich. Nach der Entscheidung zur Unterstützung der Türkei mit einem Rettungszentrum liefen im Lagezentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Koblenz die Drähte heiß, um den schnellen Einsatz zu ermöglichen.
Oberfeldarzt Laura J. war als Leiterin der entsprechenden Zelle im Lagezentrum von der ersten Stunde an dabei. In einem Interview spricht sie über die Anfangszeit des Humanitären Einsatzes in der Türkei.
8 Fragen an Oberfeldarzt Laura J.
Frau Oberfeldarzt, als Sie die ersten Pressemeldungen über diese Katastrophe wahrnahmen, hatten Sie da schon eine Ahnung, was da auf den Sanitätsdienst zu kommt?
Jein! Die Bilder, die ich gesehen hatte, waren natürlich erschütternd. Ich bin schon länger im Sanitätsdienst tätig und da mache ich mir schon den einen oder anderen Gedanken, welche Möglichkeiten wir hätten, um entsprechend schnell zu unterstützen.
Wann ging es denn mit den konkreten Planungen zum Aufbau des Luftlanderettungszentrum in Altinözü los?
Die wirklich konkreten Planungen begannen am 22. Februar 2023. Wir hatten natürlich schon vorher auf Anweisung des Ministeriums verschiedene Optionen geprüft, sind dann aber zu diesem Zeitpunkt, mit den entsprechenden vorliegenden Weisungen, in die konkreten Planungen eingestiegen.
Wie kam die Entscheidung zustande mit einem Luftlanderettungszentrum in Altinözü zu helfen?
Für uns ist es wichtig, dass die Hilfeleistung sinnvoll darauf abgestimmt ist, was tatsächlich benötigt wird. Die betroffene Region ist leider sehr groß. Daher haben wir uns eng mit den türkischen Partnern abgestimmt: welche Hilfeleistung ist notwendig; in welcher Region werden wir am meisten gebraucht? Mit der Entsendung des Erkundungsteams wurde uns dann durch die türkischen Behörden die Region und dann auch der genaue Aufbauort zugewiesen.
Wie ging es dann weiter?
Das Erkundungsteam hat dann geprüft, ob der Platz überhaupt für unsere Einrichtung geeignet ist. Aber auch was wir noch zusätzlich mitbringen müssen - zum Beispiel Unterkünfte, Sanitäranlagen, Wasser- oder auch Stromversorgung. Im Erkundungsteam sind immer Fachleute, welche die Einrichtung genau kennen und dadurch sämtliche Anforderungen, auch technischer Art, vor Ort beurteilen können.
Mit welchem Personal betreibt der Sanitätsdienst das Luftlanderettungszentrum in Altinözü?
Der Personalstamm kommt vom Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst (KdoKommando SESSchnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst) aus Leer, auch weil wir uns entschlossen hatten, diese Einrichtung schnellstmöglich zu verlegen. Das bedingt natürlich, dass man das ganze Fachpersonal, welches in Leer ja schon mit einer Einsatzverpflichtung hinterlegt ist, schnell verlegen kann und dann mit Ergänzungspersonal auffüllt. Ergänzungskräfte und zusätzliches Material, um die Einrichtung an die Notwendigkeiten vor Ort anzupassen, haben wir aus dem Sanitätsdienst zusammengezogen. Alles was die Peripherie angeht, Unterkunft, Verpflegung, etc. ist größtenteils aus anderen militärischen Organisationsbereichen beigesteuert worden.
Derzeit ist das Einsatzführungskommando für den Humanitären Einsatz zuständig. Welche Rolle spielt das Lagezentrum des Sanitätsdienstes?
Das Einsatzführungskommando (EinsFüKdoBwEinsatzführungskommando der Bundeswehr) war für die Phase der Erkundung zuständig. Wir waren verantwortlich für die Phase der Verlegung. Das heißt, dass wir die Verlegung vorbereitet, und mit dem EinsFüKdoBwEinsatzführungskommando der Bundeswehr zusammen in der fachlichen Verantwortung das Kontingent aufgestellt haben. Während der Verlegung waren wir dann die sogenannte Spinne im Netz. Wir haben die Verlegung von hier ausgeführt und den Informationsfluss zum EinsFüKdoBwEinsatzführungskommando der Bundeswehr, zu den anderen militärischen Organisationsbereichen und in den unterstellten Bereich sichergestellt. Rund um die Uhr haben acht Soldatinnen und Soldaten daran mitgearbeitet, dass die Anfangsphase ohne große Probleme abgeschlossen werden konnte. Aber auch die Lagezentren beim Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung in Weißenfels und beim Leitverband KdoKommando SESSchnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienstin Leer sowie die anderen militärischen Organisationsbereiche, allen voran das Kommando Streitkräftebasis sowie die Luftwaffe, trugen zum Erfolg bei.
Wie schwierig gestaltet sich die Materialversorgung des Luftlanderettungszentrums in Altinözü?
Transporte, sowohl mit medizinischem als auch mit Feldlagermaterial, werden regelmäßig von Deutschland aus zur NATONorth Atlantic Treaty Organization-Airbase in Incirlik geflogen und von dort aus mit Fahrzeugen des türkischen Katastrophenschutzes in das etwa 200 Kilometer entfernte Altinözü transportiert. Das funktioniert bisher reibungslos.
Wann wurden die ersten Patientinnen und Patienten behandelt?
Am 22. März war die Einrichtung soweit aufgebaut, dass sie voll einsatzbereit war. Seitdem werden dort Patientinnen und Patienten behandelt. Seit diesem Zeitpunkt ist das Lagezentrum Sanitätsdienst in der Einsatzbegleitung tätig. Das bedeutet, dass das EinsFüKdoBwEinsatzführungskommando der Bundeswehr den Einsatz führt und aus dem Kontingent die entsprechenden Meldungen und Anforderungen bekommt. Wir stehen dazu mit dem EinsFüKdoBwEinsatzführungskommando der Bundeswehrin enger Verbindung und unterstützen dort, wo es erforderlich ist. In der Phase der Rückverlegung, die wir jetzt bereits vorbereiten, werden wir hier wieder im „Lead“ sein. Der Einsatz ist für zwei Monate geplant, daher wird uns am 22. Mai, für die Phase der Rückverlegung, wieder die Führung übertragen.
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