Krisenkommunikation in der Pandemie
Krisenkommunikation in der Pandemie
- Datum:
- Ort:
- Koblenz
Oberfeldarzt Dr. Svenja Liebler ist in der Arbeitsgruppe „Risiko- und Krisenkommunikation“ des Beirates zur Beratung zukunftsfähiger Strukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (Beirat Pakt ÖGD) tätig. Im Interview spricht die Medizinerin über ihre Arbeit und die Ergebnisse des durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMGBundesministerium für Gesundheit) bestellten Gremiums.
5 Fragen an Oberfeldarzt Dr. Svenja Liebler
Frau Oberfeldarzt Dr. Liebler, wie sah die praktische Arbeit in der Arbeitsgruppe aus und welche Punkte konnten Sie einbringen?
Nicht nur pandemiebedingt, sondern auch durch die zeitlich begrenzten Kapazitäten der Beteiligten fand und findet die Arbeit zumeist online in Form von Videokonferenzen statt. Dabei werden zuvor erarbeitete Papiere inhaltlich abgestimmt. Dies ähnelt der Arbeit in einer Kommandobehörde, wo Vorlagen erstellt und dann in Form von Mitzeichnungsgängen oder Abstimmungskonferenzen finalisiert werden. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe findet sich im vorliegenden Bericht, welcher der fachlichen Beratung des BMGBundesministerium für Gesundheit beziehungsweise des Bundes und der Bundesländer dient. Ein erstes Treffen vor Ort fand im Herbst im Gesundheitsministerium in Bonn statt. Eine hervorragende Möglichkeit mit den Entscheidungsträgern aus dem zivilen Bereich sowie dem BMGBundesministerium für Gesundheit persönlich in Kontakt zu kommen. Es war aber auch eine Chance auf die Belange der Bundeswehr als eine Art 17. Bundesland hinzuweisen, die teilweise den zivilen Behörden nicht bekannt sind.
Wie ist die Analyse zur Krisen- und Risikokommunikation über die Ebenen der EUEuropäische Union, des Bundes und der Länder verlaufen? Was sind die Ratschläge?
Eine gelungene Risiko- und Krisenkommunikation ist zielgruppenspezifisch und adressatengerecht und damit sehr personalintensiv. Personal hierfür muss schon im Vorfeld einer Krise adäquat ausgebildet sein und in der Krise dann von anderen Aufgaben flexibel freigestellt werden. Die Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen war in den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie nicht reibungslos. Die Verordnungen des Bundes wurden häufig im Vorfeld bekannt, noch bevor die Länder ihre Landes-Verordnungen erstellen konnten. Die Kommune erhielt dann wiederum Bürgeranfragen, ob und ab wann welche Regelungen gelten. Verschärft wurde diese Situation durch wöchentlich neue Verordnungen.
Dieses Dilemma schlug und schlägt sich auch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung nieder, da die Dienststellen bundesweit verteilt sind. Die unterschiedlichen Vorgaben, jetzt beispielsweise hinsichtlich der Aufhebung der Isolierung in 5 von 16 Bundesländern, verunsichern die Dienststellen und die oft auch noch zwischen den Bundesländern pendelnden Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeitenden. Auch in der Bundeswehr sind Mitzeichnungs- und Beteiligungswege zu berücksichtigen, was auch hier immer wieder zu einer Zeitverzögerung führte.
Zusammenfassend ist aus meiner Sicht das größte Problem, dass neben der „Experteneinbindung“ bei der Entschlussfassung auch die Vertraulichkeit der Beschlüsse oder Entwürfe und eine zeitlich und inhaltlich abgestimmte Kommunikation der Behörden fehlte. Entscheidungen auf politischer Ebene wurden zum Teil von Einzelpersonen getroffen und per Twitter verbreitet. Und gerade die Verbreitung ungeprüfter Informationen über soziale Medien hat zu einer Vielzahl von Fake News geführt, die nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen waren.