Flottillenarzt Dr. Kay Erkens weiß, wie wichtig Impfungen sind. Nicht nur für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, sondern, vor dem Hintergrund der weiter steigenden Zahlen von Masern-Erkrankungen, auch für den Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung. Im Interview geht der Tropenmediziner im Sachgebiet VI 2.2 des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr auf die Argumente der Impfgegner ein.
6 Fragen an Dr. Kay Erkens
Flottillenarzt
Herr Flottillenarzt Dr. Erkens, die Impfgegner behaupten, dass die Wirksamkeit von Impfungen niemals belegt wurde. Stimmt das?
Nein! Ein Impfstoff erhält nur dann eine Zulassung, wenn er nachweislich wirksam und verträglich ist. Diesen Nachweis muss der Hersteller des Impfstoffs gegenüber dem Paul-Ehrlich-Institut als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel erbringen. Darüber hinaus werden die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen auch nach der Zulassung immer wieder durch Studien untersucht. Daher konnte beispielsweise beim Masernimpfstoff, der bereits seit vielen Jahrzehnten eingesetzt wird, die Wirksamkeit und Sicherheit an Millionen von Menschen belegt werden, die erfolgreich gegen Masern geimpft wurden. Die Impfung bewirkte nachweislich, dass die Masern weltweit erfolgreich zurückgedrängt und Todesfälle vermieden werden konnten. Seit dem Einsatz von Impfungen ist auch die Häufigkeit anderer Infektionskrankheiten, gegen die geimpft wird, deutlich gesunken.
Außerdem sollen Impfungen, wie die jährliche Grippeschutzimpfung, nicht langfristig schützen. Impfgegner bemängeln diese ständig notwendige Wiederholung. Was sagen Sie dazu?
Die jährliche Influenza-Impfung hängt damit zusammen, dass sich die Grippeerreger enorm schnell verändern und sich regelmäßig von den Viren des Vorjahres unterscheiden. Das bedeutet, dass für jede kommende Grippesaison ein neu zusammengesetzter Impfstoff entwickelt werden muss, um gegen die saisonale Grippe wirksam zu sein. Ob eine Impfung wiederholt werden muss oder nicht, ist aber von Impfstoff zu Impfstoff unterschiedlich. Die zweimalige Grundimmunisierung von Kindern gegen Masern, Mumps und Röteln bietet im Normalfall lebenslangen Schutz.
Kann man tatsächlich, wie man es oft in einschlägigen Foren lesen kann, trotz einer Impfung erkranken?
Theoretisch schon. Es gibt keine Impfung, die einen 100-prozentigen Schutz bietet. Allerdings muss man sich vor Augen führen, dass es auch bei jedem Medikament Patientinnen und Patienten gibt, die nicht auf das Medikament ansprechen. Bei der Masernimpfung wären das zwei bis drei Prozent der Geimpften, die trotz der Impfung an den Masern erkranken. Demgegenüber stehen aber 97 bis 98 Prozent erkrankter und in Einzelfällen verstorbener Menschen ohne Impfung. Das steht in keinem Verhältnis.
Immer wieder wird auch das Argument ins Feld geführt, dass Impfungen Allergien fördern. Ist da etwas dran?
Es gibt keine fundierten wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Allergien belegen. Im Gegenteil: In der ehemaligen DDR beispielsweise, wo eine gesetzliche Impfpflicht bestand und fast alle Kinder geimpft wurden, gab es kaum Allergien. Diese nahmen in Ostdeutschland erst nach der Wende zu, während gleichzeitig die Impfquoten sanken. Die Ursachen für Allergien sind daher mit großer Wahrscheinlichkeit auf ganz anderen Gebieten zu suchen.
Gibt es tatsächlich Ärzte, die vom Impfen abraten?
Glücklicherweise gibt es nur wenige Ärzte, die Impfungen ablehnen. Diese Ablehnung fußt aber in aller Regel nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei oft religiöse, weltanschauliche oder philosophische Gründe, manchmal auch schlicht die vermeintliche eigene Erfahrung. Alternative medizinische Ansätze sind aber keineswegs mit der Idee des Impfens unvereinbar. Freiburger Forscher stellten vor einigen Jahren bei einer Befragung von über 200 homöopathisch orientierten Ärzten fest, dass diese die „klassischen“ Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio fast ebenso häufig verabreichen wie ihre schulmedizinisch orientierten Kollegen. Auch bei der Masernimpfung findet mittlerweile – nicht zuletzt auch aufgrund des Masernschutzgesetztes – ein Umdenken statt. Viele naturheilkundlich oder homöopathisch ausgerichtete Ärzte empfehlen inzwischen ausdrücklich diese Impfung.
Impfgegner behaupten auch, dass Impfungen überflüssig sind, da die Krankheiten zum Beispiel mit Antibiotika behandelt werden können. Was entgegnen Sie?
Natürlich hat der wissenschaftliche und technologische Fortschritt die Behandlungsmethoden von Infektionskrankheiten stark verbessert. Dennoch sind die allermeisten Virusinfektionen – anders als bakterielle Infektionen – noch immer nicht medikamentös behandelbar. Im seltenen Einzelfall mag eine Impfung die Erkrankung zwar nicht verhindern. Dann aber trägt sie meist zu einem erheblich milderen Krankheitsverlauf bei. Und schließlich: Die Vermeidung einer Erkrankung ist doch viel besser als deren Behandlung, oder etwa nicht?
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