Girls‘Day: Frau Oberfeldarzt aus Kolumbien
Girls‘Day: Frau Oberfeldarzt aus Kolumbien
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 3 MIN
Einmal im Jahr, am Girls‘Day, bringen Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft Mädchen und junge Frauen mit Berufsbildern in Berührung, die als männlich dominiert gelten. Oberfeldarzt Dr. Andrea Vanegas Ramirez aus dem Bundeswehrkrankenhaus Hamburg hat sich einen solchen Beruf ausgesucht. Die Geschichte der gebürtigen Kolumbianerin ist nicht alltäglich.
Vanegas Ramirez, geboren im Jahr 1980 in der Landeshauptstadt Bogota, kommt aus der Mittelschicht. Der Vater war Buchhalter, die Mutter Hausfrau. Eine weltoffene Einstellung war das, was ihre Umgebung auszeichnete: „Ich komme aus einer Familie, die viel geträumt hat. Meine Eltern wollten schon immer andere Sprachen lernen, andere Kulturen entdecken,“ erzählt die 40-jährige rückblickend. Ein besonderes Interesse bestand dabei seit jeher an Deutschland: „‚Die Deutschen sind immer organisiert, fleißig und pünktlich. Bei denen funktioniert einfach alles!‘ – Mit Aussagen wie diesen bin ich aufgewachsen. Mein Vater hatte mehrfach deutsche Kollegen und war von deren Arbeitsmoral immer wieder beeindruckt.“
Bevor die heutige Wahl-Hamburgerin aber in die Welt hinauszog, studierte sie zunächst Medizin in Bogota. Um die Gebühren bedienen zu können, nahm ihr Vater dafür einen Kredit auf. Danach sammelte sie ein Jahr Erfahrungen als Ärztin auf dem Land – so ist es in Kolumbien Vorschrift: „In dieser Zeit war ich keine Allgemeinmedizinerin, sondern Internistin, Anästhesistin, Gynäkologin, Notfallmedizinerin und Chirurgin in einem. Nach der Theorie an der Universität war das für mich ein interdisziplinärer Crashkurs, der mich gut auf mein zukünftiges Arbeitsleben vorbereitet hat.“
Aufbruch nach Europa
Nachdem auch dieser Abschnitt hinter ihr lag, war es für Vanegas Ramirez klar, dass sie ihren Werdegang auf einem anderen Kontinent fortsetzen würde. An Ausruhen war dabei jedoch nicht zu denken: „Ich habe zunächst Spanien als neue Heimat gewählt, weil ich sofort weiterkommen und keine Zeit durch Sprachbarrieren verlieren wollte.“ Auf der iberischen Halbinsel ließ sie sich zur Infektologin und Mikrobiologin weiterbilden. Dort verdiente sie auch zum ersten Mal ihr eigenes Geld: „Ich habe neben meiner Fachweiterbildung als Ärztin gearbeitet und jeden Monat Geld nach Kolumbien geschickt, um den Studienkredit zu bezahlen.“ Doch Spanien hielt sie nicht lange. Nach drei Jahren packte die 40-jährige erneut ihre Koffer und ließ sich 2009 in Hamburg nieder.
Ausschlaggebend für die Wahl der Hansestadt war ihre Begeisterung für die Tropenmedizin: Mit dem Bernhard-Nocht-Institut (BNI) befindet sich in Hamburg eine auf diesem Gebiet renommierte Einrichtung. „Das war immer ein Sehnsuchtsort für mich.“ Doch so weit war die heutige Oberfeldärztin noch nicht: „Zunächst einmal musste ich Deutsch lernen. In meiner Klasse waren viele Chinesinnen und Chinesen, die nach Deutschland kamen um ihren Masterabschluss zu machen.“ Diese hätten es zwar schwerer als sie gehabt, aber mit Fleiß schneller Fortschritte erzielt. „Und das war für mich der Ansporn! Ich wollt auf ihrem Niveau bleiben und habe neben den fünf Tagen Präsenzunterricht und den Hausaufgaben auch noch täglich vier Stunden freiwillig darüber hinaus gelernt.“
Der Weg in die Bundeswehr
Doch das Erlernen der Landessprache war nicht die einzige Beschäftigung der Kolumbianerin in dieser Zeit, denn gleichzeitig hospitierte sie in der Dermatologie der Hamburger Universitätsklinik. „Dort musste ich mich erst beweisen. Nach einiger Zeit meinten meine Chefs ‚jetzt kann sie nicht nur die Patientinnen und Patienten behandeln, jetzt kann sie sich auch mit ihnen verständigen‘ und boten mir eine Stelle als Ärztin an.“ Bei einer ihrer zahlreichen Fortbildungen lernte sie dann den Leiter der tropendermatologischen Sprechstunde am BNI kennen, der gleichzeitig Abteilungsleiter im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg war. „Nach seinem Vortrag ging ich direkt auf ihn zu, stellte mich vor und bot ihm meine Mitarbeit an. Damit hatte ich ihn wirklich überrascht.“
Doch sie hatte Erfolg, denn kurz darauf assistierte sie ihm bei seiner Sprechstunde für vier Stunden in der Woche – und das drei Jahre lang. Im Jahr 2012 erhielt Vanegas Ramirez die deutsche Staatsbürgerschaft und wurde im gleichen Atemzug gefragt, ob sie sich vorstellen könne, ihre Arbeit als Soldatin fortzuführen. Jetzt war sie die Überraschte. Nach einer kurzen Bedenkzeit willigte sie ein. Als Sanitätsstabsoffizier schloss sie sowohl ihren Facharzt für Dermatologie als auch ihre Weiterbildung zur Tropenmedizinerin ab.