Sanitätsdienst
Interview

Die Sanitätsakademie muss internationaler, digitaler und attraktiver werden.“

Die Sanitätsakademie muss internationaler, digitaler und attraktiver werden.“

Datum:
Ort:
München
Lesedauer:
5 MIN

Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Holtherm ist seit Mitte Dezember Kommandeur der Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr). Der einsatzerfahrene Mediziner zieht im Interview ein persönliches Fazit über seine bisherigen Erfahrungen mit der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr und gibt einen ersten Ausblick.

Mehrere Personen in Uniform gehen nebeneinander

Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Hohltherm bei der ILÜInformationslehrübung SanDst 2022

Bundeswehr/André Werkmeister

Wenn Sie an die Sanitätsakademie denken, als sie noch am Anfang ihrer Karriere standen und dies mit der heutigen Sanitätsakademie vergleichen, welches Fazit ziehen Sie?

Die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr ist eine der ältesten und traditionsreichsten Dienststellen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (SanDstBwSanitätsdienst der Bundeswehr) und wird im nächsten Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum feiern. Sie ist als Offizier- und Unteroffizierschule des SanDstBwSanitätsdienst der Bundeswehr eine Institution, die jeder länger dienende Sanitäter der Bundeswehr durchlaufen hat. Insofern ist die integrative Kraft der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr für die Prägung und das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten des SanDstBwSanitätsdienst der Bundeswehr enorm. Das muss auch zukünftig so bleiben. Die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr des 21. Jahrhunderts ist deutlich dynamischer, wissenschaftsorientierter aber auch digitaler und kompetenzorientierter als sie es früher war. Soldatische Prägung, Disziplin und körperliche Fitness sind jedoch damals wie heute Kernthemen der Ausbildung an der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr und das ist gut so.

Welche positiven oder aber negativen Erlebnisse verbinden Sie rückblickend mit der Sanitätsakademie?

Zunächst erinnere ich mich einmal an die gleiche Infrastruktur, die heute immer noch vorhanden ist, was belegt, dass hier nach über 30 Jahren, die seitdem vergangen sind, endlich mehr Dynamik in Neubauvorhaben sowohl für den Bereich der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr an sich aber insbesondere auch für die Institute des Medizinischen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzes entstehen sollte. Ansonsten habe ich beste Erinnerungen an die Kameradschaft mit meinen Jahrgangskameraden und an eine fordernde, erlebnisorientierte Ausbildung, die auch heute nach wie vor unser Ziel ist. München als Heimat der Akademie ist ein enorm attraktiver Standort mit bayerischer Lebensqualität in der Nähe der Alpen und glasklaren Seen gelegen. Leider ist München als Standort für Soldatinnen und Soldaten wegen der in den letzten Jahren stark angestiegenen Immobilien- und Mietpreise immer teurer geworden. Hier ist der Dienstgeber gefordert, um München weiterhin als attraktiven Dienstort für die Bundeswehr zu erhalten.

Sie sind seit rund sechs Monaten Kommandeur der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr. Wie fällt Ihre erste Bestandsaufnahme aus?

Ich habe die Akademie in einem guten Zustand übernommen. Das Innere Gefüge stimmt, die Motivation, Kreativität und Einsatzbereitschaft meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist hervorragend. Wir ziehen hier alle an einem Strang - und zwar in die gleiche Richtung, um gemeinsam unsere SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr weiter zu entwickeln.

220622_GSA_Dr_Hohltherm_ILÜ_SAN_2022_VU (3)_4500

Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Hohltherm informiert sich auf der ILÜInformationslehrübung Sanitätsdienst 2022

2022 Bundeswehr / Minh Vu

Wohin möchten Sie persönlich die Sanitätsakademie führen? Was muss dazu verändert werden?

Die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr muss internationaler, digitaler und attraktiver werden. Wir müssen unseren Partnern in EUEuropäische Union und NATO die Qualität der Ausbildung und Lehre an der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr deutlich machen und anbieten. Dazu müssen wir auch darum werben, dass unsere Partner uns mit Ausbildungspersonal unterstützen, um hier einen Lastenausgleich für die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr zu erreichen. Weiterhin sollten als unmittelbare Lehren aus dem Pandemiemanagement die Fähigkeiten der Task-Force für den Medizinischen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutz um eine Surveillance Komponente und weitere Fähigkeiten des militärischen Gesundheitsschutzes und der Gesundheitssicherheit wie beispielsweise die Institute und die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsbehörden verstärkt werden. All diese Komponenten müssten nicht neu geschaffen werden, sondern sind bereits im Sanitätsdienst der Bundeswehr vorhanden. Es geht nur um eine neue strukturelle Zuordnung, um unnötige Schnittstellen zu vermeiden, Effizienz zu steigern und Reibungsverluste abzustellen.

Wie könnte die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr in zehn Jahren optimalerweise aussehen?

In der nächsten Dekade sollte die SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr das multinationale Kompetenzzentrum für Ausbildung und Lehre eines immer enger zusammenwachsenden europäischen Sanitätsdienstes sein. Weiterhin strebe ich hier eine Bündelung nicht nur der fachlichen und wissenschaftlichen Exzellenz des Medizinischen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzes sowie des Wissenschafts- und Forschungsmanagements an. Ich möchte auch weitere Komponenten des militärischen Gesundheitsschutzes und der Gesundheitssicherheit an der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr verorten.

Sie waren fast zwei Jahre als Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit (BMGBundesministerium für Gesundheit) eingesetzt. Welche Erfahrungen nehmen sie mit?

Meine Zeit im BMGBundesministerium für Gesundheit war sehr intensiv. Neben der Führung der Abteilung 6  „Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit und Nachhaltigkeit“ wurden mir zusätzliche Aufgaben übertragen. Zum einen war es die Aufgabe des Leiters des BMGBundesministerium für Gesundheit-internen und ressortübergreifenden Krisenstabes „Coronapandemie“ der Bundesministerien. Und zum anderen wurde ich gegenüber der Europäischen Union als Chief Medical Officer der Bundesrepublik Deutschland notifiziert. Sie können sich vorstellen, dass ich mit all diesen Aufgaben in dieser Zeit der für Deutschland und der ganzen Welt existenziell bedrohlichen Gesundheitskrise maximal gefordert war. Die in dieser anstrengenden Zeit gemachten Erfahrungen, aber auch Verbindungen in die übrigen Bundesministerien sind für mich unschätzbar wertvoll. Ich habe nicht nur Demut gelernt, sondern auch große Hochachtung vor den Leistungen der in Verantwortung stehenden Entscheidungsträger auf allen Ebenen. Die gemachten Erfahrungen machen mich deutlich gelassener gegenüber allen Herausforderungen, denen ich mich zukünftig noch stellen muss.

Wie kann man sich Ihren normalen Arbeitstag vorstellen?

Ich versuche möglichst wenig Zeit am Bildschirm oder mit Gittermappen zu verbringen. Darum bemühe ich mich, oft bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der SanAkBwSanitätsakademie der Bundeswehr zu sein. Ich persönlich favorisiere das direkte Gespräch mit meinen Kameradinnen und Kameraden. Nur so erfahre ich, wo der Schuh drückt und kann mich auf die wesentliche Aufgabe eines Offiziers konzentrieren – der Führung von Menschen.

Was beschäftigt Sie in Ihrer Freizeit, was tun Sie, um die Akkus wieder aufzuladen?

Ich hatte in den vergangenen zwei Jahren durch meine Aufgaben im BMGBundesministerium für Gesundheit in Berlin sehr wenig Zeit für die Personen, die mir besonders am Herzen liegen. In meiner neuen Funktion als Kommandeur habe ich nun die Möglichkeit, etwas mehr Zeit mit meiner Familie und Freunden zu verbringen. München ist seit langem meine Heimat und ich genieße das herrliche Umland, die Berge und Seen für körperliche Aktivitäten wie beispielsweise Skifahren, Wandern und Segeln. Dabei gelingt es mir am besten, meine Akkus wieder aufzuladen. Aber auch die täglichen Radfahrten von meinem Zuhause zur Ernst-von-Bergmann-Kaserne geben mir Zeit, Gedanken zu sortieren und durchzuatmen.

von Uwe Henning 

Mehr Informationen