Sanitätsdienst

Afrikanische Schweinepest im Fokus

Afrikanische Schweinepest im Fokus

Datum:
Ort:
Koblenz

Oberstveterinär Dr. Leander Buchner ist der Leitende Veterinär der Bundeswehr. Im Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr in Koblenz, dem Dienstsitz von Buchner, dreht sich gerade viel um die Afrikanische Schweinepest. Hier beantwortet er die drängendsten Fragen.

von PIZ SanDst Bw 

8 Fragen an Oberstveterinär Dr. Leander Buchner

Soldat in Uniform.
Bundeswehr/Marcel Mattern

Herr Oberstveterinär Dr. Buchner, Sie sind der Leitende Veterinär der Bundeswehr. Inwieweit beschäftigt Sie zurzeit die Afrikanische Schweinepest?

Soldat in Uniform.

Die Afrikanische Schweinepest (ASPAfrikanische Schweinepest) nimmt zurzeit sehr viel Raum in der Bearbeitung ein. Mittlerweile ist die ASPAfrikanische Schweinepest nur noch wenige Kilometer von der polnisch-deutschen Grenze entfernt. Der Truppenübungsplatz Oberlausitz ist praktisch in Wurfweite zum Seuchen-Geschehen auf polnischer Seite. Dies erfordert eine enge Abstimmung mit der Streitkräftebasis und ihren Kommandobehörden sowie dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und den Teilstreitkräften. Wir bereiten uns auch darauf vor, durch Schwerpunktbildung die Überwachungsstelle, in deren Bereich die ASPAfrikanische Schweinepest zuerst auftritt, zu unterstützen.

Gerade die Truppenübungsplätze der Bundeswehr sind als Gebiete mit Wildschweinpopulation bekannt. Wie viele Tiere leben schätzungsweise auf den Truppenübungsplätzen?

Soldat in Uniform.

Die Wildschweindichten auf Truppenübungsplätzen weichen in der Regel nicht von den in den Bundesländern auf sonstigen Flächen erfassten durchschnittlichen Dichten ab. Dort liegen die Dichten zwischen 0,06 bis knapp 10 Tiere je Quadratkilometer. Die lokale Dichte kann im Jahresverlauf auch stark schwanken.

Gab es bereits Fälle von erkrankten Tieren im Bereich von Bundeswehrliegenschaften?

Soldat in Uniform.

Nein.

Welche Maßnahmen ergreift die Bundeswehr zur Überwachung und Regulierung der Populationen, gerade im Hinblick auf die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest?

Soldat in Uniform.

Die Bejagung auf den Bundeswehrliegenschaften obliegt dem Bundesforst. Die Truppenübungsplätze werden intensiv bejagt. Klare Zielstellung der Bejagung ist die Bestandsreduktion beim Schwarzwild, insbesondere vor dem Hintergrund der ASPAfrikanische Schweinepest. Durch unser veterinärmedizinisches Schwerpunktinstitut, das Zentrale Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Kiel (ZInstSanBw Kiel), werden schon seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesforst Screening-Untersuchungen von erlegten Wildschweinen oder von Fallwild auf Klassische und Afrikanische Schweinepest durchgeführt. Auch die Abteilungen Veterinärwesen der Überwachungsstellen für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr stehen mit dem Bundesforst in engem Kontakt. Im Falle der amtlichen Feststellung der ASPAfrikanische Schweinepest auf Bundeswehrgelände müssen sogenannte Kerngebiete, gefährdete Gebiete und Pufferzonen eingerichtet werden. Die Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweine-pest gibt dazu Einzelheiten vor.

Wenn man im Westen nach Belgien, und im Osten nach Polen und in das Baltikum blickt, steht die Afrikanische Schweinepest ja unmittelbar vor unserer Haustür. Was hält die möglicherweise infizierten Wildschweine davon ab, über die Grenze nach Deutschland zu kommen? Gibt es Zäune?

Soldat in Uniform.

Dänemark hat zur deutschen Grenze einen soliden Zaun errichtet. Auch Frankreich und Luxemburg haben zu Belgien hin Zäune errichtet. Nunmehr haben Sachsen und Brandenburg entlang der Grenze an Oder und Neiße Wildbarrieren errichtet, um die Gefahr des Vordringens der ASPAfrikanische Schweinepest auf deutsches Gebiet zu minimieren. Der Bundesforst hat 50 Kilometer elektrifizierte Wildbarriere auf einem niedersächsischen Truppenübungsplatz eingelagert, um im Falle des Seuchenausbruchs auf Bundeswehrgelände die sogenannte Kernzone absperren zu können. Aber weder Zäune noch Wildbarrieren geben hundertprozentige Sicherheit.

Die größte Sorge bei der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest bereitet die mögliche Infektion von Hausschweinbeständen, wie zurzeit, wenn auch rückläufig, in Rumänien zu beobachten ist. Was bedeutet eine Infektion mit dem Virus für einen Schweinemast-Betrieb?

Soldat in Uniform.

Der Ausbruch einer Tierseuche ist nicht in erster Linie eine Erkrankung von Tieren, die es zu heilen gilt. Der Ausbruch einer Tierseuche ist vielmehr eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, und diese Störung muss so schnell wie möglich beseitigt werden.

Bereits der Verdacht des Ausbruchs der ASPAfrikanische Schweinepest in einem Hausschweinebestand hat zur Folge, dass die Tötung und unschädliche Beseitigung aller Schweine des Bestandes durch das zuständige Veterinäramt angeordnet werden. Beim Ausbruch muss eine Sperrzone um den Seuchenbetrieb von mindestens drei Kilometern Durchmesser und ein Beobachtungsgebiet eingerichtet werden. Beide Gebiete zusammen müssen einen Radius von mindestens zehn Kilometern haben. In diesen Gebieten dürfen Schweine für sieben Tage nicht mehr transportiert oder geschlachtet werden („stand still“). Im Sperrgebiet sind alle Bestände in dieser Zeit zu untersuchen, im Beobachtungsgebiet nur diejenigen, in denen Schweine verenden. Wird auch nur ein Tier positiv untersucht oder getestet, wird der gesamte Bestand getötet und unschädlich beseitigt.

Aber das ist nicht alles. Es ist mit unverzüglichen Handelseinschränkungen für deutsches Schweinefleisch und Erzeugnisse daraus zu rechnen. Dies zieht erhebliche wirtschaftliche Schäden nach sich. In Deutschland wurden 2018, aus diesem Jahr stammten die neuesten Zahlen von „Eurostat“, etwas über 5,3 Millionen Tonnen Schweinefleisch erzeugt, davon wurden gut 2,4 Millionen Tonnen, also knapp die Hälfte in andere EUEuropäische Union-Staaten und Drittstaaten exportiert.

Die Großübung DEFENDER Europe 2020 steht vor der Tür, bei der eine beträchtliche Menge an Personal, aber vor allem Material auch über den Landweg von Westeuropa in Richtung Baltikum verlegt wird. Inwieweit hat die Afrikanische Schweinepest Auswirkungen auf die Übung? Gibt es zusätzliche tierseuchenprophylaktische Maßnahmen?

Soldat in Uniform.

Derzeit ist Deutschland frei von Afrikanischer Schweinepest. Die Verbringung von Personal und Material im Zusammenhang mit der Großübung DEFENDER Europe 2020 von Deutschland nach Polen ist daher unkritisch. Bei einem Ausbruch der ASPAfrikanische Schweinepest in Deutschland sind vor dem Verbringen von Material nach Polen tierseuchenprophylaktische Maßnahmen im Sinne einer Desinfektion erforderlich. Die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr-Truppe hält dazu personelle und materielle Ressourcen für ein entsprechendes „worst case“-Szenario bereit. Sollte es in diesem Zusammenhang zu einer Sperrung des Truppenübungsplatzes Oberlausitz kommen, werden andere Aufmarschoptionen für die Übung geprüft. Zusätzlich werden bei der Übung in Polen Restriktionsgebiete abseits der Straßen zu Übungszwecken nicht befahren oder betreten.

Bei der Rückführung von Material und Personal nach Übungsende sind Maßnahmen zur Reinigung, Entwesung und Desinfektion sowohl für die deutschen als auch für die ausländischen Übungsteilnehmer vorgeschrieben. Letztere haben sich im Rahmen geschlossener Abkommen (TSA: Training Support Arrangement) verpflichtet, die tierseuchenprophylaktischen Maßnahmen auf polnischem Boden durchzuführen. Das Material, das die USUnited States-Streitkräfte aus Übersee nach Europa verlegen, wird direkt aus den Übungsländern zurückverlegt, sodass nur ein geringer Teil des für die Übung notwendigen Materials aus Polen wieder nach Deutschland zurückgeführt wird.

Als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit ist das Friedrich-Loeffler-Institut unter anderem für die Diagnose von Tierseuchen, also auch der Afrikanischen Schweinepest zuständig. In welchem Rahmen arbeitet die Bundeswehr mit dem Institut zusammen?

Soldat in Uniform.

Das Friedrich-Loeffler-Institut, kurz FLI, ist das Referenzlabor für viele Tierseuchen, aber auch für bestimmte Zoonosen. Seine Geschichte ist eng mit der Erforschung der Maul- und Klauenseuche zu Beginn des 20. Jahrhunderts verknüpft. Diesen Arbeiten ist auch zu verdanken, dass das FLI auf einer Ostseeinsel, der Insel Riems angesiedelt ist. Die Zusammenarbeit mit dem FLI wird durch das ZInstSanBw Kiel sehr intensiv betrieben. Im Rahmen von Forschungsaufträgen haben auch andere Dienststellen der Bundeswehr mit dem FLI eng zusammengearbeitet. Angehörige des ZInstSanBw Kiel sind wiederholt zum Wissensaustausch auf Riems. Auch im Rahmen der Reservistenarbeit war es gelungen, einen Abteilungsleiter des FLI zum Oberstveterinär der Reserve zu befördern.