Künstliche Intelligenz auch für die Bundeswehr
Künstliche Intelligenz auch für die Bundeswehr
- Datum:
- Ort:
- Frankfurt am Main
- Lesedauer:
- 5 MIN
Ganz gleich, ob Logistik, Transport, Industrie- und Automobilbranche, Tourismus oder Verlagsgeschäft – nahezu alle Branchen können durch Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KIkünstliche Intelligenz) ihre Effizienz steigern und diese Technologien in unterschiedlichen Anwendungsfeldern nutzen. Und das machen sie auch heute schon.
Ein eintägiger Workshop in der Frankfurt School of Finance and Management brachte Spitzenkräften der Bundeswehr die Thematik näher. Im Zentrum stand die Frage: Wie kann Künstliche Intelligenz in der Bundeswehr genutzt werden? Technische Innovationen wie beispielsweise Blockchain, Augmented und Virtual Reality oder Machine Learning sind wesentliche Treiber der Digitalisierung. Was es mit diesen Begrifflichkeiten auf sich hat und warum sie die Industrie und Verwaltung in einem bisher unbekannten Ausmaß verändern, das ist auch relevant für die Bundeswehr. Deswegen nutzte sie die Expertise der Frankfurt School of Finance und Management, die diese Fragen beantworten sollte. Professor Dr. Nils Stieglitz, der Präsident der Frankfurt School, und Vahe Andonians, der Dozent des Workshops, Entrepreneur und Senior Lecturer, zeigten zudem auch auf, wie weit die Forschung mittlerweile in die „unendlichen Weiten“ der Künstlichen Intelligenz vorgedrungen ist.
Zielgruppe des Workshops waren rund 20 Spitzenkräfte aus allen Bereichen der Bundeswehr. Mit dabei auch Brigadegeneral Klaus Frauenhoff. Er ist Kommandeur des Logistikzentrums der Bundeswehr in Wilhelmshaven. Er sei dankbar, dass er an der Veranstaltung teilnehmen könne, und er versuche, das Vorgetragene auf seine Welt zu übertragen.
„In erster Linie geht es um Grundlagen. Die fehlen häufig.„
„Ich werde schauen, wo es Ansatzpunkte gibt um den sehr schnell fahrenden KIkünstliche Intelligenz-Zug nicht zu verpassen“, so der 52-Jährige schmunzelnd. Ein großes Thema für ihn sei beispielsweise die zukünftige Aufstellung der logistischen Einrichtungen und die Routenoptimierung. Momentan sei sein Bereich sehr stark davon geprägt, wie Prozesse optimiert und Arbeitsabläufe organisatorisch verbessert werden könnten. „Wenn wir in neue Auslandseinsätze gehen, dann stellt sich für uns die Frage, was wir eigentlich im Rahmen der Folgeversorgung an bestimmten Ersatzteilen mitnehmen müssen. Da erhoffe ich mir Aufschluss darüber, welche technischen Möglichkeiten es gibt und wo die Grenzen liegen“, so Frauenhoff.
Künstliche Intelligenz: Chancen und Risiken
Programmierer entwickeln normalerweise Algorithmen, die Computern sagen, wie sie Aufgaben erledigen und Probleme lösen sollen. KIkünstliche Intelligenz hingegen führt nicht nur stumpf Befehle aus. KIkünstliche Intelligenz ist lernfähig und entwickelt eigene Ansätze zur Problemlösung – basierend auf Trainingsdaten. Man muss diesen KIkünstliche Intelligenz-Algorithmen viele Tausende oder besser Millionen Beispiele geben, wie sie eine Eingabe in einen Output transformieren sollen. Zum Beispiel, wie deutsche Sätze in englische Sätze übersetzt werden sollten. Oder wie man auf eine bestimmte Kunden-Mail-Anfrage am besten antwortet oder ob man auf einem Bild einen Hund oder eine Katze sieht. Dann können diese Algorithmen genau diese Aufgabe lösen. Das funktioniert durch Deep-Learning-Algorithmen, die große Mengen dieser Trainingsdaten analysieren können.
Ein Beispiel: Eine Paketdrohne navigiert autonom durch den lebhaften Stadtverkehr. Diese Vision von Online-Händlern könnte nicht nur bald Wirklichkeit werden: Sie ist es schon. Herzstück ist ein künstliches neuronales Netz, das ähnlich wie das menschliche Gehirn lernt. Die Forscherinnen und Forscher füttern diese künstliche Intelligenz mit tausenden Videos von fahrenden Autos und Fahrrädern, die sich im Straßenverkehr mustergültig verhalten. Mit der Zeit lernt der Algorithmus Verhaltensregeln abzuleiten. Er versteht, wie man Straßen folgt, ohne in den Gegenverkehr zu geraten, und rechtzeitig vor Hindernissen wie Personen auf der Straße, Fahrzeugen und Baustellen anhält. Und das völlig selbstständig. Teure Spezialsensoren sind dafür nicht nötig. Es reicht eine Smartphone-Kamera.
Von künstlicher Intelligenz profitieren
„Wir müssen dem Thema offen gegenüberstehen“, so General Frauenhoff nach vier Stunden KIkünstliche Intelligenz-Crashkurs in der Mittagspause.
Wir müssen die Chancen und die Risiken erkennen. Daher ist es essentiell, ein digitales Selbstverständnis innerhalb der Bundeswehr zu etablieren, das ein Bewusstsein für die Chancen schafft.
Viele kleine Schritte seien nötig. Da sei es kein Problem, wenn der ein oder andere Schritt verworfen werde. Man könne nicht mit einem großen Schritt direkt eine ultimative Lösung haben. „Das ist eine Kultur, die wir so in der Bundeswehr noch nicht haben. Wenn wir uns dies vor Augen führen, dann können wir die Potenziale digitaler Technologien vollständig ausschöpfen.“
Es sei eine neue Welt, in der man sich hier befände. Die Dozenten sprächen eine ganz andere Sprache. Es sei ein riesiges Vokabular, auf das man sich erst einmal einstellen müsse. „Das Thema macht auf jeden Fall Lust auf mehr“.
Mehr als ein Spiel
Dass die KIkünstliche Intelligenz-Nutzung mittlerweile praktisch nahezu allenthalben möglich ist, liegt an mehreren Faktoren. So ist die Rechenleistung heutzutage schlichtweg problemlos dazu in der Lage, ohne dabei hohe Kosten zu produzieren. Auch die Erfassung der Daten ist günstiger. Mal abgesehen davon, dass insgesamt schlichtweg mehr Daten erfasst werden können – auch weil die Kunden dies in der heutigen digitalen Zeit bewusst und unbewusst zulassen.
Als Meilenstein im Bereich des Maschinenlernens und der Künstlichen Intelligenz gilt übrigens der Sieg von AlphaGo gegen Lee Sedol. AlphaGo ist ein Computerprogramm, dass von der britischen Firma Google DeepMind entwickelt wurde. Vom 9. bis zum 15. März 2016 trat der als stärkster Go-Spieler der Welt geltende Südkoreaner Lee Sedol gegen AlphaGo an und verlor vier der fünf Partien. Mittlerweile gibt es mit AlphaGo Zero einen noch stärkeren Nachfolger. Dieses Programm hat in nur zwei Tagen das jahrhundertealte Go-Wissen der Menschheit entdeckt und dieses dann beim Weiterlernen wieder verworfen zugunsten anscheinend noch besserer Strategien. Völlig autonom. Frauenhoff: „Das ist schon sehr beeindruckend.“
Optimierung der Bundeswehr-Logistik dank KIkünstliche Intelligenz-Workshop?
Künstliche Intelligenz umgibt uns längst in vielen Lebensbereichen. So ist praktisch jeder und jede, die ein Smartphone, einen Computer, Navigationssysteme, Smart Home, Google Home, Apples Siri oder Amazons Alexa nutzt, umgeben von Künstlicher Intelligenz. Allein was individuell abgestimmte Online-Werbung angeht, sind Internet-Riesen wie Amazon oder Facebook ganz vorne mit dabei und machen ihrem Ruf als „Datenkraken“ alle Ehre – auch eine Form von KIkünstliche Intelligenz. Denn auch oder gerade hier basiert nahezu alles auf selbst lernenden Algorithmen. Dass Datenanalyse samt Lerneffekten dafür sorgen, Kunden- und Nutzerbedürfnisse zu prognostizieren und beispielsweise sich wiederholende manuelle Tätigkeiten wie die Dateneingabe zu automatisieren, ist ein weiteres Beispiel für die Künstliche Intelligenz, mit der wir tagtäglich in Kontakt stehen.
„Für mich war das sehr spannend“, erklärt Frauenhoff. „Wie kommt man zu Ideen, wie können diese systematisch und praktisch umgesetzt werden. Insbesondere waren es die vielen Beispiele, die das Thema deutlich veranschaulichten.“ Gerade im Bereich der Lagereinrichtungen gäbe es sehr viele manuelle Tätigkeiten, die sehr stupide seien. Da könne man sicherlich optimieren. Grundsätzlich habe er jetzt ein klareres Bild darüber, was es mit KIkünstliche Intelligenz, Deep Learning und Machine Learning auf sich habe, so der General weiter.
Mit Blick auf seine Arbeit am Logistikzentrum der Bundeswehr sagt er: „Ich werde mich jetzt zeitnah mit meinen Spezialisten und Analysten zusammensetzen und erörtern, was wir in unserem Bereich mit diesen Methoden optimieren und modernisieren können.“