Sicherer Luftraum

Drohnen-Forschung an der Universität der Bundeswehr Hamburg

Drohnen-Forschung an der Universität der Bundeswehr Hamburg

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
3 MIN

Sie verfolgt illegal operierende Drohnen, fängt sie mit einem Netz ein und bringt sie zu Boden: die im Forschungsprojekt FALKE an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg entwickelte Abwehrdrohne.

Eine Drohne fliegt vor einem Flughafengebäude

Die Abwehrdrohne des Projektes FALKE im Einsatz am Flughafen

HSU/Ulrike Schröder

Illegal operierende Drohnen – wie abwehren?

Zur Abwehr illegal operierender Drohnen gibt es keine Patentlösung. Die meisten Möglichkeiten, sogenannte small Unmanned Aircraft Systems (sUAS) aus dem Verkehr zu ziehen, sind mit Kollateralschäden verbunden: Eine Drohne in einem urbanen Gebiet abzuschießen verbietet sich meist aufgrund erheblicher Sicherheitsrisiken. 

Deshalb wird oft auf sogenannte „smarte Lösungen“ zurückgegriffen: Jamming und Spoofing. Jamming bezeichnet das Stören von Funksignalen, Spoofing das Hacking in die Software einer Drohne über die Kommunikationsschnittstelle. Auch bodengestützte Netzwerfer kommen zum Einsatz. Diese Methoden funktionieren allerdings nur für begrenzte Reichweiten – agile Drohnen sind generell schwer abzufangen.

Gesamtkonzept FALKE: Erkennen, Fangen, Abtransportieren

Im Projekt FALKE, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wurde, wurde ein Gesamtkonzept zur Drohnenabwehr von sUAS für Verkehrsflughäfen entwickelt, das auch auf kritische Infrastrukturen übertragbar ist, so Professor Dr. Gerd Scholl, der das Forschungsprojekt an der Helmut-Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg leitete.

„Damit eine Drohne am Ende erfolgreich abgefangen werden kann, bedarf es einer bodengestützten Sensorik, einem Command & Control-System, wie es häufig auch im militärischen Bereich zum Einsatz kommt, und einer passenden Aktorik. Und hierfür wurde eine automatisiert agierende Abfangdrohne mit Netzwerfer entwickelt“, so Professor Scholl.

Gemeinsam mit seinem Team hat er eine Abfangdrohne entwickelt, die mit Multi-Sensorik und zwei Netzwerfern ausgestattet ist. „Um die illegal operierende Drohne möglichst robust zu verfolgen, verwenden wir einen Multisensorik-Ansatz“, erklärt Dr. Ralf Heynicke, der Projektleiter der Drohnenentwicklung. 

„Wir verwenden eine RGB-Kamera, ein LiDAR und ein Radar für das Tracking der illegal operierenden Drohne. Auch ein Netzwerfer wurde entwickelt. Das ist eigentlich die einzige Lösung, die für einen urbanen Bereich in Frage kommt, da die Reichweite deutlich größer ist als bei anderen Verfahren“, so Dr. Heynicke weiter.

Smarte Detektion durch komplexe Sensorik

Um eine illegal operierende Drohne an einem Flughafen aufzuspüren, muss zunächst bekannt sein, welche Flugzeuge beziehungsweise Drohnen legal in der Luft sind. Diese Daten werden von den Systemen Air Traffic Management (ATM Air Traffic Management) beziehungsweise Unmanned Air Traffic Management (UTMUnmanned Air Traffic Management) zur Verfügung gestellt. Durch die passende Bodensensorik muss dann genau die eine Drohne ausgemacht werden, die im Lagebild nicht vorgesehen ist – und das weit über den Flughafen hinaus. 

Sobald eine illegal operierende Drohne detektiert ist und entschieden wird, sie abzufangen, wird die Abfangdrohne gestartet. Diese wird bis zum Rendezvous-Punkt so weit an die illegal operierende Drohne herangeführt, bis diese von der Bordsensorik der Abfangdrohne erfasst werden kann.

Automatisierte Jagd und gezielter Fang

Ab dem Rendezvous-Punkt verfolgt die Abfangdrohne die illegal operierende Drohne mit ihrer bordeigenen Sensorik komplett automatisiert – aber immer mit der Möglichkeit eines Eingriffs durch den Menschen. Dabei kann die Abfangdrohne Geschwindigkeiten von über 100 Stundenkilometern erreichen.

„Für den Fang wird mithilfe komprimierter Luft und ganz ohne Explosivstoffe ein Netz mit vier Gewichten verschossen, die das Netz dann aufspannen“, berichtet Dr. Heynicke.

Umfassende Drohnenabwehr: Mehr als Technik

Eine weitere Herausforderung neben der Technik ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten. An Flughäfen sind das die Bundespolizei, die Polizeien der an den Flughafen angrenzenden Länder, die Deutsche Flugsicherung sowie das Flughafenpersonal. Sie wurden im Forschungsprojekt FALKE durch einen Industrie-4.0-Ansatz datentechnisch verzahnt, zudem wurden Prozesse analysiert und verbessert.

Die Abläufe wurden am Flughafen Hamburg konkret durchgespielt und erprobt. Als Ergebnis können die Beteiligten das entwickelte Command-& Control-System mittlerweile als Assistenzsystem einsetzen.

Aus der Forschung in die Praxis

„Wir machen ungerne etwas, was anschließend in der Schublade verstaubt. Deshalb freuen wir uns sehr, dass mutige ehemalige Soldaten eine Firma gegründet haben, um die Abfangdrohne zur Produktreife zu bringen“, erklärt Professor Scholl.

Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden wechseln gerade von der Universität in die neu gegründete Firma. Die Abfangdrohne wurde mittlerweile mit Blick auf Robustheit und Handhabbarkeit weiterentwickelt: Seit wenigen Wochen steht eine Abfangdrohne zur Verfügung, die möglicherweise auch in der Bundeswehr eingesetzt werden kann.

Doch andere Einsatzmöglichkeiten zum Schutz von Großveranstaltungen, Fußballstadien, Häfen oder Justizvollzugsanstalten sind ebenso denkbar.

von Melanie Hagenau  E-Mail schreiben

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