Melde mich wie befohlen: Personalunteroffizier im Stab
Melde mich wie befohlen: Personalunteroffizier im Stab
- Datum:
- Ort:
- Husum
- Lesedauer:
- 5 MIN
Die Bundeswehr wächst seit 2016 wieder. Das spürt auch die Truppe. Junge Soldatinnen und Soldaten kommen nach erfolgreicher Ausbildung auf ihre Dienstposten. Sie tragen mit ihren Fähigkeiten und ihrem Engagement zur Einsatzbereitschaft der deutschen Streitkräfte bei. Wer sind die neuen Soldatinnen und Soldaten? Was war ihre Motivation, zur Bundeswehr zu kommen und was ist dort ihr Auftrag?
„Die Personalsituation in der Bundeswehr hat sich äußerst positiv entwickelt.“ Sagt einer, der es wissen muss. Major Steffen Hertzel ist Stabsgebietsleiter für den Personalbereich im Flugabwehrraketengeschwader 1 in Husum und damit verantwortlich für die 255 Dienstposten seines Verbandes. Seit 2019 verstärkt Stabsunteroffizier Nadine Merkel sein Team. Merkel ist „Wiedereinstellerin“, das heißt, sie ist nach einer vorherigen Verpflichtung als Soldatin mit 38 noch einmal zur Bundeswehr gekommen. Als ein Bekannter ihr davon berichtet, dass ein Wiedereinstieg bei der Bundeswehr möglich ist, muss die mittlerweile auch im Zivilberuf erfolgreiche Filialleiterin nicht lange überlegen: „Eine zweite Chance für meinen Traumberuf!“
Nadines weg zur Bundeswehr
Bereits beim ersten Mal war es eine persönliche Empfehlung, die Merkel zu Bundeswehr führte: „Der entscheidende Anstoß kam damals durch meine Schwester.“ Sie ist rund zwei Jahre älter als Nadine, war Stabsunteroffizier bei den Spezialpionieren – und für ihre kleine Schwester ein absolutes Vorbild. „Sie hat immer begeistert über ihre Arbeit bei der Bundeswehr gesprochen – die Einsätze, die Kameradschaft und spannende, nicht alltägliche Aufgaben – das wollte ich auch selbst erleben.“ Gesagt, getan – und schon bald war die junge Frau als Sanitätssoldatin und Zeitsoldatin für vier Jahre im Sanitätsversorgungszentrum Husum. Nach der Geburt ihrer Zwillingstöchter 2008 musste sie sich aber zunächst noch einmal neu orientieren. Aus der gelernten Friseurin wurde eine Kauffrau im Einzelhandel und aus der jungen Frau die erfolgreiche Managerin einer kleinen Familie.
„Trotzdem hatte ich immer den Wunsch, noch einmal zur Bundeswehr zurückzukommen“, sagt Merkel. 2018 bewirbt sich Merkel und wird aufgrund ihrer zivilen Erfahrung als Stabsunteroffizier eingeplant.
Die Ausbildung
Als bereits „gediente“ Soldatin muss Merkel nicht alle Ausbildungsschritte wiederholen: „Eine Grundausbildung hatte ich ja bereits und kam direkt in den Unteroffizierslehrgang“, berichtet Merkel. Da hieß es erst mal „sich erinnern wieder ein- und manchmal auch umgewöhnen“, denn auch die Bundeswehr hat sich weiterentwickelt und als ehemalige Heeressoldatin ist vieles in der Luftwaffe für sie zunächst noch neu. Anfangs hatte sie noch befürchtet, als Lebensältere eine Ausnahme zu sein, aber sie ist nicht die einzige Wiedereinstellerin unter ihren Lehrgangskameradinnen und –kameraden. „Es haben sich schnell auch andere gefunden, die ähnliche Lebenswege hatten wie ich.“ Man tauscht sich aus, teilt Erfahrungen und unterstützt sich gegenseitig.
Im Unteroffizierslehrgang lernt sie Menschenführung und militärische Taktik dazu Rechtsgrundlagen von Strafrecht bis zum humanitären Völkerrecht. Kurz: Alles, was notwendig ist, um sich in der Großorganisation Bundeswehr zurechtzufinden und als militärische Führerin handlungssicher zu sein. Hier geht es noch nicht um ihre künftigen Aufgaben im Personalbereich eines Geschwaders, sondern darum, sie auf das gesamte Einsatzspektrum der Bundeswehr vorzubereiten.
Nach der Unteroffizierschule kommt sie dann in ihre neue „Homebase“, das Flugabwehrraketengeschwader 1 in Husum, rund 75 Kilometer von ihrem Wohnort in Gribbohm entfernt. Hier erlebt sie von Anfang an ein kameradschaftliches und kooperatives Arbeitsklima: „Wenn ich mal nicht weiterkomme, gibt es immer jemanden, der mich unterstützt.“ Und das beruht auf Gegenseitigkeit, denn auch ihr gelerntes Wissen kann sie anderen vermitteln, fühlt sich gebraucht und in ihrem Engagement und ihrer Arbeit bestätigt.
Der Auftrag
Als Personalunteroffizier im Stab ihres Geschwaders helfen ihr die Erfahrungen aus ihrer Zeit als Filialleiterin: „Die Berufs- und Lebenserfahrung ist wichtig, denn ich habe gelernt, mit ganz unterschiedlichen Personen und Situationen umzugehen.“ Abläufe und Strukturen seien zwar nicht vergleichbar, aber auch hier im Stab hat sie vielfältige Aufgaben – und ebenso vielfältige Ansprechpartner. Ihre Hauptaufgabe ist die Lehrgangsbearbeitung, das heißt, alle Lehrgänge für ihre Kameradinnen und Kameraden werden von ihr bearbeitet und dann auf den richtigen Weg gebracht.
Auch für die stetig steigenden Anträge auf Telearbeit und mobiles Arbeiten ist sie zuständig: „Hier bin ich die Spinne im Netz“, scherzt Merkel. Sie weiß selbst, wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Dienst sein kann und findet, dass die Bundeswehr hier gute Lösungen anbietet. Die Gleitzeit ermöglicht ihr selbstbestimmte Arbeitszeiten, so kann sie sich am Nachmittag um die Familie kümmern. Dazu gehören neben ihren Zwillingstöchtern noch ein älterer Sohn und ihr Ehemann.
Ihre Familie ist ihr wichtig – und mit der Bundeswehr kann sie jetzt sogar beides verbinden: „Mein Mann ist gerade in der Grundausbildung und wird eine Stelle als Spezialpionier in Husum bekommen“, freut sich Merkel. Auch ihr Sohn hat gerade ein Praktikum bei der Bundeswehr absolviert. Ihre Rückkehr zum Soldatenberuf war für sie deshalb nicht nur eine persönliche Erfolgsgeschichte: „Es ging mir auch um meine Kinder, denen ich ein Vorbild sein will. Dazu gehört für mich auch, dass man seinen Zielen folgt und sich im Leben immer weiterentwickelt.“ Jetzt fühle sie sich gut und wisse, dass sie die richtigen Entscheidungen getroffen hat: Im Leben und im Beruf.
Das sagt Nadines Chef
Auch der Chef freut sich. Für ihn zeige nicht zuletzt die Corona-Krise, dass die Bundeswehr breit aufgestellt sein muss: „Und dazu benötigt die Bundeswehr Fachpersonal, das nicht alles einigermaßen kann, sondern für die jeweilige Aufgabe sehr gut ausgebildet ist“, betont Hertzel. Er sei optimistisch, denn es komme nicht nur ausreichend, sondern offensichtlich auch gutes Personal in die Truppe: „Frau Stabsunteroffizier Merkel ist fachlich versiert und überaus leistungsbereit.“ In ihr weitreichendes Aufgabenfeld habe sie sich schnell und sicher eingearbeitet, sich einen breiten Wissensschatz angeeignet und sei zudem lösungsorientiert und gut vernetzt.
Dass Merkel die richtige Mischung aus Pragmatismus und vorschriftengerechter Arbeitsweise habe, kann er sogar aus eigener Erfahrung bestätigen: „Auch als Major und Stabsgebietsleiter werde ich erst nach Vorlage einer unterschriebenen Lehrgangsplatzanforderung für einen Lehrgang gebucht“, schmunzelt Hertzel anerkennend. Das Wichtigste aber sei, dass sie stets im Sinn der Sache, der Führung und ihrer Kameradinnen und Kameraden handle, jederzeit positiv und hoch motiviert sei.
Aber gibt es nicht doch auch irgendetwas, vielleicht „gewöhnungsbedürftiges“, irgendeine kleine „Herausforderung“ im Alltag? Hertzel lacht: „Na ja, unser Musikgeschmack geht doch deutlich auseinander. Stabsunteroffizier Merkel wohnt im Nachbarort von Wacken und ist eingefleischter Metal-Fan! Unsere kameradschaftlichen Gespräche führe ich daher lieber in meinem, als in ihrem Büro.“