Bacon, Bunker und Boxer
Bacon, Bunker und Boxer
- Datum:
- Ort:
- Unna
- Lesedauer:
- 5 MIN
Eiskalt ist es im Bunker. Am Ende der Reihe steht noch ein leeres Feldbett: Mein Schlafplatz für die nächsten Tage. „Nehmen Sie auch den Überzug für den Schlafsack! Hier ist es nicht nur kalt, sondern auch feucht“, rät mir Major P. Gut, dass die Truppe ein Auge auf ihren Militärpfarrer hat.
Ich begleite die Brigade-Übung „Gentian Stallion“. Das Versorgungsbataillon 7 hat mich angefordert. Der Übungs-Auftrag: Die übenden Bataillone der Brigade real zu versorgen. Für alle etwas ungewohnt. Doch im Ernstfall muss das Ineinandergreifen funktionieren. Auch ohne die feste Infrastruktur von Standorten. Deshalb das rustikale Leben mit Feldhygiene ohne fließendes Wasser. Zumindest hier für den Stab. Die Verpflegung besteht aus der berüchtigten EPaEinpersonenpackung. Die schmeckt übrigens gar nicht mal so schlecht.
Oberstleutnant H., der stellvertretende Kommandeur, begrüßt mich. „Schön, dass Sie da sind. Aber da fehlt noch etwas.“ Na klar, die Tarnschminke. Passend zum Combat-Outfit lege ich also grüne und schwarze Tarnschminke auf. Auch der Militärpfarrer will ja keine leicht erkennbare Zielscheibe sein. Abends spreche ich mit Kameraden im Betreuungszelt. Alle haben gut zu tun. Der Kommandeur gibt mir ein Lagebild und seine Einschätzung.
Am nächsten Morgen zeigt mit Hauptfeldwebel O., dass man im Feld auch auf Bacon und Spiegelei nicht verzichten muss – wenn man präpariert ist. Dann mache ich mich auf den Weg. Schließlich will ich auch die anderen Einheiten besuchen. Mit dem Spieß der 1. Kompanie, Oberstabsfeldwebel H., bespreche ich den geplanten Gottesdienst am nächsten Tag. Dann bin ich erst einmal länger unterwegs: Zur schweren Instandsetzungskompanie. Die Züge sind allerdings auf verschiedenen Höfen im Raum verteilt. Deshalb spreche ich mit dem Spieß, Oberstabsfeldwebel D., ab, dass ich morgen Mittag wiederkomme und dann auch dort übernachte. Denn nachher erwarten mich die Aufklärer.
Das Aufklärungsbataillon 7 befindet sich in Verfügungsräumen auf den Truppenübungsplätzen in Bergen und Munster-Süd. Auch die Fahrt dorthin braucht ihre Zeit. Ich komme rechtzeitig zum Antreten mit Verabschiedung des langgedienten Oberstabsfeldwebel E. an. Die Pause danach bietet Gelegenheiten zu Gesprächen. Die Soldatinnen und Soldaten wirken sehr aufgeräumt. Ich besuche einen Verfügungsraum. Hier wird richtig draußen geschlafen. Die Truppe ist voll in ihrem Element und bereitet sich auf die Herausforderung der Intensivübung am Wochenende vor. Auf dem Weg zurück zu meinem „Bunker-Schlafsaal“ lege ich einen Stopp im Lager Hörsten ein. Meine Kollegin G. ist hier ebenfalls in der Übungsbegleitung. Der Austausch tut gut. Und dann treffe ich auch noch Kameraden des Jägerbataillons 91, die ich im Einsatz in der Slowakei begleitet habe. Wie schön! Zurück im Stab ist es bereits dunkel. Ich bin heute mehr als 300 km gefahren, um meine Einheiten auf dem Übungsplatz zu besuchen. Das ist eine neue Erfahrung. Das muss ich bei der nächsten Übung dieser Art vorher berücksichtigen.
Nach einer kurzen und kalten Nacht verabschiede ich mich vom Stab und fahre zur 1. Kompanie. Alles ist vorbereitet für den Gottesdienst. Die Sonne scheint warm. Obwohl die Übung weiterläuft, finden sich mehr als 50 Kameradinnen und Kameraden ein. Ich spreche über Psalm 90. Nur weil wir vergänglich sind, muss unser Tun noch lange nicht vergeblich sein. Wenn Gottes Segen darauf liegt, ist es gewiss nicht vergeblich. Deshalb bittet der Psalm: „Der HERR, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns“ (Psalm 90,16). Nach einem lockeren Kirchenkaffee geht es weiter zu den Instandsetzern.
Die nehmen mich sehr freundlich auf. Stabsfeldwebel P. zeigt mir meinen Schlafplatz: Auf dem Dachboden einer Scheune. „Hier gibt es auch das eine oder andere Tier. Mäuse, eine Eule – und sogar eine Fledermaus“, meint er. Neben meinem Feldbett liegt ein Getreidehügel – der Vorrat der Mäuse? Der Spieß bringt mich zu den verschiedenen Zügen. Das wird ein ausgefülltes Programm. Ich bin beeindruckt. So zufrieden erlebe ich die Truppe selten. Hier wird geschraubt. Da wird Großgerät geprüft. Ein Boxer wird fährt in die Halle. Hauptfeldwebel S. strahlt: „Hier dürfen wir selbst ran. Ohne dass uns jemand sagt, was wir dürfen und was nicht. Da sind alle hochmotiviert.“ Der Zugführer, Frau Oberleutnant I. führt mich durch ihren Bereich. Sie bestätigt, dass hier alle hochmotiviert sind – weil hier Dinge möglich sind, die im Kasernenalltag so nicht stattfinden.
Sonntagmorgen. Es regnet. Durch die Zeitumstellung war die Nacht noch kürzer. Ich fahre Richtung Bergen. Die Aufklärer sind auf der Zielgeraden ihrer Intensivübung. Major M. erklärt mir im Gefechtsstand die Lage. „Wir werden jetzt noch eine Verletztenlage einspielen. Dann ist Übungsunterbrechung und wir verlegen erst einmal ins Lager Hörsten.“ Stabsfeldwebel A., Spieß der 4. Kompanie, hat für mich bereits eine Stube organisiert. Nach und nach treffen die Kompanien im Lager ein. Die Soldatinnen und Soldaten sind „durch“ und sichtlich müde. Nach der Abendverpflegung ist es bereits dämmrig. Der Regen hat aufgehört. Kalt ist es. Trotzdem findet sich ein größerer Kreis auf der Wiese ein zum ausführlichen Abendsegen. Diese Form ist nach so einer Woche offensichtlich angemessen. So spiegelt es mir auch der Kommandeur zurück. Beim Kirchenkaffee mit Energy-Drinks und Energie-Riegeln spricht mich jemand mit einem persönlichen Anliegen an. Andere erzählen mir von einem Kameraden, der dringend nach Hause musste. „Wie können wir ihn unterstützen?“ Einer erzählt von dem kleinen Holzkreuz, das ich ihm in den Einsatz geschickt habe. „Meine Mutter hat sich so viel Sorgen gemacht. Da habe ich ihr das Kreuz geschickt. Das hat ihr gutgetan.“ Ein paar dieser Kreuze habe ich sogar dabei. Die Soldaten entscheiden sich dann aber für die Michaelsplakette. Die wollen sie ihrem Kameraden mit einer Karte schicken. Auch der Abend in der 4. Kompanie wird intensiv. Jetzt, in der Übungspause, haben die Soldatinnen und Soldaten Zeit zum Reden. Dafür bin ich da. Bei ihnen. Auf dem Truppenübungsplatz.
Als ich am nächsten Tag wieder nach Unna fahre, kann ich eine gewisse Müdigkeit nicht leugnen. Es war eine intensive Zeit. Es war eine erfüllende Begleitung. Und es geht weiter. Drei Gesprächsanfragen nehme ich mit. Wenn die Truppe wieder an ihren Standorten ist, haben wir dafür die nötige Zeit und Ruhe.