Der Nikolaus-Preis der Marine
Wenn die Schiffe und Boote der Marine auf See unterwegs sind, gibt es nur eine Gruppe von Menschen, die bei Bränden oder Wassereinbrüchen helfen kann: die eigene Besatzung. Die Jahresbesten im Schadensabwehr-Training bekommen deshalb eine besondere Auszeichnung.

Eine Ehrung für den meisten vergossenen Schweiß
Das Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr Marine (EAZS M) in Neustadt in Holstein überreicht jedes Jahr einen Preis für hervorragende Teamarbeit: den Nikolaus-Preis. Für das beste Ergebnis, das eine Besatzung der Flotte im Vorjahr in der Einsatzausbildung der Schadensabwehr und des Gefechtsdienstes erzielt hat.
Inhalte dieser dreiwöchigen Ausbildung sind unter anderem das Löschen von Bränden, das Abdichten von Wassereinbrüchen, das Beseitigen von technischen Störungen sowie die Rettung und Versorgung verwundeter Soldaten. Dutzende Ausbilder des EAZS M begleiten diese Ausbildung direkt an Bord der Schiffe und Boote der Marine in der Neustädter Bucht beziehungsweise der westlichen Ostsee. Eingerahmt ist dieses äußerst fordernde Training in ein fiktives, aber realitätsnahes, Gefechtsszenario, zu dem die Abwehr von Bedrohungen von außen wie etwa Luftangriffen gehört. Ziel ist, dass jede Crew in der Lage ist, sich in solchen Notlagen selbst helfen zu können.
1983 stiftete der damalige Kommandeur der Technischen Marineschule, Kapitän zur See Joachim Rybakowski, die Trophäe: eine 70 Zentimeter große Statuette des Sankt Nikolaus von Myra. Der antike Heilige gilt als Schutzpatron der Seefahrer. Er soll in Seenot geratenen Seeleuten erschienen sein und Feuer auf ihrem Schiff gelöscht haben.
Der Nikolaus-Champion der Marine heißt „Elbe“
Die Besatzung erhält aber nicht die Figur, sondern eine Verleihungsurkunde. Die Statuette selbst wandert zur jeweiligen Führung des Geschwaders, dem das Schiff oder Boot angehört. Bis zur erneuten Verleihung steht Sankt Nikolaus an prominenter Stelle in den Diensträumen des Geschwaders ausgestellt – als Motivation für alle.
Pro Jahr durchlaufen teils über 50 Boote und Schiffe der Marine mit tausenden Besatzungsmitgliedern das fordernde Training der Schadensabwehr- und Gefechtsausbildung. Dabei hat der Tender „Elbe“, heute Teil des Unterstützungsgeschwaders in Kiel, den Preis bereits viermal eingeheimst: 1987, 2006, 2010 und 2020. Natürlich war die ausgezeichnete Besatzung des Schiffs nach normalen Personalwechseln jeweils eine neue. Auch der Name gehörte vor 1992 zu einem Schiff einer anderen Schiffsklasse. Aber der Teamgeist der „Elbe“ war jedes Jahr aufs Neue gestärkt.

Der Nikolaus-Preis ist eine Wandertrophäe: Ein bisschen von der Ehre fällt nicht nur für die Besatzung, sondern auch für ihr Geschwader ab.
Bundeswehr/Kim Brakensiek
Zur Nikolaus-Statuette gehören die Plaketten der Gewinner.
Bundeswehr/Kim BrakensiekFür 2018 vergab das EAZS M den Nikolaus sogar zweimal: Die Fregatte „Sachsen“ des Wilhelmshavener 2. Fregattengeschwaders beziehungsweise ihre Besatzung erhielt die Auszeichnung in einer Sonderform. Sie hatte außergewöhnliche Leistung bewiesen, denn nach einem Flugkörperunfall an Bord während einer Live firing exercise vor der Küste Norwegens hatte die Crew mit einem echten Notfall kämpfen müssen.
Wer hat den Nikolaus-Preis der Marine bisher erhalten?
2023 Fregatte „Brandenburg“ (Klasse 123), 2.Fregattengeschwader
2022 nicht vergeben
2021 Minentauchereinsatzboot „Bad Rappenau“ (Klasse 332) 3. Minensuchgeschwader
2020 Tender „Elbe“ (Klasse 404), Unterstützungsgeschwader
2019 Minenjagdboot „Grömitz“ (Klasse 332), 3. Minensuchgeschwader
2018 Fregatte „Sachsen“ (Klasse 124), 2. Fregattengeschwader (Sonderpreis)
2018 Minenjagdboot „Dillingen“ (Klasse 332), 3. Minensuchgeschwader
2017 Fregatte „Lübeck“ (Klasse 122), 4. Fregattengeschwader
2016 Minenjagdboot „Rottweil“ (Klasse 332), 3. Minensuchgeschwader
2015 (nicht vergeben)
2014 Schnellboot „Hyäne“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
2013 Tender „Rhein“ (Klasse 404), 3. Minensuchgeschwader
2012 Schnellboot „Hyäne“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
2011 Fregatte „Hessen“ (Klasse 124), 2. Fregattengeschwader
2010 Tender „Elbe“ (Klasse 404), 7. Schnellbootgeschwader
2009 Schnellboot „Gepard“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
2008 Fregatte „Karlsruhe“ (Klasse 122), 4. Fregattengeschwader
2007 Fregatte „Rheinland-Pfalz“ (Klasse 122), 4. Fregattengeschwader
2006 Tender „Elbe“ (Klasse 404), 7. Schnellbootgeschwader
2005 Fregatte „Karlsruhe“ (Klasse 122), 4. Fregattengeschwader
2004 Flottendienstboot „Oste“ (Klasse 423), 3. Ubootgeschwader
2003 Minensuchboot „Siegburg“ (Klasse 352), 3. Minensuchgeschwader
2002 Minenjagdboot „Fulda“ (Klasse 332), 3. Minensuchgeschwader
2001 Schnellboot „Gepard“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
2000 Schnellboot „Dachs“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
1999 Schnellboot „Albatros“ (Klasse 143), 2. Schnellbootgeschwader
1998 Minenjagdboot „Datteln“ (Klasse 331), 3. Minensuchgeschwader
1997 Minenjagdboot „Bad Bevensen“ (Klasse 332), 3. Minensuchgeschwader
1996 Trossschiff „Freiburg“ (Klasse 701), 2. Versorgungsgeschwader
1995 Schnellboot „Frettchen“ (Klasse 143A), 7. Schnellbootgeschwader
1994 Minensuchboot „Herten“ (Klasse 343), 5. Minensuchgeschwader
1993 Minensuchboot „Herten“ (Klasse 343), 5. Minensuchgeschwader
1992 Trossschiff „Nienburg“ (Klasse 701), 4. Minensuchgeschwader
1991 Teamleistung des 2. Schnellbootgeschwaders
1990 Zerstörer „Bayern“ (Klasse 101), 2. Zerstörergeschwader
1989 Seeschlepper „Wangerooge“ (Klasse 722), 2. Versorgungsgeschwader
1988 Teamleistung des 7. Minensuchgeschwaders
1987 Tender „Elbe“ (Klasse 401), 7. Schnellbootgeschwader
1986 Tender „Neckar“ (Klasse 401), 7. Schnellbootgeschwader
1985 Trossschiff „Coburg“ (Klasse 701), 1. Versorgungsgeschwader
1984 Trossschiff „Mersburg“ (Klasse 701), 1. Ubootgeschwader
1983 Teamleistung des 2. Schnellbootgeschwaders
Welche Noten vergibt das Einsatzausbildungszentrum?
Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr der Marine in Neustadt in Holstein ist für die Schadensabwehr- und Gefechtsdienstausbildung (SAGA) der Schiffe und Boote der Flotte zuständig. Das „SAGA Basic Training“ dauert drei Wochen und findet sowohl in Anlagen an Land wie auch auf See in der Neustädter Bucht statt. Außer dem „Basic Training“ bietet das EASZ M für die SAGA einen Auffrischungskurs in Neustadt und ein „Mobile Mission Training“ an Bord des jeweiligen Schiffes oder Bootes vor Ort an.
Angelehnt an das „German Operational Sea Training“ für die Deutsche Marine bei der britischen Royal Navy bewertet das EASZ M die Leistungen der Besatzungen nach folgendem Schema: „very good“, „good“, „very satisfactory“, „satisfactory“, „below standard“ und „unsatisfactory“. Die Maßstäbe der Bewertung sind äußerst streng: Wer mit „good“ bewertet wird, hat beim dreiwöchigen Basic Training alles richtig und somit nichts falsch gemacht. Mit „very good“ wird ausgezeichnet, wer über die Maße hinaus mehr geleistet hat.
Welche Verbindung hat der Heilige Nikolaus zur Marine?
Sankt Nikolaus galt als Patron vieler Berufsstände und Gesellschaftsgruppen wie zum Beispiel Soldaten, Gefangene, Schüler und Kinder. Besonders als Schutzheiliger der Kaufleute, Seefahrer, Flößer und Treidler trat Nikolaus in ganz Europa seinen Siegeszug entlang der Schifffahrtsrouten und den an der Küste gelegenen Städten an. Das bezeugen noch heute eine Vielzahl von „Nikolai“-Kirchen und Kapellen, insbesondere an der Nord- und Ostsee.
Die als besonders abergläubig geltenden Seeleute hatten zum Sankt Nikolaus eine besondere Verbindung. Sie verehrten den Heiligen stets als Schutzpatron. So liegt es nahe, dass ein Preis, welcher an diejenigen vergeben wird, welche Schaden von den eigenen Leuten am besten abwenden können, nach eben diesem Schutzpatron benannt wurde.
Veröffentlicht am: 29.01.2021, zuletzt aktualisiert am: 18.06.2021
Ort: Rostock
Lesedauer: 5 Minuten