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Pacific Security Maritime Exchange

Die Marine und die Nordkorea-Sanktionen der UNUnited Nations

Die Marine und die Nordkorea-Sanktionen der UNUnited Nations

Datum:
Ort:
Rostock
Lesedauer:
7 MIN

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Die Schiffe des deutschen Indo-Pacific Deployment 2024 überwachen gemeinsam mit Partnern die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen die Atom- und Raketenrüstung Nordkoreas. Die Fregatte „Baden-Württemberg“ und der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ sind so Augen und Ohren internationaler Strafverfolgung. Was sind die wichtigsten Aspekte dieser multinationalen Kooperation?

Eine große Rakete hebt von einem Startplatz ab.

Symbol der Aufrüstung: Start einer Interkontinentalrakete vom Typ Hwasong-17, ein von der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA im März 2022 anlässlich eines jüngsten Tests veröffentlichtes Foto

Bildquelle: Nippon.com (Abruf: 09.09.2024)

Seit den 1980er-Jahren entwickelt Nordkorea Nuklearwaffen. 2006 zündete das Land in einem unterirdischen Test seine erste Atombombe. Heute schätzen Experten, dass es über bis zu 90 Sprengköpfe verfügt.

Parallel hat Nordkorea einen Bestand an Mittel- und Langstreckenraketen aufgebaut, den es bis jetzt immer weiterentwickelt. Das jüngste Modell Hwasung-17, eine interkontinentale ballistische Rakete, soll eine Reichweite von 15.000 Kilometern haben. Damit würde dieser potenzielle Atomwaffenträger von Nordkorea aus Nordamerika und Europa erreichen können.

Wie hat die internationale Gemeinschaft reagiert?

Vor allem Nordkoreas Nachbarstaaten Südkorea und Japan nehmen diese Entwicklung als immer größere Bedrohung wahr. Aus Perspektive Südkoreas, weil sich der heute demokratische Staat seit 1950 in einem schweren Konflikt mit der totalitären Diktatur befindet. Aus Sicht Japans auch, weil Flugbahnen vieler nordkoreanischer Raketentests quer das Land verlaufen sind. Die unerprobten Flugkörper hätten bei ihren nicht ankündigten Tests über den dicht besiedelten japanischen Inseln abstürzen können.

Die internationale Gemeinschaft sowohl die Vereinten Nationen wie auch vor allem die USA als wichtigster Verbündeter Südkoreas und Japans haben auf zweierlei Weise auf die nukleare Aufrüstung Nordkoreas reagiert. Einerseits gab es verschiedene diplomatische Versuche, um Nordkorea von seinem konfrontativen Kurs abzubringen.

Ein neunachsiger Lkw, beladen mit einer sehr großen Rakete.

Drohgebärde einer Diktatur? Interkontinentalrakete Hwasong-15 bei einer Parade. Dieser Vorgängertyp der Hwasong-17 ist vermutlich der erste, der von Nordkorea aus das Festland Nordamerikas erreicht. Foto der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA

Bildquelle: missilethreat.csis.org (Abruf: 09.09.2024)

Andererseits haben die UNUnited Nations seit 2006 immer umfangreichere Sanktionen verhängt, um das Land immer stärker unter Druck zu setzen. Angefangen hat das bei der Sicherheitsratsresolution 1718: dem Verbot, relevante Nuklear- und Raketentechnologie ein- oder auszuführen. Heute darf sich Nordkorea nicht mehr am internationalen Waffenhandel beteiligen, keine Rohstoffe mehr exportieren, und nur noch maximal 500.000 Barrel Erdöl pro Jahr importieren.

Wie werden die UNUnited Nations-Sanktionen gegen Nordkorea umgesetzt?

Für die Überwachung der umfassenden Sanktionen ist seit 2006 ein Ausschuss des UNUnited Nations-Sicherheitsrates zuständig. Seine Mitgliedstaaten stellen ihm nationale Mittel zu Überwachung und Durchsetzung zur Verfügung. Das ist die Grundlage der Pacific Security Maritime Exchange, kurz PSMX – ein Verbund der Partner USA, Südkorea, Japan, Kanada, Neuseeland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland.

„Das PSMX ist ein kooperatives Netzwerk von Verbündeten und Partnern und ein Symbol für das gemeinsame Engagement der PSMX-Mitglieder, internationales Recht, Regeln und Normen einzuhalten“, beschreibt das USUnited States-Außenministerium die Gruppe von Ländern, die gemeinsam den Luft- und vor allem den Seeraum rund um die koreanische Halbinsel überwachen.

Die USA setzen im Indo-Pazifik vor allem seit der Biden-Administration auf solche kleinen, minilateralen Initiativen mit nur wenigen Partnern“, beschreibt Eric Ballbach, Nordkoreaexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, dieses Netzwerk. „Sie suchen gezielt dafür nach kompatiblen Teilnehmern. Dazu gehören zum Beispiel auch die australisch-amerikanisch-britische Sicherheitspartnerschaft AUKUSAustralia, United Kingdom, United States und die Wirtschaftsinitiative IPEF, das Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity. Die Beteiligung Deutschlands an der PSMX ist für alle Partner in der Region ein wichtiges Signal.“

Eine Karte Ostasiens.

Das Haupt-Operationsgebiet für die Sanktionsüberwachung: der Nordost-Pazifik

Bundeswehr

Dem UNUnited Nations-Sicherheitsrat arbeitete seit 2009 ein Expertenpanel zu. Es legte jährlich, basierend auf verschiedensten Datenquellen und Fact-Finding-Reisen, dem Rat einen Bericht vor. Dessen Mandat zu verlängern, hat Ratsmitglied Russland im März 2024 nicht mehr zugestimmt. „Das internationale Interesse am Monitoring des Geschehens bleibt trotzdem bestehen“, erklärt Ballbach. „Das Panel of Experts lässt sich nicht ersetzen, aber die PSMX bleibt ein wichtiges Instrument. Denn Sanktionsüberwachung lebt von Informationen und die fließen weiter.“

Wie sieht als Resultat die Lage auf See vor Ort aus?

Im Gelben Meer, im Ostchinesischen Meer und im Japanischen Meer findet der Schmuggel statt, mit dem das nordkoreanische Regime das Völkerrecht beziehungsweise die verhängten Sanktionen bricht. Waffen aus Nordkorea gelangen so illegal ins Ausland, vor allem Öl fließt in die entgegengesetzte Richtung. Die Transportmittel dafür sind Handelsschiffe, deren Eigentümer und Herkunft durch Briefkastenfirmen und heimlichen Austausch auf hoher See verschleiert sind. Auch hat sich das Regime in Nordkorea seit der Verhängung der ersten UNUnited Nations-Sanktionen immer enger mit der organisierten Kriminalität in Ostasien verwoben.

Den Geisterschiffen vor den Küsten zwischen Korea, China, Taiwan und Japan sind vor allem Marineschiffe und Marineflugzeuge der PSMX-Partner auf der Spur. Sie dokumentieren am Tatort hohe See vor allem Schiffsbewegungen in der ganzen Region, die als Indizien und Beweise für die komplexen Schmuggelnetzwerke dienen.

Dazu bauen die Marinesoldatinnen und -soldaten zunächst ein maritimes Lagebild auf: Wer ist alles in dem Seegebiet unterwegs, kommt woher und fährt wohin? Häufige Praxis ist, dass eine Briefkastenfirma im nordkoreanischen Auftrag einen Tanker chartert. Der bunkert bevorzugt auf dem Schwarzmarkt erworbenes Öl und trifft sich später mit einem weiteren Tankschiff aus Nordkorea, um seine Ladung zu übergeben. Das findet auf hoher See statt, wo keine Strafverfolgungsbehörden unkomplizierten Zugriff hätten. Beide Schiffe stellen sicher, dass kein weiteres Schiff in Sicht ist, und haben ihr automatischen Identifizierungssignal ausgeschaltet, um sich vor Außenstehenden zu verstecken.

Ein kleines Tankschiff in einem Hafen.

Bestätigter Verdachtsfall: Der Tanker „Unica“ gehört zu den vielen Schiffen, die in die Ölschmuggel-Operationen Nordkoreas verwickelt waren. Seine Aktivitäten waren 2021 zuerst aufgedeckt worden.

Bildquelle: marinetraffic.com (Abruf: 09.09.2024)

Warum sind Marineschiffe für die Überwachung wichtig?

In der Regel funktioniert der Schmuggel in dem riesigen Seegebiet im weiten Bogen um Korea herum und abseits der wichtigsten Handelsrouten gut – es sei denn, es befinden sich Aufklärungsflugzeuge oder Bordhubschrauber von Marineschiffen in der Nähe. Sie sammeln dann die fotografischen Beweise für das heimliche Treffen. Aufklärungssatelliten dagegen können nur Hinweise geben, um solche Mittel für detaillierte Aufnahmen gezielt einzusetzen.

Sind so individuelle Schiffe erst einmal identifiziert und der illegale Öltransfer zwischen beiden dokumentiert, können die Überwacher der Sanktionen die Spur verfolgen und gegen Hinterleute vorgehen. Zu den Folgen gehört dann zum Beispiel, dass den beteiligten Schiffen per Sanktionslisten international verboten wird, Handelshäfen anzulaufen, und sie bei Zuwiderhandeln von örtlichen Behörden beschlagnahmt werden können. Auf den Listen der UNUnited Nations, aber vor allem der EUEuropäische Union, befinden sich neben Schiffen auch Personen und Organisationen.

Boardings und Kontrollen von Schiffen in hoher See, ein Vorgehen wie etwa bei der EUEuropäische Union-Operation Irini im Mittelmeer, sind dagegen durch die UNUnited Nations-Sanktionen gegen Nordkorea nicht vorgesehen. Ihr wichtigster Zweck sei, neben dem Sammeln von Daten, laut Eric Ballbach die Kosten, sie zu brechen, zu erhöhen. „Je komplizierter der Schmuggel sein muss, desto teurer wird er“, sagt der Wissenschaftler. „Das hält einen starken Druck auf Nordkorea aufrecht. Nicht zuletzt zählt das Signal, dass die internationale Gemeinschaft sehr genau weiß, was das Regime in Pjöngjang macht. Sanktionsüberwachung lebt von Informationen.“

Ein graues Kriegsschiff in See, davor ein grauer Hubschrauber.

Die Fregatte „Baden-Württemberg“ und ihr reichweitenstärkstes Aufklärungsmittel: der Bordhubschrauber Sea Lynx

Bundeswehr/Philipp Schäfer

Was ist die Enforcement Coordination Cell?

Wichtigster Arbeitsmuskel der PSMX ist die Enforcement Coordination Cell, kurz ECC. Die USA haben sie bereits 2017 eingerichtet, um die bisherigen Sanktionsmaßnahmen effektiver zu gestalten. Untergebracht ist die ECC bei der 7. USUnited States-Flotte in ihrem Stützpunkt in Yokosuka in der Bucht von Tokio. Hier ist die militärtechnische Infrastruktur in Form eines Führungsnetzwerks vorhanden, das es ermöglicht, die in See gesammelten Daten zusammenzuführen. 

Rund 50 Stabssoldatinnen und -soldaten der PSMX-Partner sammeln die Berichte, sogenannte Post Mission Products, der an der Sanktionsüberwachung beteiligten Marineschiffe über deren durchgeführte Operationen beziehungsweise Beobachtungen. Ihre Auswertungen legen sie den PSMX-Partnerregierungen vor und diese wiederum dem UNUnited Nations-Sicherheitsratsausschuss für die Nordkorea-Sanktionen.

Warum gibt es keine internationale Blockade Nordkoreas?

Wichtig zu wissen ist, dass die UNUnited Nations-Sanktionen gegen Nordkorea – obwohl sie so umfangreich sind – keine tatsächliche Blockade des Landes bedeuten. Es gibt auch legalen Schiffsverkehr, der sowohl durch die Region führt wie auch von Nordkorea ausgeht und es anläuft. Unter anderem sind das Hilfslieferungen für das unter Nahrungsmittelknappheit leidenden Land, aber auch die begrenzt erlaubten Erdöleinfuhren. Auch erteilt der UNUnited Nations-Sicherheitsrat in einzelnen Fällen Ausnahmegenehmigungen wie für die Einfuhr von Düngemitteln.

Überhaupt fehlt für eine lückenlose Überwachung der Sanktionen, einschließlich der physischen Kontrolle von allen Schiffen in der Region, der internationale Konsens. Vor allem Russland profitiert im Moment durch die Einfuhr von Munition aus Nordkorea, während es in der Ukraine Krieg führt. „Moskau bricht inzwischen ganz offen die Sanktionen“, sagt Ballbach.

Besonders Chinas Verhältnis zu den UNUnited Nations-Sanktionen, die es selbst mit beschlossen hat, ist ein schwieriges. Einerseits ist es besorgt über eine Destabilisierung der sicherheitspolitischen Gesamtsituation in Ostasien, die eine unkontrollierte Nuklear- und Raketenrüstung Nordkoreas auslösen könnte. Andererseits unterstützt Beijing das Regime in Pjöngjang, um eine Wiedervereinigung Koreas zu verhindern und Nordkorea nicht als Pufferzone gegen die ideologischen Gegenspieler Südkorea und USA zu verlieren.

Die chinesische Führung hat selbst geäußert, Nordkorea genug zum Überleben, aber nicht zum Prosperieren zu geben“, fasst Ballbach diese zweigleisige Politik zusammen. „An erster Stelle steht für Beijing aber, Instabilität zu vermeiden.“ 

Mehrere Schiffe in See.

Operationsgebiet Ostchinesisches Meer: Für die Überwachenden der Sanktionen gilt es, unter dem legalen Schiffsverkehr in der Region die Sanktionsbrecher zu finden

Bundeswehr/Leon Rodewald

Welche deutschen Schiffe waren bisher beteiligt?

Deutschland beteiligte sich 2021 erstmals mit der Fregatte „Bayern“, während ihres damaligen Indo-Pacific Deployment, an der Überwachung des UNUnited Nations-Embargos gegen Nordkorea. Das Schiff stand zwischen Mitte November und Mitte Dezember im Seegebiet westlich von Japan und arbeitete der ECC zu. Gleiches gilt dieses Jahr für die Fregatte „Baden-Württemberg“ und den Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“. Sie tragen zwischen Mitte August bis Mitte September zum Lagebild der PSMX bei.

von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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