Umbenennungen der Marine in Kiel
Umbenennungen der Marine in Kiel
- Datum:
- Ort:
- Kiel
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Die größte Liegenschaft der Marine in Schleswig-Holstein ist mit dem 1. Oktober offiziell umbenannt worden. „Tirpitz“ und „Scheer“ waren nicht mehr traditions- und zeitgemäß.
Die Kieler Marinebasis heißt jetzt offiziell „Marinestützpunkt Kiel-Wik“, und ihr Hafen nicht mehr „Tirpitzhafen“. Die dort stationierten Soldatinnen und Soldaten waren zuvor – übereinstimmend mit dem neuen Traditionserlass der Bundeswehr – zur Überzeugung gelangt, dass insbesondere die Namen zweier Admirale der Kaiserlichen Marine nicht mehr zeitgemäß und traditions- beziehungsweise identitätsstiftend sind.
Nach einer internen Beratschlagung hatten die Kieler Bundeswehrangehörigen daher einen neuen Namen für den Marinehafen, und dessen zugehörige Kasernenanlage, vorgeschlagen.
Der Inspekteur der Marine hatte die Vorschläge der Truppe aufgegriffen und die Bundesministerin der Verteidigung gebeten, der Umbenennung des Marinestützpunktes in der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins zuzustimmen. Als die Billigung der Ministerin vorlag, hatte der Inspekteur die Umbennung angeordnet.
Die Benennung des Stützpunktes nach dem Stadtteil, in dem die deutsche Marine seit ihrer Gründung präsent und integraler Bestandteil ist, soll die enge Verbindung zwischen der Stadt Kiel und der Marine zum Ausdruck bringen. Auch die über 150-jährige Geschichte der Kaserne selbst und die daraus erwachsene gegenseitige Bedeutung für die Entwicklung der Stadt und der Seestreitkräfte soll im neuen Namen anklingen.
Streiche Tirpitz und Scheer, setze Gorch Fock und Oskar Kusch
Die im Süden des Hafens liegende Tirpitzmole wurde in „Gorch-Fock-Mole“ umbenannt. Das verweist auf den langjährigen angestammten Liegeplatz des Segelschulschiffs, das gleichermaßen Symbol für die Marine und ein Wahrzeichen der Stadt Kiel ist. Und der Name erinnert natürlich an den Dichter, der 1916 als einfacher (Matrose) Seemann der Kaiserlichen Marine in der Skagerrak-Schlacht gefallen war.
Die nördliche Scheermole heißt „Oskar-Kusch-Mole“. Der Namensgeber war Oberleutnant zur See und Kommandant eines U-Bootes der Kriegsmarine. Er wurde wegen offen geäußerter Kritik am Nazi-Regime 1944 auf dem Schießplatz in Kiel-Holtenau hingerichtet. In diesem Viertel lässt ihm die Stadt mit der Oskar-Kusch-Straße bereits ehrendes Gedenken zuteilwerden.
Mit den neuen Namen will die Marine zeigen, dass sie sich weder der Geschichte noch ihrem Erbe verweigert. Sie ist vielmehr auch gewillt, mit der Zeit zu gehen und eine eigenständige Interpretation von Traditions- und Erinnerungswürdigkeit zu etablieren.
Der Hintergrund zu Umbenennungen bei der Marine
Die Tradition der Deutschen Marine basiert auf dem Grundgesetz und ist fester Bestandteil der Inneren Führung der Bundeswehr. Die Neufassung des Traditionserlasses hat bereits 2017 festgelegt, dass der Kern des Traditionsverständnisses der Bundeswehr künftig in ihrer eigenen, über 60-jährigen Geschichte, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie im Widerstand gegen Diktaturen und Gewaltherrschaft liegt.
Der Rückgriff auf andere deutsche Streitkräfte ist damit zwar weiterhin ein Teil der Geschichte, aber nicht mehr bestimmendes Element der Traditionspflege der Bundeswehr und damit der Marine. Nur einzelne Ereignisse, Prinzipien und Personen, die nach wie vor mit heutigen Wertevorstellungen in Einklang stehen, sind immer noch traditions- und erinnerungswürdig.
Infolgedessen hatte noch der frühere Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, angewiesen, alle bestehenden Namen von Kasernen und weiterer Infrastrukturelemente auf ihre Traditionswürdigkeit im Sinne des Erlasses hin zu überprüfen. Da, wo notwendig, sei eine Umbenennung zu veranlassen.
Im Marinestützpunkt Kiel war dessen Hafen und eine seiner Molen noch nach Alfred von Tirpitz und eine zweite Mole nach Reinhard Scheer benannt worden. Beide waren führende Flaggoffiziere der Kaiserlichen Marine zu Beginn des 20. Jahrhunderts beziehungsweise im Ersten Weltkrieg: Großadmiral Tirpitz als Staatssekretär des Reichsmarineamts von 1897 bis 1916 sowie Admiral Scheer als Kommandeur der Hochseeflotte 1916 bis 1918 und Stabschef der Seekriegsleitung 1918.