Antworten auf sicherheitspolitische Herausforderungen finden
Antworten auf sicherheitspolitische Herausforderungen finden
- Datum:
- Ort:
- Bremerhaven
- Lesedauer:
- 3 MIN
Sich unter der aktuell gegebenen geopolitischen Lage auf mögliche Krisensituationen vorzubereiten, ist für die Deutsche Marine von großer Bedeutung. Flottillenadmiral Jens Nemeyer, Abteilungsleiter Operation im Marinekommando, erklärt im Interview, warum Wargaming dabei eine Rolle spielt.
Was verbirgt sich hinter dem Wargaming-Projekt, das Anfang Dezember 2024 am Zentrum Seetaktik Marine in Bremerhaven durchgeführt wurde?
Die Sicherheit in der Ostsee ist von zentraler Bedeutung für die Deutsche Marine und ihre nationalen und internationalen Partner. Durch das Wargame können Herausforderungen, Risiken und mögliche Konfliktsituationen unter realitätsnahen Bedingungen simuliert werden, ohne Ressourcen wie Schiffe oder Flugzeuge einzusetzen. Das Besondere an dieser Methode ist, dass sie nicht nur die Analyse von Risiken ermöglicht, sondern auch die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den teilnehmenden Nationen fördert. Durch den gemeinsamen Austausch und die direkte Interaktion zwischen den Teams wird das gegenseitige Verständnis für maritime Sicherheitsfragen vertieft. Gleichzeitig werden Entscheidungen der Teilnehmenden beobachtet und analysiert, um Erkenntnisse zu gewinnen, die in die Fortschreibung von Plänen übertragen werden können.
Warum wird ein Wargame an Land durchgeführt und nicht eine Übung auf See?
Neben der Ersparnis von Ressourcen bietet ein Wargame einen weiteren Vorteil gegenüber einem Manöver in See, da es auch einen anderen Zweck verfolgt: Durch die räumliche Nähe aller Teilnehmenden können komplexe Szenarien und hypothetische Entscheidungen gemeinsam und in Echtzeit diskutiert und bewertet werden. Die gemeinsame Arbeit an einem Ort fördert den unmittelbaren Austausch untereinander und stärkt den Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis. Darüber hinaus ermöglicht ein Wargame durch das Einspielen von Lagen, die sonst nur schwer darzustellen sind, auch deutlich mehr Kreativität und Flexibilität. Ein Wargame ist daher besonders geeignet, die Entscheidungsprozesse und die Stabsabläufe zu optimieren.
Wie läuft ein solches Wargame ab?
Ein typischer Ablauf eines Wargames besteht aus mehreren aufeinander aufbauenden Phasen. Zu Beginn jeder Phase wird eine Ausgangslage vorgegeben, die im Laufe des Spiels immer aufdatiert wird. Auf dieser Grundlage müssen die Teams in einem eng vorgegebenen Zeitrahmen Handlungen entwickeln, die in der jeweiligen Phase zum Tragen kommen sollen. Dabei kommt es darauf an, dass die Handlungen auf bestehenden Plänen fußen, sich an der Realität orientieren und mit beteiligten Teams abgestimmt und synchronisiert werden. Parallel entwickelt ein zusätzliches Team mögliche gegnerische Handlungen und bereitet Herausforderungen für die anderen Planungsteams vor. Nach Abschluss der jeweiligen Planungsphase stellen die Teams ihre beabsichtigten Aktionen vor dem gesamten Auditorium vor, gefolgt von einer Diskussion, inklusive einer Plausibilitäts- und Machbarkeitsprüfung durch den Leitungsstab. Auf Basis der akzeptierten Handlungen beginnt anschließend die nächste Phase.
Inwiefern beeinflusst die aktuelle geopolitische Lage die Planung eines solchen Wargamings?
Das Wargame ist so gestaltet, dass es sich an realen Gegebenheiten und Vorfällen orientiert. Der Fokus liegt darauf, mögliche Risiken und Herausforderungen zu identifizieren, die in der Nord- oder Ostsee auftreten könnten. Dazu gehören auch hybride gegnerische Aktivitäten inklusive von Aktionen gegen maritime Infrastruktur. Ziel ist es, angemessene Antworten auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen zu finden. Die aktuelle geopolitische Lage spielt insofern eine Rolle, als sie den Rahmen für die Planung dieser Konfliktsimulationen vorgibt. Szenarien orientieren sich an realistischen, aber hypothetischen Situationen, die aus allgemeinen Trends und potenziellen Entwicklungen abgeleitet werden.
Wurden die Ziele des Wargames erreicht und wird es in Zukunft ähnliche Vorhaben geben?
Das Wargame wurde von allen Beteiligten als bereichernde Übung mit großem Erkenntnisgewinn bewertet. Die enge Zusammenarbeit zwischen den internationalen Partnern führte zu einem besseren Verständnis der unterschiedlichen Perspektiven und Verfahren. Durch die detaillierte Beobachtung und Analyse der Entscheidungen konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die in den kommenden Wochen weiter ausgewertet werden. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung von Plänen, aber auch für künftige Wargames. Ähnliche Wargames sind auf jeden Fall angedacht, wobei Zeitpunkt und Ort noch in gemeinsamer Absprache festgelegt werden müssen.