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Personalmanagement

Schiffswachtmeister: Planer und Berater an Bord

Schiffswachtmeister: Planer und Berater an Bord

Datum:
Ort:
in See
Lesedauer:
4 MIN

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Beraten, planen, koordinieren – das sind die Aufgaben von Oberstabsbootsmann Andreas G.. Er ist „Spieß“, also Kompaniefeldwebel, auf dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“.

Ein Soldat sitzt hinter einem Schreibtisch an Bord eines Schiffes und lächelt in die Kamera.

Im schwimmenden Personalbüro: Andreas G. am Arbeitsplatz an Bord

Bundeswehr/Julia Kelm

Jede Bundeswehr-Teileinheit an Land hat ihn: den Kompaniefeldwebel. Umgangssprachlich nennen ihn seine Soldatinnen und Soldaten „Spieß“. Grundlegend leitet er den Innendienst und ist mitverantwortlich für die Personalführung seiner Kompanie. Auf Schiffen der Deutschen Marine hat der „Spieß“ die Bezeichnung des Schiffswachtmeisters inne. Einer von ihnen: Oberstabsbootsmann Andreas G..

Wachtmeister mit Leidenschaft: einmal Seefahrt, immer Seefahrt

Vor Kurzem feierte der Unteroffizier sein 30-jähriges Dienstjubiläum. Seine Laufbahn begann 1993 als Matrose in der Verwendungsreihe 11, im Decksdienst. Während seiner Aus- und Fortbildung zum sogenannten Decksmeister, dem leitenden Portepeeunteroffizier für alle seemännischen Aufgaben, diente er auf unterschiedlichen Booten und Schiffen der Deutschen Marine. Er gehörte unteranderem zu den ersten Besatzungsmitgliedern der Fregatte „Sachsen“.

Bereits hier bahnte sich seine derzeitige Aufgabe an. Vier Jahre lang war er ständiger Vertreter des Schiffswachtmeisters. „Das gefiel mir sehr, und schon früh habe ich erkannt, dass ich das unbedingt als Hauptaufgabe machen möchte“, sagt Andreas. 

Personalführung liegt dem 47-Jährigen. 2008 wurde er Personalführer im neu aufgestellten Bundesamt für Personalmanagement in Köln. Dort war er zuständig für die Soldatinnen und Soldaten der Verwendungsreihe 11, seinem ursprünglichen Aufgabenbereich an Bord.

Irgendwann packte ihn wieder die Seefahrt. So hat er 2011 zum zweiten Mal die Chance genutzt, als „Indienststellungsdecksmeister“ ein neues Schiff zu übernehmen, in diesem Fall den Einsatzgruppenversorger „Bonn“. 

Ein graues Schiff fährt über ein Gewässer. Im Hintergrund sind Berge zu sehen.

Dienstort „Bonn“: Das über 170 Meter lange Schiff ist knapp das größte der Marine: Rund 240 Menschen Besatzung und Zusatzpersonal haben an Bord Platz, also eine Koje. Die Stammcrew zählt aber nur knapp 170 Köpfe.

Bundeswehr/Leon Rodewald

„Schiffswachtmeister konnte ich damals noch nicht werden, da mir die Stehzeit gefehlt hat“, erläutert der erfahrene Seemann. „So konnte ich erst am 1. Oktober 2014 das Amt des Wachtmeisters übernehmen, welches mich absolut erfüllt.“ 

Der Oberstabsbootsmann ist mittlerweile der Soldat mit der längsten Dienstzeit an Bord. Damit ist er für die Besatzung als Berater in allen persönlichen Lebenslagen sehr gefragt.

Bundeswehrstandards gelten überall: Personalführung in See

Wie eine Truppeneinheit an Land, so muss auch eine Einheit auf See personell geführt werden. Die Personalführung vom Mannschaftsdienstgrad bis zum Unteroffizier mit Portepee übernimmt hierbei der Schiffswachtmeister, dessen Aufgaben vielfältig sind. Dazu zählen die Personalberatung sowie die Personalplanung an Bord, die Beratung der Schiffsführung in personellen Angelegenheiten, aber auch das Mitwirken am Tagesdienstplan. Das fängt zum Beispiel damit an, dass er neue Kameraden empfängt und ihnen ihre Kammern (Schlafplätze an Bord) zuweist. Auch die Lehrgangsplanung für alle Besatzungsmitglieder liegt bei ihm.

In erster Linie bin ich Berater des Ersten Offiziers und des Kommandanten in allen personellen Angelegenheiten“, betont der Oberstabsbootsmann. „Die gesamte Personalführung geht über meinen Schreibtisch, bis auf die der Offiziere, die übernimmt der Erste Offizier. 

Insbesondere, wenn es um die persönliche Weiterentwicklung geht, kann er auf seine langjährigen Erfahrungen zurückgreifen und so manch Kameradin und Kameraden vernünftig beraten.

Dass die Besatzung eines Schiffes, insbesondere auch die Schiffswachtmeisterei, zuweilen sehr flexibel handeln muss, zeigte sich erst kürzlich beim EUEuropäische Union-Einsatzes Irini im Mittelmeer. Aufgrund ausgebrochener Unruhen im Sudan, in deren Folge deutsche und ausländische Staatsangehörige evakuiert werden sollten, wurde der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ von der Marineführung als Basis für eine seegestützte Evakuierung ausgewählt. Innerhalb kürzester Zeit wurden Tonnen an Material und bis zu 75 Personen zusätzlich auf dem Schiff untergebracht.

Die Einschiffung von weiteren 75 Personen stellte uns vor große Herausforderungen“, schildert der Oberstabsbootsmann. „Da wir nur 239 Kojenplätze, also Betten, besitzen, aber mit einem Mal 280 Personen an Bord waren, mussten wir unseren kompletten Innendienst neu organisieren, um alle in das Bordleben zu integrieren. Für viele war der Bordalltag komplett neu und die Orientierung fiel auf dem Schiff zu Beginn schwer. Es mussten Fragen zur Verpflegung, aber auch zu der Verfügbarkeit von Toiletten geklärt werden. Das alles schafft die Wachtmeisterei nicht alleine, sondern das gelang nur in enger Zusammenarbeit mit den Hauptabschnitts-Bootsmännern und der Schiffsführung.“

Ein Soldat sitzt hinter einem Schreibtisch an Bord eines Schiffes.

Die Wachtmeisterei ist das Personalbüro auf allen Kriegsschiffen der Marine. Hier auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“

Bundeswehr/Marcel Kröncke

Dienstzeitende recht voraus: Seemann bis zum Schluss

In der bisherigen Dienstzeit gab es für den gestandenen Seemann zahlreiche schöne Erlebnisse, die sich nachhaltig eingeprägt haben. So nahm er an Seefahrten teil, die ihn unter anderem in den Pazifik, in die Karibik, nach Brasilien, Afrika und auch ins Nordmeer führten.

„Aber ein absoluter Höhepunkt während meiner gesamten Marinezeit war das gemeinsame Fahren mit meinem Sohn auf der „Bonn“. 2021 kam er im Mannschaftsdienstgrad für vier Monate auf das Schiff. Er war Navigationsgast, ich war sein Schiffswachtmeister. Das ist ein Erlebnis, dass ich in meinem Leben nie mehr vergessen werde“, schwärmt der Familienvater.

Die Familie ist für den Ehemann und zweifachen Vater enorm wichtig. Ohne deren Rückhalt wäre der Dienst in der Marine für ihn nicht machbar. Seefahrt bedeutet auch immer wieder, dass die Familie lange Abwesenheiten in Kauf nehmen muss.

„Hut ab, sage ich jedes Mal wieder, wenn ich nach Hause komme. Wenn meine Frau und auch meine Kinder nicht dahinterstehen würden, würde es überhaupt nicht gehen. Und meine Frau macht das schon seit 1996 mit“, erzählt Andreas gedankenvoll.

Nach 23 Jahren Seefahrt tauchte auch für den erfahrenen Marinesoldaten irgendwann die Frage auf, sich vom Meer zu verabschieden, um die letzten Jahre heimatnah und damit in der Nähe der Familie eingesetzt zu werden. Eine geplante Versetzung kam nicht zustande, so dass Andreas bis 2027 als Schiffswachtmeister auf der „Bonn“ verlängert hat. „Im Jahr 2030 ist für mich aber dann endgültig Schluss“, so der Oberstabsbootsmann. 

In den kommenden Jahren wird der erfahrene Vorgesetzte demnach noch zahlreichen Soldatinnen und Soldaten mit wertvollen Kenntnissen zur Seite stehen und ihnen bei Bedarf wichtige Ratschläge mit auf den Lebensweg geben können. 

von Michael Neumann  E-Mail schreiben

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