Marine
175. Marinejubiläum

Parlamentarischer Abend der Marine: Blick in die Zukunft

Parlamentarischer Abend der Marine: Blick in die Zukunft

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

Die Marinegeburtstagsfeier auf dem Hauptstadtparkett am 14. Juni hat Inspekteur Vizeadmiral Jan Christian Kaack genutzt, um der Politik in Berlin einmal mehr das Zielbild Marine für das Jahr 2035 und darüber hinaus zu vermitteln.

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Willkommen bei der Flotte: Soldaten der Marinekompanie des Wachbataillons standen für die Gäste Spalier

Bundeswehr/Marcus Mohr

Der jährliche Parlamentarische Abend der Marine fand dieses Jahr ausnahmsweise noch vor der Sommerpause des Bundestags statt. Anlass war vor allem das besondere Jubiläum, nämlich der 175. Jahrestag der Gründung der ersten deutschen Marine. Ort des historischen Geschehens war 1848 die Freie Stadt Frankfurt am Main, so dass 2023 die hessisches Landesvertretung in Berlin der Veranstaltungsort war. Über 200 Gäste waren gekommen, unter ihnen Abgeordnete des Bundestags genauso wie sonstige Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Politik, Diplomatie, Gesellschaft und Wirtschaft.

Die Gastgeberin Staatsministerin Lucia Puttrich, die Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund, würdigte in ihrer Begrüßung die Verbindungen, die die deutschen Seestreitkräfte auch historisch schon mit den Binnenländern pflegen. „Was uns besonders freut, ist, dass die Marine von Angang an auch die Verbindung zum Binnenland und den Ländern hatte“, sagte sie. „Wir freuen uns also darüber, dass die Schiffe auch auf Ländernamen getauft wurden, wo man einen besonderen Stolz hat, wo man eine besondere Verbindung hat. Und ich glaube, das sollte man auch nicht unterschätzen, für die Menschen, wenn eine Fregatte den Namen ‚Hessen‘ trägt.“ 

Ein historisches Beispiel für die neue Deutschlandgeschwindigkeit

Die zentrale Ansprache der Feierstunde aber hielt der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack. „Heute jährt sich zum 175. Mal die Geburtsstunde der Reichsflotte als erster gesamtdeutscher Marine der deutschen Geschichte“, begann er zunächst einen historischen Exkurs. „Am 14. Juni 1848 beschloss das erste frei gewählte Parlament Deutschlands in der Paulskirche in Frankfurt am Main binnen fünfeinhalb Stunden die Aufstellung einer Flotte.“ Mit überwältigender Mehrheit habe die gesamtdeutsche Nationalversammlung hierfür sechs Millionen Taler zur Verfügung gestellt. „Ich erlaube mir die kleine Spitze, dass diese sechs Millionen Taler schnell genutzt wurden. Und innerhalb von zwei Jahren zwölf Schiffe gekauft oder in Dienst gestellt wurden. Das ist Deutschlandtempo.“

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Marineinspekteur Kaack im Gespräch mit einer Vertreterin des diplomatischen Korps

Bundeswehr/Marcus Mohr

Diese ersten deutschen Seestreitkräfte verbänden mit den heutigen gemäß Kaack zwei wesentliche Elemente: „Beide Marinen unterlagen und unterliegen der parlamentarischen Kontrolle. Und die Besatzung der Schiffe dienen und dienten unter den Farben Schwarz-Rot-Gold, den Farben der bürgerlichen Revolution von 1848.“ Zusätzlich hatten beide vergleichbare Aufträge. Sie sollten gegen eine feindliche Blockade deutscher Häfen und zum Schutz der deutschen Handelsflotte dienen. 

„Leider hatte diese stolze Flotte ein abruptes Ende“, führte Kaack aus. „Sie überlebte nur vier Jahre und wurde mit dem Scheitern der Bemühungen um einen deutschen Nationalstaat abgewickelt.“ 

Der große Bogen von der Reichsflotte zur Deutschen Marine

Nach einer gebrochenen Marinegeschichte in der Folgezeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nähmen Bundesmarine und Deutsche Marine seit 1955 eine herausgehobene Rolle ein. „Dienen wir doch seit 67 Jahren einem demokratischen und freien Rechtsstaat“, betonte der Admiral. „Keine andere deutsche Marine hatte länger Bestand. 67 Jahre sind eine inzwischen prägende Epoche, an der wir mitarbeiten durften und auf die wir ausdrücklich stolz sein können.“ 

Jede Generation dieser demokratischen Marine habe sich großen Veränderungen stellen müssen, auch heute. „Nicht erst seit dem 24. Februar letzten Jahres stehen wir erneut vor einer gigantischen Herausforderung. Das unerwartete Handeln Russlands gegen den Frieden in Europa zwingt uns zu einer Hartruderlage und damit der klaren Priorisierung von Bündnis- und Landesverteidigung.“

Parallel ändere sich die Welt in rasender Geschwindigkeit. Megatrends wie künstliche Intelligenz, Demografiewandel, Hyperschallwaffen, der Einsatz autonomer Systeme gäben zunehmend den Takt an. Sie würden auch das Kriegsbild von Morgen wieder grundlegend verändern. Kaack zog einen maritimen Vergleich: „Wir befinden uns da mit einem Spannungsfeld vergleichbar einer Nebelfahrt ohne Radar. Und darin müssen wir heute den Kurs abstecken, ohne genau zu wissen, welche Lage uns erwarten wird.“

All das habe die Marine veranlasst, jetzt zu handeln. „Den Nebel des Krieges kann man nämlich nicht aussitzen“, so der Inspekteur. „Mit dem Zielbild der Marine ab 2035 wollen wir umfassend umsteuern – durch einen energischen Einstieg in unbemannte Systeme und künstliche Intelligenz.“

Die Zukunft der Marine: das Zielbild 2035+

Die Vision sei eine schlagkräftige, resiliente, demografiefeste und damit zukunftsfähige Marine. Sie solle als verlässlicher Partner der Verbündeten bereitstehen, sich in multidimensionalen Operationen durchsetzen und weiter als flexibles Instrument deutscher Außen- und Sicherheitspolitik zur Verfügung stehen können. 

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„Wer damals das erlebte, hatte keine Exit-Strategie, denn Seefahrt war und ist: Überleben. Auf See.“ Poesiematrose Stabsgefreite Veronica Scholz ebnete den Gästen einen emotionalen Zugang zur Flotte.

Bundeswehr/Marcus Mohr

„Das ist die Herausforderung der aktuellen Generation“, betonte Kaack. „Dieser Zeitenwende begegnen wir mit Entschlossenheit und spüren die Verantwortung auf unseren Schultern.“ Nach drei Jahrzehnten, in denen die Bundeswehr konsequent fürs internationale Krisenmanagement optimiert worden wäre, sei diese Aufgabe alles andere als trivial. Das gelte insbesondere für die Marine. Schiffe und Flugzeuge ließen sich nicht kurzfristig beschaffen und auch Führungskräfte oder Spezialisten seien nicht einfach marktverfügbar. „Ich bin aber absolut optimistisch“, erklärte der Inspekteur“, dass wir den richtigen Kurs für die Zukunft abgesteckt haben.“

Die praktischen Erfordernisse für diesen neuen Kurs spiegeln sich auch in den operativen Schwerpunkt der Marine für die nächsten Jahre. „Mit dem NATO-Gipfel 2022 in Madrid hat sich das Bündnis ein neues Streitkräftemodell beschlossen, in dem Deutschland sich verpflichtet hat, seine assignierten Kräfte zu verdoppeln und mehr regionale Führung zu übernehmen“, führte Kaack das aus. Für die Marine hieße das, dass ab übernächstem Jahr „nahezu alle operativ verfügbar stehenden Kampfeinheiten der Bestandsflotte in NATO-Verpflichtungen gebunden sein werden. Ein sehr ambitioniertes Ziel, dem wir uns verpflichtet haben und das zu erreichen uns viel Kraft kosten wird.“ 

Ambitionierte Kurskorrektur für die Bündnisverteidigung

Vorrangiger Einsatzraum für diese Marineverbände sei die gesamte NATO-Nordflanke mit den wichtigen Seeverbindungswegen von den USA nach Deutschland sowie weiter nach Finnland und ins Baltikum. Dabei sei die freie Nutzung der Ostsee für den Seehandel für Schweden und Finnland wie auch die baltischen Staaten überlebenswichtig. Im Oblast Kaliningrad existierten dagegen sehr ernstzunehmende militärische Fähigkeiten, die dies einschränken oder unterbinden könnten. Kaack kündigte an: „Darauf stellen wir uns in Ausrüstung, Ausbildung und Übungsbeteiligung zu einhundert Prozent ein.“ 

Gemäß dem Marinemotto „regional verwurzelt, global verpflichtet“ sprach der Inspekteur zuletzt aber auch das kommende Indo-Pacific Deployment der Marine kommendes Jahr an. Zwei Schiffe seien dafür fest eingeplant. „Damit unterstützen wir die Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung“, so Kaack, „und setzen ein klares Zeichen der Unterstützung für unsere Partner ebenso wie für eine regelbasierte Ordnung sowie die Sicherheit und Freiheit der Seewege.“ 

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