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Northern Viking: Seemanöver an der Nordatlantik-Flanke

Northern Viking: Seemanöver an der Nordatlantik-Flanke

Datum:
Ort:
in See
Lesedauer:
4 MIN

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Die Fregatte „Sachsen“ hat seit 2. April im multinationalen Verband nicht nur die Verteidigung des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verbündeten Island geübt.

Ein graues Kriegsschiff in See; im Hintergrund schneebedeckte Berge.

Die „Sachsen“ vor der Küste Islands

Bundeswehr/Lukas Kersten

Temperaturen um den Gefrierpunkt, eingeschränkte Sicht, stürmische See die Fregatte „Sachsen“ reitet durch meterhohe Wellen des Nordatlantiks. Ein feindliches Unterseeboot bedroht die Versorgung Islands. NATONorth Atlantic Treaty Organization-Schiffe sollen die Seewege freihalten.

„An alle Stellen!“, schallt es aus der Schiffslautsprecheranlage der „Sachsen“. „Wir haben ein U-Boot in Peilung Zwo-Sechs-Fünf und Abstand 22 nautische Meilen durch den deutschen Seefernaufklärer P-3C Orion gemeldet bekommen. Dazu: Besatzung auf Gefechtsstation!“ Das Klingelsignal für den Gefechtsalarm ertönt, die Besatzung zieht sich zusätzlich zum Bordanzug Flammschutz und Schwimmweste an. Und alle setzen die Gefechtshelme auf.

Ziel der Übung: das feindliche U-Boot bekämpfen, um die Sicherheit der Seewege nach Island wiederherzustellen. Zusammen mit dem französischen Zerstörer „Latouche-Tréville“ und der norwegischen Fregatte „Thor Heyerdahl“ verfolgt das deutsche Schiff das U-Boot. Schlussendlich wird es gemeinsam simuliert bekämpft.

Freie Seewege für den Inselstaat Island sichern

Mit der amerikanisch-isländischen Großübung Northern Viking trainieren Bündnismitglieder alle zwei Jahre die Verteidigung des Inselstaats und des sogenannten GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom Gap, also der Meerengen zwischen Grönland, Island und Großbritannien. Bereits während des Kalten Krieges hatte das GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom Gap eine große strategische Bedeutung: Nur nördlich oder südlich an Island vorbei gelangt man auf dem Seeweg von Osten unauffällig in den offenen Atlantik. Die Straße von Dover ist dafür zu schmal.

„Island kommt beim Schutz der Seeverbindungslinien zwischen Europa und Nordamerika eine entscheidende Rolle zu“, erklärt Fregattenkapitän Philipp Vögtle, Kommandant der Fregatte „Sachsen“. „Daher sind multinationale Übungen in diesem Seegebiet für meine Besatzung und mich eine hervorragende Gelegenheit, uns mit den geographischen Gegebenheiten dieses Operationsgebiets vertraut zu machen.“

  • Zwei Männer in orangefarbenen Schutzanzügen hocken auf dem Deck eines Schiffes vor einer dritten Person in Straßenkleidung.

    Boarding-Training auf der „Sachsen“: Zwei norwegische Sanitäter versorgen einen deutschen Übungsverletzten

    Bundeswehr/Janine Pirrwitz
  • Ein Festrumpfschlauchboot mit mehreren Personen in wasserfesten Anzügen; im Hintergrund ein graues Schiff.

    Ein Boardingteam der Isländischen Küstenwache, im Hintergrund das Patrouillenschiff „Thor“

    Isländische Küstenwache
  • Ein graues Schiff in See, quer an seinem Rumpf ein großer blau-weiß-roter Streifen.

    Patrouillenschiff „Freyja“. Islands Paramilitär ist klein: Die Küstenwache verfügt über nur drei Schiffe, die Krisenreaktionseinheit umfasst nur 200 Personen.

    US Navy/Jacob S. Richardson

„An Northern Viking 2022 nimmt die Deutsche Marine auf Einladung der USUnited States-Seestreitkräfte Europa teil“, bestätigt Fregattenkapitän Arne Pfingst aus dem Sachgebiet Übungen im Marinekommando. „Wir setzen damit ein weiteres Zeichen der transatlantischen Zusammenarbeit, hier insbesondere in der Bündnisverteidigung für den Partner Island.“

Das Seegebiet GIUKGreenland-Iceland-United-Kingdom Gap ist auch für Deutschland strategisch wichtig

Vor allem seien für die deutschen Seestreitkräfte die Übungsinhalte U-Boot-Abwehr und die Zusammenarbeit mit Bündnispartnern, hier besonders mit einer amerikanischen Trägergruppe, relevant. „Deshalb sind wir mit der Fregatte ‚Sachsen‘ und einem Maritime Patrol Aircraft vom Typ P-3C Orion dabei“, sagt Pfingst. „Gleichzeitig findet das Manöver in einem Seegebiet statt, das auch für die Deutsche Marine sehr interessant ist.“

Der Grund: Die Deutsche Marine ist im Ernstfall im Nordatlantik sowohl für die Bündnis- wie auch für die eigene Landesverteidigung im Einsatz. Sie schützt nicht nur die Seewege nach Island, sondern auch die zwischen Nordamerika und Europa.

Seit 1949 ist Island Mitglied der NATONorth Atlantic Treaty Organization, verfügt jedoch über keine eigenen regulären Streitkräfte. Allerdings besitzt es zwei paramilitärische Organisationen für die Landesverteidigung: eine Küstenwache und eine Krisenreaktionseinheit, die Icelandic Crisis Response Unit. Beide waren bei Northern Viking beteiligt, die Küstenwache mit den Patrouillenschiffen „Thor“ und „Freyja“.

Ein Hubschrauber auf dem Flugdeck eines Schiffes.

Fremde Flugdecks kennenlernen: Hier ist ein Alouette III der französischen Marine Nationale auf der deutschen Fregatte gelandet. Solche Übungsabschnitte trainieren die praktische Interoperabilität zwischen den Bündnispartnern.

Bundeswehr/Janine Pirrwitz
Ein graues Kriegsschiff in See.

Die „Latouche-Tréville“ demonstriert feine Unterschiede im Bündnis. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization hat das Schiff als Zerstörer klassifiziert, die französische Marine bezeichnet es aber als Fregatte – passend zu seiner Hauptfunktion als U-Boot-Jäger.

Bundeswehr/Janine Pirrwitz

Verteidigungsbereitschaft erfordert viele Einzelfähigkeiten

In anderen Szenarien außer der U-Boot-Abwehr hat der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Manöververband auch die Verteidigung gegen feindliche Kriegsschiffe und Flugzeuge geübt. „Wer im Ernstfall gemeinsam kämpfen will, muss die in der NATONorth Atlantic Treaty Organization angewendeten Verfahren und Abläufe immer wieder zusammen üben und auch im internationalen Umfeld beherrschen“, betont Kommandant Vögtle.

Daher haben die Marinesoldatinnen und -soldaten neben der Abwehr verschiedener Bedrohungen über und unter Wasser auch viele Verfahren in Einzelübungen trainiert: zum Beispiel ein scharfes Schießen im Verband, Versorgung in See, Flugbetrieb mit unterschiedlichen Bordhubschraubern oder Fahren in Formation.

Speziell die Teilnahme des amerikanischen Hubschrauberträgers USSUnited States Ship „Kearsarge“ und seiner amphibischen Kräfte, des Jagd-U-Boots USSUnited States Ship „John Warner“ sowie des Versorgungsschiffs USNSUnited States Naval Ship „Patuxent“ ermöglichte, eine Fülle an Fähigkeiten im Portfolio der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu trainieren. Gemäß den USUnited States-Seestreitkräften Europa gehörten dazu auch Landungsoperationen, Seenotrettung, militärischer Basenbau und humanitäre Hilfe.

Für die „Sachsen“ machte eine gemeinsame Boardingübung die Stärke der Bündnispartner besonders deutlich. Die Besatzung der deutschen Fregatte stellte die Crew eines Containerschiffes dar, das im Rahmen eines Embargos auf Waffen und Munition durchsucht werden sollte. Französische und isländische Boardingsoldaten durchsuchten das Containerschiff und befragten die Seeleute. Norwegische Soldaten sicherten das Geschehen und hielten sich für medizinische Notfallversorgung bereit.

Überwachung des freien Seeverkehrs in multinationaler Kooperation

„Insbesondere bei solchen Übungsabschnitten sieht jedes Besatzungsmitglied deutlich, was internationale Zusammenarbeit ist: Isländer, Amerikaner, Franzosen, Norweger, Portugiesen, Briten und Deutsche üben Seite an Seite für ein gemeines Ziel – die Verteidigung unserer Freiheit“, so Fregattenkapitän Vögtle.

Ein Hubschrauberträger in See; im Hintergrund zwei weitere graue Kriegsschiffe.

Die „Sachsen“ ist auf Luftverteidigung für ganze Schiffsverbände spezialisiert. Mit einem USUnited States-Träger, hier dem Hubschrauberträger „Kearsarge“ zu üben, war daher für die Fregatte (links hinten-mittig im Bild) und ihre Besatzung besonders wertvoll.

US Navy/Jesse Schwab
Ein graues Schiff in See.

Die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Marinen verfügen über viele verschiedene Typen von Flottentankern, aber technische Standards sind einheitlich im Bündnis. Mit der amerikanischen „Patuxent“ zu üben, war für viele auf der „Sachsen“ neu, der Tankstutzen aber nicht.

Bundeswehr/Janine Pirrwitz

Am 14. April ist die „Sachsen“ von Northern Viking in ihren Heimathafen zurückgekehrt. Bevor die Besatzung wieder in See stechen und im Juni am Großmanöver BALTOPSBaltic Operations teilnehmen wird, werden die Männer und Frauen Ostern zuhause verbringen. Neben vielen neuen fachlichen Erfahrungen und Erkenntnissen haben die deutschen Soldatinnen und Soldaten unbezahlbare bleibende Eindrücke im persönlichen Gepäck: von Islands schneebedeckten Bergketten, von Schwertwalen vor Islands Küsten und der Aurora Borealis, den Polarlichtern.

Die Übung Northern Viking 2022 war in vielerlei Hinsicht ein Gewinn“, fasst der Kommandant zusammen. „Ich bin sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit und mit meiner Besatzung. Wir freuen uns schon jetzt darauf, einige der Übungspartner bei weiteren NATONorth Atlantic Treaty Organization-Manövern noch in diesem Jahr wiederzusehen.“

von Philipp Schlee  E-Mail schreiben

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