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Erste Bilanz von Northern Coasts 2023

Erste Bilanz von Northern Coasts 2023

Datum:
Ort:
Rostock
Lesedauer:
4 MIN

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Am maritimen Großmanöver unter deutscher Führung in der Ostsee haben 14 NATO- und EUEuropäische Union-Partner teilgenommen. Die militärischen Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung von mehr als 3.200 Soldatinnen und Soldaten waren rund um die Uhr gefordert. Sie konnten den Großteil ihres Trainingsprogramms umsetzen.  

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Der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Frank Lenski, auf Truppenbesuch bei Northern Coasts 2023 am 18. September

2023 Bundeswehr/Nico Theska

Northern Coasts 2023, kurz auch NOCO23, dauerte vom 9. bis zum 20. September. Der erste große Abschnitt der maritimen Großübung bis zum 17. September verlief wie vorab detailliert geplant. Für diese Phase, dem Combat Enhancement Training/Force Integration Training (CETCombat Enhancement Training/FITForce Integration Training), waren insgesamt knapp 90 Einzelübungen vorgesehen gewesen. Nur wenige Änderungen im täglichen Übungsprogramm waren erforderlich. Das geht aus ersten internen Auswertungen der Übungsleitung hervor.

Neben den direkten Übungsverantwortlichen zeigt sich auch der deutsche Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Frank Lenski, zufrieden. „Um den Schutz unseres Landes und unserer Verbündeten zu gewährleisten, bedarf es vor allem regelmäßiger Übungen, kontinuierlicher Präsenz und ständiger Wachsamkeit – gemeinsam mit unseren Partnern in der NATO und in der EUEuropäische Union“, erklärt er. „Northern Coasts 2023 hat diese Bemühungen direkt unterstützt. Ich bin mit dem bisher vorliegenden Auswertungsergebnis sehr zufrieden.“

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Der Medientag 18. September diente zugleich für den Truppenbesuch von militärischen Verantwortungsträgern. Hier der deutsche Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Frank Lenski, im Gespräch mit italienischen Marineinfanteristen der Brigade „San Marco“

Bundeswehr/Nico Theska

Die vorläufige Evaluation bewertet die tatsächlich durchgeführten Einzelübungen, militärisch-fachlich Serials genannt, überwiegend positiv. Etwas mehr als die Hälfte der sogenannten Serials befasste sich mit grundlegenden Manövern, die kommunikationstechnische, seemännische, fliegerische und taktische Verfahren übten. Dazu gehörten zum Beispiel das schnelle Umpositionieren in Formation genauso wie der Personaltransfer per Hubschrauber oder die Abstimmung des Datenaustauschs per Funk- und Satellitenverbindungen.

Ein Übungsspektrum von Grundlegendem bis zu komplexen Szenarien

In die verschiedenen Serials waren in der Regel nur je eine Handvoll Schiffe involviert. Dafür verliefen viele Einzelübungen gleichzeitig, um so viele Angehörige des „Training Audience“ wie möglich zu beteiligen. So arbeiteten alle Besatzungsangehörigen der an NOCO23 teilnehmenden Schiffe und Boote – wie auch das Personal der Einheiten an Land und nicht zuletzt des Führungsstabs DEU MARFORGerman Maritime Forces – Tag und Nacht ihre jeweiligen individuellen Übungsvorhaben gemäß Serial-Plan ab.

Über 30 Serials dienten dazu, dass die Beteiligten sich in den drei Hauptgebieten der Seekriegsführung trainierten: dem Überwasserkampf, der Luftverteidigung und der U-Boot-Abwehr. So waren die wohl komplexesten CETCombat Enhancement Training/FITForce Integration Training-Serials die U-Jagd-Übungen unter zusätzlicher Luftbedrohung. Die sechs beteiligten dänischen, deutschen, niederländischen und französischen Fregatten beziehungsweise Zerstörer mussten hierbei den Einsatz ihrer Sonargeräte und ihrer Bordhubschrauber untereinander sowie mit einem unterstützenden Seefernaufklärer koordinieren. Ihr gemeinsames Ziel war, ein angreifendes Unterseeboot zu entdecken und abzuwehren. Die zeitgleiche Gefahr aus der Luft simulierten Zieldarstellungsflugzeuge einer zivilen Firma. 

Eine Infografik
Bundeswehr/Marcus Mohr

Die Übungsabsicht des deutschen „U 36“ hingegen war, ein sogenanntes Hochwertziel, wie zum Beispiel das amerikanische Landungsschiff „Mesa Verde“ oder einen der beiden deutschen Flottentanker „Rhön“ und „Spessart“, zu finden und anzugreifen. Diese sogenannten Combined Anti-Submarine Exercises dauerten mehrere Stunden und verliefen teils von spätabends bis in die frühen Morgenstunden. 

„Gerade die Komplexität solcher Serials führt zu einer Stärkung der Interoperabilität der eingesetzten eigenen See- und Luftstreitkräfte“, urteilt Korvettenkapitän Benjamin M. Er leitet das Evaluierungsteam für Northern Coasts 2023. „‚U 36‘ als realer Ziel- und Gegnerdarsteller war für alle Beteiligten ein großer Zugewinn.“ Die Information, ob die Fregatten oder das U-Boot ihr jeweiliges Ziel abwehren oder zerstören konnten, bleibt allerdings eingestuft.

Die simulierte Bündnisverteidigung hat reale Ergebnisse als Nebenprodukt

Neben den rein simulierten Seekriegsszenarios können die Minenabwehrkräfte, die in NOCO23 involviert waren, neben dem Erreichen ihrer eigenen Übungsziele auch reale Erfolge melden. Die Minenjagd- und Minensuchboote aus Polen, Kanada, Belgien, Deutschland und den drei baltischen Staaten entdeckten an zwölf Stellen im Übungsgebiet vor den Küsten Lettlands und Estlands gefährliche Altmunition aus den vergangenen Weltkriegen. Zehn Munitionsfunde beseitigten sie vor Ort, teils durch eine gezielte Sprengung. Zwei Funde konnten sie aufgrund Risiken für die Umwelt und den zivilen Schiffsverkehr nicht zerstören, aber an örtliche Behörden weitermelden.

Eine Infografik.

Aufteilung und Aufgaben der verschiedenen Task Groups des Manövers Northern Coasts 2023. Die grundlegende Struktur bleibt jedes Jahr sehr ähnlich, aber die Teilnehmer wechseln durch.

Bundeswehr/Peter Brandenburg

Musste die Übungsleitung einzelne Serials verschieben oder sogar streichen, war die Ursache in der Regel die Witterung beziehungsweise Rücksichtnahme auf Sicherheit. So verzögerte zum Beispiel am 12. September starker Nebel über der mittleren Ostsee eine erste amphibische Landungsübung amerikanischer, italienischer und deutscher Marineinfanteristen um mehrere Stunden. Schließlich fällte die Führung auf dem USUnited States-Docklandungsschiff USSUnited States Ship „Mesa Verde“ in Absprache mit der Übungsleitung die Entscheidung, auf den Transport per Kipprotorflugzeug zu verzichten und stattdessen alle Truppen per Luftkissenboot an den Landestrand zu bringen.

Schlechtes Wetter verkürzte dann auch den zweiten großen Abschnitt des Manövers, die sogenannte OPS-Phase, von geplanten vier auf zweieinhalb Tage, die Gesamtdauer von Northern Coasts 2023 also um weniger als ein Fünftel. Über das Übungsgebiet zog in der zweiten Manöverwoche ein Sturmtief mit bis zu fünf Metern Wellenhöhe. „Bei jeder realen Operationsplanung müssen Wetterbedingungen einkalkuliert werden“, erläutert Korvettenkapitän M. „Bei Übungen aber geht die Sicherheit des Personals immer vor.“

DEU MARFORGerman Maritime Forces als regionales NATO-Marinehauptquartier für die Ostsee

Im Stab DEU MARFORGerman Maritime Forces wird sich das Evaluationsteam in den kommenden Wochen mit einer detaillierten Auswertung des gesamten Manövers befassen, inklusive der verkürzten OPS- beziehungsweise Free-Play-Phase. Die Ergebnisse fließen dann in die Planung von Northern Coasts 2024 ein, die wieder Deutschland übernimmt. Auf den knapp 100-köpfigen, multinational zusammengesetzten Marine-Führungsstab in Rostock kommt damit wieder Verantwortung zu.

Für Befehlshaber der Flotte Lenski fügt sich das zu einem größeren Bild. Er weist auf einen weiteren Meilenstein im Zusammenhang mit Northern Coasts hin. „Anlässlich des NATO-Gipfels 2022 in Madrid hatte Bundeskanzler Scholz angeboten, ein regionales maritimes Hauptquartier für die Ostsee bereitzustellen“, sagt der Admiral. „Nun hat der deutsche Generalinspekteur am 7. September dem NATO-Oberbefehlshaber SACEURSupreme Allied Commander Europe in Brüssel formell anbieten können, dass der deutsche Stab DEU MARFORGerman Maritime Forces die Rolle eines ‚Commander Task Force Baltic‘ übernehmen kann – gemäß der künftigen maritimen Kommando- und Kontrollstruktur der NATO.“

von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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