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Startschuss

Northern Coasts 2023: So realistisch wie möglich

Northern Coasts 2023: So realistisch wie möglich

Datum:
Ort:
Lettland
Lesedauer:
3 MIN

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Mit dem Auslaufen der Schiffe des Manöververbands aus Riga am 11. September hat die Seephase von Northern Coasts 2023 begonnen. Das ist der eigentliche Beginn der maritimen Großübung in der zentralen Ostsee, an der rund 30 Marineschiffe von 14 Nationen beteiligt sind.

Zwei Soldaten stehen auf einem Schiff und schütteln sich die Hand. Im Hintergrund sind zwei Schiffe.

Zur Auftakt-Pressekonferenz im Hafen von Riga am 8. September waren der Marinechef Litauens, Kapitän zur See Maris Polencs, (links) und der deutsche Übungsverantwortliche, Flottillenadmiral Stephan Haisch, (rechts) gekommen

Bundeswehr/Leon Rodewald

Für die über 3.000 Marinesoldatinnen und -soldaten beginnen damit intensive zwei Wochen in See. In der ersten Woche bis zum 18. September findet das sogenannte Combat Enhancement und Force Integration Training (CETCombat Enhancement Training-FITForce Integration Training) statt. Diese Phase verläuft quasi entlang eines Stundenplanes mit vielen kleineren Einzelübungen, die vor allem zum Ziel haben, dass die Mannschaften der Schiffe und Boote reibungslos miteinander zusammenarbeiten können. Zu diesen Einzelübungen gehört zum Beispiel das Fahren im Verband, das Abschleppen in See oder die gemeinsame Abwehr von angreifenden Flugzeugen.

„Eines der Ziele von Northern Coasts 2023 ist von größter Bedeutung: Train as you fight – übe wie du kämpfst“, sagt dazu Flottillenadmiral Stephan Haisch. „Mit anderen Worten: Die Übung ist so nah an der Realität wie möglich.“ 

Haisch ist der Kommandeur des gesamten Manöververbands, der Task Force 421, und gleichzeitig der Exercise Director, also der oberste Planer und Schiedsrichter der Großübung. Er und sein Stab, vornehmlich Personal des Führungsstabs DEU MARFORGerman Maritime Forces, leiten das Marinemanöver vor den Küsten Lettlands und Estlands von Rostock an der deutschen Ostseeküste aus. Als Commander Task Force sind ihm fünf einzelne Task Groups unterstellt: zwei Überwasser-Kampfverbände mit hauptsächlich Fregatten, ein großer Minenabwehrverband, ein Verband aus Langstrecken-Aufklärungsflugzeugen sowie eine amphibische Kampfgruppe mit einem großen Landungsschiff und einem Bataillon Marineinfanterie.

Führung aus Deutschland für internationale Marineverbände

Ein Schiff fährt über ein Gewässer. Im Hintergrund sind weitere Schiffe zu sehen.

Nach dem Auslaufen am 11. September verteilen sich die Northern-Coasts-Teilnehmer auf ihre Manöververbände. Diese Task Groups sind nach Fähigkeiten der Kriegsschiffe sortiert. Hier die dänische Fregatte „Peter Willemoes“, dahinter Minenjagdboote

Bundeswehr/Leon Rodewald

Der Admiral erklärt den Verlauf von Northern Coasts 2023: „In der zweiten Woche gehen wir mit den Task Groups in eine Free-Play-Phase. Hier haben wir sorgfältig ein Übungsskript vorbereitet, das auf bestehenden Plänen für die kollektive Verteidigung der baltischen Staaten basiert. Innerhalb dieses Rahmens werden die Einheiten durch unsere Übungsleitung in Rostock zu Aktionen und Reaktionen veranlasst.“ 

Das sei für ihn und sein Führungsteam in der sogenannten Exercise Control eine besondere Herausforderung. „Wir wissen nicht, wie die Einheiten auf das Drehbuch reagieren werden“, sagt Haisch und zeigt sich zuversichtlich. „Hoffentlich reagieren sie so, wie wir es geplant haben, denn wir müssen generell unser Drehbuch im Kopf haben. Aber es ist ein freies Spiel und wir sollten eine Menge Action auslösen.“ 

Welche Bedeutung die Realitätsnähe von Northern Coasts 2023 hat, betont auch der Kommandeur der lettischen Marine, Kapitän zur See Maris Polencs: „Das Szenario der kollektiven Verteidigung von Northern Coasts 2023 ist für die Optimierung der Interoperabilität zwischen den beteiligten See- und Luftstreitkräften unerlässlich.“ Auch Polencs ist positiv gestimmt: „Der Umfang, die Komplexität und die Intensität der Übung können sich sehen lassen. Wir müssen ehrgeizig sein, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen.“ 

Das Manöverszenario übt gezielt die Verteidigung des Baltikums

Als Vertreter des Gastlandes Lettlands ist ihm, ähnlich wie in allen Ländern des Baltikums, der sicherheitspolitische Zusammenhang der Übung besonders bewusst. „Der anhaltende Krieg in der Ukraine hat nachhaltige Auswirkungen auf alle baltischen Staaten gehabt“, erklärt Polencs. „Er hat deutlich gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten und den regionalen Seestreitkräften intensiviert werden muss.“

Zwei Soldaten schießen mit einer Bordwaffe auf ein Seeziel.

Das Großmanöver beginnt mit vielen kleinen Einzelübungen, Serials genannt. Hier niederländische Marinesoldaten beim Seezielschießen mit einem schweren Maschinengewehr. Im Ernstfall dient das vor allem dazu, kleine, angreifenden Speedboote abzuwehren.

Royal Netherlands Navy

Es gebe ein bekanntes römisches Sprichwort, führt Polencs aus. Wer den Frieden wolle, müsse den Krieg vorbereiten. „Das bedeutet, dass man sich nicht erst auf den Krieg vorbereiten sollte, wenn dieser unmittelbar bevorsteht“, sagt der Lette. „Es gilt vielmehr vorbereitet zu sein, auch wenn die Zeiten friedlich sind.“

Auch für den deutschen Exercise Director Stephan Haisch befindet sich die gesamte Ostsee in einem friedlichen Normalzustand. Keiner der Übungsbeteiligten rechnet mit konfrontativen Begegnungen zum Beispiel mit russischen Marineschiffen während des Verlaufs von Northern Coasts 2023 oder danach. Zudem soll Russland laut Medienberichten seine Übungstätigkeiten in der Region dieses Jahr deutlich eingeschränkt haben.

Auch angesichts dessen betont Admiral Haisch noch einmal die Relevanz von Grundlagen für alle Beteiligten von Northern Coasts 2023. „Die Kenntnis des Gebiets, die Kenntnis der Verbündeten und Partner, die Kenntnis des potentiellen Gegners und seiner Fähigkeiten sind gerade in dieser Region der Ostsee von entscheidender Bedeutung“, führt er aus. „Intensive Zusammenarbeit, permanente Abstimmung sowie eine klare Führungsstruktur sind die Schlüsselfaktoren für das erfolgreiche Planen und Führen von maritimen Operationen.“

von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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