Nach Neptune Strike ist vor Neptune Strike
Nach Neptune Strike ist vor Neptune Strike
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- Rostock
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Seit 2021 demonstriert die NATONorth Atlantic Treaty Organization ihre Fähigkeit, selbst vom Mittelmeer aus bis an die Nordostflanke des Bündnisses im Ostseeraum zu wirken. Beteiligt sind vor allem Flugzeugträger der USA, unterstützt von verbündeten Seestreitkräften – darunter auch die Deutsche Marine.
Am 28. Februar hat die NATONorth Atlantic Treaty Organization die neuntägige Wachsamkeitsaktivität Neptune Strike 2023.1 abgeschlossen. 31 Schiffe, 135 Flugzeuge und Hubschrauber sowie über 8.000 Soldatinnen und Soldaten aus 21 Ländern waren beteiligt. Das Besondere an dieser Phase des sogenannten Neptune-Projekts war die Kooperation eines amerikanischen Flugzeugträgers mit weiteren Trägern europäischer Verbündeter.
Diese Ausführungsphase des Großvorhabens stand unter dem Befehl von Vizeadmiral Thomas Ishee, Kommandeur der 6. USUnited States-Flotte und zugleich Kommandeur von STRIKFORNATONaval Striking and Support Forces NATO. Der Stab dieses alliierten Marinehauptquartiers hatte auch das Vorhaben geplant und geleitet. „Ich bin stolz auf die Leistung dieses Teams, das bei der Durchführung äußerst komplexer High-End-Aktivitäten seine Beweglichkeit unter Beweis gestellt hat“, so Ishee.
Hintergrund: Das Neptune-Projekt läuft bereits seit 2020
Neptune Strike ist die Ausführung einer Reihe von Maßnahmen, die NATONorth Atlantic Treaty Organization und USUnited States Navy bereits vor drei Jahren konzipiert hatten. Aufgabe des Gesamtprojekts ist, die komplizierte Integration einer USUnited States-Flugzeugträger-Kampfgruppe in NATONorth Atlantic Treaty Organization-Strukturen umzusetzen.
Zu den bisherigen Maßnahmen der Neptune-Reihe gehörten 2021 zunächst reine Table-Top-Übungen im Hauptquartier der 6. USUnited States-Flotte in Neapel und eine Einschiffung von STRIKFORNATONaval Striking and Support Forces NATO-Personal aus Lissabon an Bord des Flaggschiffs der 6. USUnited States-Flotte, der USSUnited States Ship „Mount Whitney“. Dieser Teil des Projekts hieß Neptune Challenge. Dazu wurden die Stäbe der beiden Hauptquartiere auf dem amerikanischen Führungsschiff integriert. Sie entwickelten erforderliche Verfahren für die praktische Umsetzung des Projekts: wie zum Beispiel für die USUnited States-Marineflieger die Umstellung von amerikanischen Rules of Engagement auf die anders gearteten Einsatzregeln der NATONorth Atlantic Treaty Organization.
Ziel des Projekts und seiner praktischen militärischen Übungen ist, dass die NATONorth Atlantic Treaty Organization zur Verteidigung des Bündnisgebiets in Europa reibungslos über die Fähigkeiten von USUnited States-Flugzeugträgern verfügen kann. Dazu gehört auch der Einsatz der amerikanischen Marine-Kampfflugzeuge tief im Landesinnern des Kontinents. Deshalb sind in die Ausführungsphasen von Neptune Strike nicht nur Partner-Seestreitkräfte, sondern auch verschiedene Luftwaffen sowie Führungskommando des Bündnisses involviert.
Neptune Strike im Januar und Februar 2022 hatte die bisherigen theoretischen Vorbereitungen mit der tatsächlichen Einbindung des Flugzeugträgers USSUnited States Ship „Harry S. Truman“ und seines Begleitverbands umgesetzt. Die 6. USUnited States-Flotte hatte dafür das Kommando über diese Carrier Strike Group an STRIKFORNATONaval Striking and Support Forces NATO übergeben.
Die praktische Ausführung begann kurz vor Russlands Vollinvasion der Ukraine
Die Operation begann am 24. Januar von der Adria aus und umfasste Einsätze zu Wasser und in der Luft in fast ganz Europa. Daher waren auch die beiden Joint Forces Commands Brunssum und Neapel involviert. JFCJoint Force Command Brunssum und JFCJoint Force Command Naples sind beides teilstreitkraft-übergreifende Hauptquartiere, die in einem Ernstfall sowohl Heeres- als auch Luftwaffen- und Marineverbände der NATONorth Atlantic Treaty Organization befehligen würden. Diese erste Ausführungsphase, Neptune Strike 2022.1 genannt, endete nach knapp zwei Wochen am 4. Februar.
Nur gut drei Wochen später spitzte sich der Konflikt in der Ukraine mit der vollen Invasion des Landes durch Russland zu. Seither betrachtet die NATONorth Atlantic Treaty Organization sie als Teil ihrer erhöhten Wachsamkeitmaßnahmen, der enhanced Vigilance Activities, besonders an der Ostflanke des Bündnisses.
Einen Monat später, im März, übte die „Harry S. Truman“, wieder unter direktem Befehl der 6. USUnited States-Flotte, mit dem französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ und dem italienischen Träger „Cavour“. Das amerikanische Schiff und sein gesamter Verband profitierten dabei von der bereits bei Neptune Strike 2022.1 gewonnenen Erfahrung.
Neptune Shield im Mai 2022 war die nächste Übung der Reihe. Dabei kehrte die „Harry S. Truman“, weiter im Mittelmeer befindlich, wieder vorübergehend unter NATONorth Atlantic Treaty Organization-Kontrolle zurück. Ebenso eingebunden war dieses Mal auch eine amphibische Kampfgruppe der USUnited States Navy um den Hubschrauberträger USSUnited States Ship „Kearsarge“, die hauptsächlich in der Ostsee operierte.
Neptune Strike 2022.2 im Oktober war die dritte praktische Umsetzung des Neptune-Projekts im vergangenen Jahr. Damit verbundene einzelne Übungseinsätze liefen wiederum auf See, in der Luft und am Boden in ganz Europa.
Bisheriger Höhepunkt ist Neptune Strike mit vier Flugzeugträgern dieses Jahr
Neptune Strike 2023.1 im Februar 2023 schließlich konzentrierte sich auf drei Flugzeugträger-Kampfgruppen im Mittelmeer: der USSUnited States Ship „George H.W. Bush“, der italienischen „Cavour“ und der spanischen „Juan Carlos I.“. Sie brachten verschiedene Kampfflugzeuge zum Einsatz, darunter italienische F-35B, amerikanische F/A-18 in den Varianten E, F und G sowie spanische AV-8B. Weitere Unterstützung kam aus Griechenland, der Türkei, Kroatien, Ungarn, den Niederlanden, Albanien, Großbritannien – und aus Deutschland.
„Aktivitäten wie Neptune Strike sind großartige Gelegenheiten, die Interoperabilität des Bündnisses zu vertiefen“, erklärte Kapitän zur See Dave Pollard, der Kommandant der „George H.W. Bush“. „Die Stärke des Bündnisses gegenüber regionalen Gegnern zu präsentieren, bietet Diplomaten die Möglichkeit, aus einer Position der Stärke heraus zu handeln.“
In der Ostsee nahmen die deutsche Fregatte „Hessen“ und der Zerstörer USSUnited States Ship „Arleigh Burke“ an simulierten Zielübungen teil. Sie stellten damit die Fähigkeit der NATONorth Atlantic Treaty Organization unter Beweis, sich über große Entfernungen und in unterschiedlichen Umgebungen zu koordinieren. Ein Schwesterschiff der „Hessen“, die „Sachsen“, stellte währenddessen zeitweise einen angenommenen Gegner dar.
Insgesamt gab es im Verlauf von Neptune Strike 2023.1 knapp 200 Flugzeugeinsätze, zwei gemeinsame Übungen zur Bergung von Personal und zwei simulierte Angriffsoperationen mit den drei Trägern. Es war das erste Mal, dass drei Flugzeugträger unter NATONorth Atlantic Treaty Organization-Flagge Angriffe dieser Art trainiert haben.
Für einige Tage schloss sich ihnen auch die französische „Charles de Gaulle“ mit ihren Rafale-Kampfjets an. Die vier Trägergruppen übten gemeinsam Angriff und Verteidigung ihrer Verbände.
Einfallsreichtum und Hartnäckigkeit für integrierte Abschreckung und Verteidigung
Für das Hauptquartier STRIKFORNATONaval Striking and Support Forces NATO sei Neptune Strike 2023.1 laut eigenem Bericht die „natürliche Weiterentwicklung“, die modernen maritimen Angriffsfähigkeiten der alliierten Flugzeugträger-Kampfgruppen für Verteidigungszwecke zu integrieren.
„Das Sicherheitsumfeld ist unsicher, die Fähigkeiten und der Wille der NATONorth Atlantic Treaty Organization sind es nicht“, resümierte Admiral Ishee. „Der Einfallsreichtum und die Hartnäckigkeit, die unsere Seeleute, Marineinfanteristen und Marineflieger an den Tag legen, schrecken vor Aggressionen ab. Sie zeigen, dass wir bereit sind, das Bündnis zu verteidigen.“