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Interview

Marinelogistik: „Es hat mich Wertschätzung gelehrt“

Marinelogistik: „Es hat mich Wertschätzung gelehrt“

Datum:
Ort:
in See
Lesedauer:
5 MIN

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Einsatzgruppenversorger liefern Marineverbänden in See alle notwendigen Ressourcen wie Kraftstoff, Verpflegung, Ersatzteile und Munition. Dass die nie ausgehen und rechtzeitig nachbeschafft werden, ist Aufgabe der Logistiker an Bord. Obermaat Emanuel H. ist einer von ihnen.

Ein Mann mit Brille schaut in die Kamera, im Hintergrund verschwimmt das Meer.

Emanuel ist während des Indo-Pacific Deployments auf dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ unterwegs. Die Mütze, die er trägt, tauschte er im letzten Hafenaufenthalt mit einem USUnited States-Kameraden.

Bundeswehr/Philipp Schäfer

Emanuel, stelle dich bitte kurz vor.

Ich komme aus Kassel in Nordhessen. Ich bin 32 Jahre jung und ledig, habe aber hier auf der „Frankfurt am Main“ eine Partnerin. Mein mir wichtigstes Hobby ist der Kraftsport und mein größter Ausgleich. Sonst bin ich eher ein Naturbursche und verbringe gerne viel Zeit draußen und natürlich mit meinen Freunden und den Liebsten.

Wie bist du zur Marine gekommen und wie verlief dein Werdegang seitdem?

Begonnen habe ich 2011 im neunmonatigen Grundwehrdienst beim Heer. Ich merkte bereits, dass der Soldatenberuf mir liegt. Bevor ich mich aber weiter verpflichtete, erlernte ich im Zivilen erst mal den Beruf des Logistikers. Nach der Ausbildung und zwei Jahren als Geselle spürte ich den Drang nach Veränderung. Einem Termin im Karrierecenter der Bundeswehr folgte der Vorschlag, zur Marine zu gehen. Ich informierte mich und war gewillt, aus dem gewohnten Umfeld rauskommen zu wollen. 

2017 in Wilhelmshaven an Bord der „Frankfurt am Main“ angekommen, war ich echt überwältigt von alldem, was da auf mich einströmte. Es war nicht nur der Beruf bei der Marine, auch die vielen Nebenaufgaben sorgten für neue Eindrücke. Nach nun fast sieben Jahren auf dem Schiff lerne ich jeden Tag immer noch Neues dazu.

Hat dich deine Zeit bei der Marine als Mensch verändert?

Es hat mich Wertschätzung gelehrt. Für das, was ich zu Hause habe, mein Umfeld, meine Mutter, meine Freunde und viele Kleinigkeiten. Wie zum Beispiel abends in den eigenen vier Wänden auf der Couch sitzen zu können, mit der Freundin und gutem Essen. Dafür bin ich dankbar. Die aktuelle siebenmonatige Seefahrt des Indo-Pacific Deployment ist insgesamt meine vierte größere Tour. 

Was ist deine Aufgabe auf dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“?

Meine Hauptaufgabe liegt in der Logistik, im Marinedeutsch: die Versorgung. Primär kümmere ich mich um die Buchung des verbrauchten oder abgegebenen Betriebsstoffs im dafür vorgesehenen Computersystem. Eine monatliche Inventur mache ich mit dem Ersten Schiffsversorgungsoffizier. Ich bin für die Nachbestellung von persönlicher Ausstattung, sprich Bekleidung und Büromittel, zuständig. Und auch die Schadensbearbeitung bei Verlust gehört zu meinen Aufgaben.

Ein Mann in brauner Marineuniform spricht in ein Handmikrofon

Reges Treiben auf der Brücke der „Frankfurt am Main“. Emanuel macht während seiner Seewache eine Durchsage über die Schiffslautsprecheranlage.

Bundeswehr/Philipp Schäfer

Als Nebentätigkeit bin ich als Brückenmaat der Wache eingesetzt, um den fahrenden Wachhabenden Offizier zu unterstützen. Dazu gehört, Telefonate entgegennehmen, Durchsagen über die Lautsprecher machen, das Personal auf der Brücke überwachen und die Ausbildung neuer Soldatinnen und Soldaten. Diese Aufgabe macht mir Spaß, auch weil ich da erst reinwachsen musste. Der Vorteil auf der Brücke: Man bekommt viele schöne Sonnenaufgänge oder Sternenhimmel mit. Das ist in meinem Beruf als Logistiker unten im Schiff fast ausgeschlossen. Zusätzlich bin ich für die militärische Wache im Hafen eingeteilt. 

Wie viele Personen arbeiten in der Versorgung?

Unser junges Team besteht aus zwei Meistern, sechs Unteroffizieren und sieben Mannschaftssoldaten. Unser Motto ist: „Logistik voran!“

Wo siehst du dich nach sieben Jahren hier an Bord?

Tatsächlich habe ich schon viel an Bord gelernt und viele Dinge sind für mich Routine. Aber gerade auf so besonderen Touren wie hier beim Indo-Pacific Deployment gibt es immer noch viel Neues zu erlernen. Kein Tag gleicht dem anderen und es gibt eine ständige Dynamik, die ich als sehr gut empfinde. Die Aufgaben unseres Einsatzgruppenversorgers und meine Aufgabe als Versorger werden aktuell sehr gefordert. Wir können uns sehr gut unter Beweis stellen und das motiviert mich nochmal zusätzlich.

Wie sieht so ein gewohnter Tagesablauf für dich während der Seefahrt aus?

Es fängt mit der täglichen Büroarbeit an: Buchungen, Bestellungen und Sachschadensbearbeitung. Dazu kommt meine Seewache auf der Brücke. Darüber hinaus ist mir die tägliche Zeit mit meiner Freundin hier an Bord und auch Sport ganz wichtig. Gerade die vertrauten Gespräche mit meiner „besseren Hälfte“ möchte ich hervorheben, die mir Ballast von den Schultern nimmt. Es ist schön, einen so wichtigen Menschen so nah zu wissen und mit ihm die gleichen Erfahrungen zu teilen.

Hast du Heimweh?

Das habe ich gut im Griff, da ich, wie gesagt, meine Freundin hier auf dem Schiff habe. Es sind da „nur“ meine Mutter und die Kumpels, die ich nicht sehen kann. Ich genieße von ihnen einen guten Rückhalt. Es fehlen natürlich die Geburtstage und Zusammentreffen, an denen man nicht teilnehmen kann. Als Beispiel konnte ich bei Hochzeiten von drei meiner besten Freunde nicht dabei sein. Das gehört leider zum Beruf dazu und dessen bin ich mir völlig bewusst. 

Was macht für dich das Indo-Pacific Deployment besonders?

Ich wiederhole hier gerne die Worte unseres Kommandanten: „Das ist eine Tour, die wir so in unserem Leben nur einmal erleben werden – etwas ganz Besonderes“. Dem stimme ich voll zu. Das betrifft für mich persönlich auch den Austausch mit vielen internationalen Soldatinnen und Soldaten und der Besuch ferner Länder. 

Wie bewertest du aus deiner Sicht die logistischen Erfordernisse bei einer Seefahrt um die gesamte Welt? 

Ich kann die gute Vorbereitung, die die Besatzung vor dem Deployment getroffen hat, nur loben. Proviant ist beispielsweise für die vollen sieben Monate, für beide Schiffe, an Bord. Das sind natürlich Unmengen an Wasser, die man sich so kaum vorstellen kann. Es gibt eine sehr gute Planung, wie wir mit unseren Kraftstoffen umgehen und wo wir selbst nachtanken können. Nicht nur um uns und die Fregatte „Baden-Württemberg“ versorgen zu können, sondern auch unsere verbündeten Marinen, die in See bei uns tanken. Und auch die wichtigen Ersatzteile sind mit dabei, um die Fregatte im Notfall zu versorgen.

Ein Mann in Uniform steht in einem Lagerraum eines Schiffes.

Emanuel in einem der Lagerräume des Versorgungsschiffs: Für das siebenmonatige Indo-Pacific Deployment (IPDIndo-Pacific Deployment) und gut 400 Soldatinnen und Soldaten sind ausreichend Getränke eingestaut.

Bundeswehr/Pilipp Schäfer

Wie sieht deine Zukunft aus?

Nächstes Jahr wechsle ich wieder in eine zivile Tätigkeit. Ich werde aber vor allem die gute Kameradschaft hier in Erinnerung behalten. Wir sitzen, wie man so schön sagt, in einem Boot. Und das verbindet uns hier, da auch die Sorgen und Nöte dieselben sind. Und wir helfen einander damit umzugehen und haben immer ein offenes Ohr füreinander. Keiner wird allein gelassen.

Ich plane, mich in meinem Logistikerberuf zum Meister weiterzubilden. Und ich möchte mehr Zeit in mein Hobby, den Kraftsport, stecken. Bestenfalls hier sogar ein zweites Standbein aufbauen, im Sinne von Fitness-Coaching, Ernährung. Aber auch eine Rückkehr zur Bundeswehr kann ich mir vorstellen und ich möchte mir die Möglichkeit offenhalten, Reservedienst zu leisten. Ich bin der Marine auf ewig verbunden. 

Was ist dein schönstes Erlebnis bisher bei der Marine?

2019 waren wir mit dem Schiff in Island. Ich bin ein großer Fan der skandinavischen Länder und habe den Aufenthalt dort sehr genossen.

von  Interview: David Wähner  E-Mail schreiben

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