Marine
Personenporträt

Kampfschwimmer „Konstantin“

Kampfschwimmer „Konstantin“

Datum:
Ort:
Eckernförde
Lesedauer:
6 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Kampfschwimmer sind ein Mythos. Über ihren Alltag ist nur wenig bekannt, aus gutem Grund: Sie operieren im Geheimen. Kampfschwimmer „Konstantin“ gibt es nicht wirklich – aber seine fiktive Karriere gibt uns einen Einblick in das Leben als Elitesoldat der Marine.

Schattenbild eines Kampfschwimmers.

Schattenbild eines Kampfschwimmers mit der Ausrüstung für das Höhenspringen

Bundeswehr/Archiv

„Wir sind auch nur Menschen, allerdings mit einem sehr starken Willen“, sagt Konstantin. Der 25-jährige Oberbootsmann ist seit sieben Jahren bei der Bundeswehr. Schon lange hatte er den Wunsch, zu den Spezialkräften der Marine zu gehören.

Der Weg dahin war nicht einfach. Die Durchfallquote in der Ausbildung liegt bei 70 Prozent. Bei den meisten scheitert es am Geist – an der inneren Haltung. Da hilft nur eines: „Niemals aufgeben. Das ist es, was den Kampfschwimmer auszeichnet,“ ergänzt der Soldat. Im Gegensatz zur Sportlichkeit lässt sich diese Eigenschaft nicht trainieren, man muss sie mitbringen.

Konstantins Ausbildung hat drei Jahre gedauert. Nach der Grundausbildung an der Marineunteroffizierschule, die alle Bootsmannanwärter durchlaufen, ging es für den Kampfschwimmerschüler zum sechswöchigen Schwimmtaucherlehrgang. Danach begann der eigentliche Weg zum Kampfschwimmer in der „Gruppe Ausbildung“ des Kommando Spezialkräfte der Marine mit der stark fordernden Hallenphase. Besonders das Zeit- und Streckentauchen hatten Konstantin an seine körperlichen Grenzen gebracht; speziell die Wassergewöhnungsübungen – mit dem Bleigürtel unter Wasser „spazieren“ – an seine mentalen Grenzen. Später kam die Verwendung des Tauchgeräts dazu, dann das Training im taktischen Tauchen.

Mit Pressluft und Kompass

Ein Kampfschwimmer gleitet mit einem Fallschirm durch die Lüfte.

Ein Kampfschwimmer beim Landeanflug in die Dropzone

Bundeswehr/Archiv

Wer hier besteht, kommt in den nächsten Abschnitt, zur Freiwasserausbildung. Zwölf Wochen lernte Konstantin das gleichzeitige Tauchen und Navigieren mit dem Kompass in der rauen, kalten Ostsee. Von Woche zu Woche wurden die Aufgaben komplexer – am Ende stand ein Abschlussschwimmen über 30 Kilometer. „Ein unglaubliches Gefühl, wenn man am Ende den Strand in Eckernförde erreicht hat“, erzählt Konstantin. „Hier haben schon die Kameraden aus der Kompanie gewartet. Da freut man sich riesig über die eigene Leistung und ist motiviert für die weitere Ausbildung!“

Hat man diesen Abschnitt bestanden, warten weitere, anstrengende, aber auch spannende Lerninhalte auf die Anwärter. Dazu gehört die Landkampfausbildung, bei der man den Umgang mit unterschiedlichen Handfeuerwaffen, Funkgeräten und Fahrzeugen lernt. Aber auch Sanitätslehrgänge – jeder Kampfschwimmer ist „Combat First Responder Bravo“, quasi ein umfangreich ausgebildeter „Einsatzersthelfer“ der Spezialkräfte. Und natürlich eine Fallschirmspringerausbildung: Dafür war Konstantin nicht nur im bayerischen Altenstadt, sondern auch in den USA.

Irgendwann während der Ausbildung kommt jeder an den Punkt, an dem es nicht mehr weiterzugehen scheint. Hier entscheidet sich: „Ziehe ich durch oder gebe ich auf?“ „Die Kameraden helfen einem, und man muss immer an das Ziel denken“, weiß Konstantin aus eigener Erfahrung.

Ein stolzes Team voller Spezialisten

Mehrere Soldaten befinden sich im Wasser.

Kampfschwimmeranwärter beim 30-km-Abschlussschwimmen in der Eckernförder Bucht

Bundeswehr/Björn Wilke

„Der spannendste Teil der Ausbildung war für mich auf jeden Fall eine kombinierte Übung in Norwegen“, erinnert sich der junge Zeitsoldat. „Mit Kajakeinsatz und Schießtraining an Land. Das war im Herbst und die Trainingsbedingungen waren einfach optimal. Dazu noch die sensationelle Landschaft. Die vier Wochen sind wie im Flug vergangen.“

Nach seiner Ausbildung wurde Konstantins Traum wahr: Er kam in die Einsatzkompanie. Die letzten Jahre, geprägt von Entbehrungen und wenig Zeit daheim, aber auch glücklichen Momenten hatten sich endlich ausgezahlt. Mehr als einmal war er dafür weit über seine Grenzen hinausgegangen. „Die Ernennung zum Kampfschwimmer werde ich nie vergessen. Ab da habe ich offiziell dazu gehört! Nun konnte ich mich endlich im Team beweisen.“

Jeder neue Kampfschwimmerunteroffizier spezialisiert sich weiter, zum Beispiel als Rettungssanitäter oder Funker. Konstantin hatte schon in der Ausbildung gemerkt, wie technikaffin er ist und beschlossen, sich in der „Optronischen Spezialaufklärung“ zu spezialisieren. „Dafür habe ich verschiedene Foto- und Bildbearbeitungslehrgänge besucht. Die Dauer der Spezialisierungen ist bei jedem unterschiedlich.“

Mit dieser Fachausbildung ist Konstantin nun für Aufklärungsaufträge zuständig. Mit seiner Fotoausrüstung kann er aus einem Versteck zum Beispiel Gegner ausspähen und diese Informationen dann an seine Operationszentrale weiterleiten.

Manöver in Amerika: drei Tage, ein Loch

Ein Soldat springt aus einem fliegenden Flugzeug mit einem Fallschirm auf seinem Rücken.

Sprungausbildung der Kampfschwimmer in Eckernförde

Bundeswehr/Sandra Herholt

Besonders beeindruckt hat den jungen Oberbootsmann eine Übung in den USA. „Die lief in enger Zusammenarbeit mit den Navy Seals. Eine Familie wurde in einem Haus als Geiseln gehalten“, erzählt er. „Zwei Nächte lang lag ich mit meinem Team in einem Versteck. Wir haben das Haus beobachtet, ich hab‘ Fotos gemacht. So konnten wir Informationen gewinnen über die Anzahl der Terroristen, ihre Bewaffnung und so weiter.“

Konstantin und sein drei Mann starkes Team mussten dafür in einem zwei mal zwei Meter großen Erdloch ausharren. Jeder hatte etwa 50 Kilogramm Ausrüstung dabei. Sowas kann eng werden. Gute Kameradschaft unter den Kampfschwimmern ist unerlässlich. Privatsphäre? Fehlanzeige!

Für Konstantin ein Schlüsselerlebnis: „Man vergisst ganz schnell, dass es nur eine Übung ist. Die Bedingungen sind sehr realitätsnah. Das hat mir am Ende das erste Mal richtig vor Augen geführt, dass meine lange und harte Ausbildung Menschenleben retten kann.“

In der dritten Nacht wurden die Geiseln befreit. Mit amerikanischen Hubschraubern flog ein anderes deutsches Kampfschwimmer-Team an und stürmte das Haus. Zusammen mit einem Scharfschützen sicherte Konstantin seine Kameraden. Durch seine vorher geleistete Arbeit war es erst möglich geworden, diese Operation durchzuführen. „Das macht mich stolz“, sagt er ernst. Nach der Übung gab es ein gemeinsames Barbecue. Zeit, um auch die ausländischen Kameraden besser kennenzulernen. Zeit für Blicke über den Tellerrand, den wichtigen internationalen Erfahrungsaustausch.

Daheim besteht Konstantins Umfeld zum größten Teil aus Bundeswehrangehörigen. Das ergab sich für ihn fast automatisch durch seinen Umzug nach Eckernförde, obwohl er eigentlich aus einer Kleinstadt mitten in Deutschland stammt. In der norddeutschen Stadt ist das Kommando Spezialkräfte der Marine, die älteste Eliteeinheit der Bundeswehr, stationiert.

Familie und Freunde wissen, was er beruflich macht. „Natürlich kommen ab und zu Fragen“, berichtet er. „Es ist ja kein Job wie jeder andere. Meine Mutter weiß in der Regel, wohin ich in den Einsatz gehe, solange es ein geplanter ist.“ Auf keinen Fall würde er aber über taktische Details sprechen, das würde die Sicherheit der eigenen Leute gefährden.

Drei Soldaten versorgen einen verletzten Soldaten.

Auf dem Übungsgelände Lehnin wird der Orts- und Häuserkampf trainiert. Hier wird die Verletztenversorgung geübt.

Bundeswehr/SEK M
Vier Soldaten schleppen einen verletzten Soldaten auf einer Trage.

Kampfschwimmer erreichen mit einem Verletzten einen Strandabschnitt

Bundeswehr/Bienert

Für die Zukunft hofft er, dass er so lange wie möglich körperlich fit ist, um im Einsatzteam zu bleiben. Auch die Entscheidung, Berufssoldat zu werden, ist für ihn noch nicht gefallen. „Ich bin absolut glücklich in meinem Job, aber man darf nie den gesunden Respekt gegenüber seinem Auftrag verlieren. Wer weiß, wie lange ich noch in der Lage bin, mental und körperlich immer wieder Grenzen zu überschreiten?“, denkt er laut über seine Zukunft nach. „Vielleicht kann ich mein Wissen und meine Erfahrung später als Ausbilder an junge Kampfschwimmerschüler weitergeben.“

Wie auch immer er sich entscheidet, er wird wohl immer wieder neue Herausforderungen suchen. Sein Lebensmotto hat er von den Kameraden der USUnited States Navy Seals mitgebracht: „The only easy day was yesterday – der einzig einfache Tag war gestern.“

von Jule Peltzer  E-Mail schreiben

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Mehr zum Thema