Wir sind Marine … bei den Marinefliegern
Wir sind Marine … bei den Marinefliegern
- Datum:
- Ort:
- Nordholz
- Lesedauer:
- 5 MIN
Im März fand einer der Workshops des Projekts „Wir sind Marine“ am Marinefliegerstützpunkt Nordholz statt. Ein Musterbeispiel für das Format
An jedem Tag ziehen über 13.000 Soldatinnen und Soldaten unserer Marine ihre Uniform an, um unserem Land zu dienen. Was treibt sie an, im Dienst ihr Bestes zu geben? Was lässt sie andererseits auch manchmal an ihrer Berufung zweifeln?
Horcht man in die Marine hinein, hört man, dass insbesondere der Zustand des Materials und fehlendes Personal für Frust sorgen. All das ist richtig und wichtig. Aber ist ein schleppendes Beschaffungsvorhaben wirklich ein Grund, ungern zur Arbeit zu kommen? Sorgt eine fehlende Planstelle wirklich dafür, nicht mehr in der Marine bleiben zu wollen?
Im ersten Schritt des Projekts „Wir sind Marine“ sind alle Männer und Frauen der Marine aufgefordert, in einem umfangreichen Fragebogen zu erläutern: Das ist der Grund, warum ich zu Marine gegangen bin. Das sind die Themen, die mir in meinem Alltag wichtig sind. Und das sind die Dinge, die sich in der Marine ändern müssen, damit ich auch weiter jeden Morgen gerne zur Arbeit gehe. Parallel dazu ist das Team unter Leitung von Professor Marcus Albrecht in der Marine unterwegs, um mit den Soldatinnen und Soldaten ins Gespräch zu kommen.
„Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf!“
„Es geht darum zuzuhören, die Ergebnisse der Umfragen mit den Menschen in den einzelnen Veranstaltungen vor Ort zu besprechen und Vorschläge aus der Truppe mitzunehmen, was die Marine tun kann, damit jeder gerne in der Marine ist“, fasst Kapitänleutnant Daniel Epkenhans das Prinzip der ausführlichen Diskussionsrunden zusammen. Epkenhans war in zuletzt in der Flotte Fernmeldeoffizier der Fregatte „Lübeck“ gewesen, arbeitet nun in der Adjutantur des Marineinspekteurs. Er begleitet als Teil des Projektteams die Workshops.
Vom 26. bis 27. März 2019 war das Team in den Stützpunkt des Marinefliegerkommandos nach Nordholz gekommen. Hier leisten 2.100 Soldatinnen und Soldaten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Dienst. 40 von ihnen haben an zwei Workshops an den zwei Tagen teilgenommen: 20 Offiziere und 20 Portepee-Unteroffiziere.
Ihr stellvertretender Kommandeur, Fregattenkapitän Oliver Ottmüller, eröffnete den ersten Workshop und forderte auf, die Gelegenheit zu nutzen: „Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf! Entwickeln Sie Handlungsoptionen und überlegen Sie sich: Was kann ich tun, um unsere Marine besser zu machen?“. Das unterstrich zur Einführung in die zweite Runde am Folgetag der Kommandeur, Kapitän zur See Thorsten Bobzin.
Ein bewusster Rechtschreibfehler
Nachdem sich das Team den Teilnehmern vorgestellt hatte, erläuterte Professor Albrecht die Idee des Projekts, verschaffte den Anwesenden einen Eindruck davon, was in den folgenden zwei Tagen im Detail auf sie zukommt.
„Im Projektnamen ‚Wir sind Marine‘ steckt eigentlich ein Rechtschreibfehler“, erklärt Albrecht dazu. „‚Marine‘ ist nämlich als Adjektiv gemeint. So wie man neudeutsch zum Beispiel jemandem sagt: ‚Du bist aber ganz schön Berlin!‘ wenn man ihm ein Kompliment machen möchte.“ Und genau darum gehe es: den eher technischen Begriff „Marine“ gemeinsam mit Bedeutung zu füllen.
„Wenn es uns gelingt, die Leitfragen des Projekts ehrlich zu beantworten, daraus einen Zielzustand zu beschreiben und uns dieses ‚Marine‘ zu eigen zu machen – vielleicht heißt es dann irgendwann einmal: ‚Du bist echt marine‘ wenn man einem guten Freund ein Kompliment machen möchte. Dann hätten wir es geschafft!“
„Aufnehmen, was uns gesagt wird, und es weitertragen“
Im Anschluss an eine allgemeine Vorstellungsrunde konnte dann jeder Teilnehmer auch seine individuellen Erwartungen an den Workshop äußern. „Viele stehen unseren Workshops zunächst sehr skeptisch gegenüber und sagen uns das auch“, so Daniel Epkenhans. „Uns ist es wichtig, dass wir darüber hinauskommen. Wir wollen niemandem unsere Meinung oder gar die des Inspekteurs mitgeben. Sondern wir wollen das aufnehmen, was uns gesagt wird, und es weitertragen.“ Gerade nach den Gesprächen mit den Kameradinnen und Kameraden in Nordholz sei er davon überzeugt, das auch geschafft zu haben.
Im Anschluss an die beidseitige Vorstellung begann die eigentliche Arbeit. Albrecht hatte die Fragebögen der Teilnehmergruppe statistisch ausgewertet und dabei auch die Antworten der Freitextfragen unter Schlagworten zusammengefasst. Gemeinsam mit der Gruppe ging es dann darum, diese individuellen Aussagen in einen Kontext zu setzen. Dazu Epkenhans: „Nach der anfänglichen Skepsis haben sich die Gruppen wirklich geöffnet. Das war toll zu erleben. Es wurde intensiv und mit großer Leidenschaft diskutiert, durchaus auch kontrovers, aber immer sachlich. Wir sind am Ende nicht einmal mit allen Fragen, die wir mitgebracht hatten, durchgekommen.“
Moderiert durch das Projektteam, ging man dann die in vier Themengebiete gegliederten Fragen nacheinander durch: 1. zur Attraktivität und Erscheinungsbild des Dienstes in der Marine, 2. nach den Eigenschaften der Marine, wie zum Beispiel Arbeitsbedingungen, 3. den Fähigkeiten und Kompetenzen der Seestreitkräfte als Organisation sowie 4. den Werten und Einstellungen, die die Teilnehmer mit ihrem Dienst verbinden.
Die Arbeitsstunden des Workshops füllten Flipcharts und Pinnwände: mit Kritik und Problemen genauso wie mit Ideen, was man vor Ort in Nordholz oder in der Marine als Ganzes tun könnte. Das Projektteam protokollierte die Eingaben der Gruppe.
Klare Worte und zeitige Ergebnisse gewünscht
„Am Ende jedes Workshops steht eine Zusammenfassung der Botschaften und Ideen, die die Gruppe der Marineführung mitgeben möchte“, sagt Epkenhans und betont: „Wir überbringen dem Inspekteur genau das, was uns von den Teilnehmern mitgegeben wird. Ohne diese klaren Worte würde das Projekt auch nicht funktionieren.“
Spiegelbildlich kam aus den Reihen der Teilnehmer zurück, dass das Projekt auch konkrete Resultate bringen solle. Ein erfahrener PUO wünscht sich zeitige Information für alle Workshop-Teilnehmer darüber: „Allein ein ‚Hot wash-up‘ mit vorläufigen Ergebnissen in den nächsten Monaten wäre schön“, sagt er. Für die Teilnehmer bringe „Wir sind Marine“ zugleich einen positiven Nebeneffekt: „Man hat erkannt, dass die Erfahrungsträger Anerkennung brauchen, die sie auch nach außen mit Stolz ausstrahlen können.“
Für Epkenhans bleibt die Überzeugung zurück, dass ein einziger Tag mit jeder Gruppe eigentlich viel zu kurz sei, um alles aufzunehmen, was den Soldatinnen und Soldaten wichtig ist. Er hoffe aber auch, dass sich der ein oder andere angesprochen fühle, auch selbst einen Fragebogen auszufüllen und zu einem der Workshops zu kommen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit diesem Projekt auch etwas verändern können“, schließt Epkenhans.
Verfolgen Sie das Projekt auch im Twitter-Feed des Inspekteurs der Marine @chiefdeunavy unter dem Hashtag #WIRSINDMARINE!