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Militärische Seefahrt

Gorch-Fock-Kommandant: „Man muss beide Seiten kennen“

Gorch-Fock-Kommandant: „Man muss beide Seiten kennen“

Datum:
Ort:
Rostock
Lesedauer:
5 MIN

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Am 25. Juli hat Fregattenkapitän Elmar Bornkessel das Kommando über das Segelschulschiff „Gorch Fock“ übernommen. Zuvor war er Kommandant der Fregatten „Sachsen-Anhalt“ und „Nordrhein-Westfalen“ gewesen. Er erklärt, wie beide Welten – die eines Segelschiffes und die der Kampfschiffe – in einer Marinekarriere zusammenkommen.

Ein Marineoffizier in dunkelblauer Uniform und weißer Schirmmütze

Elmar Bornkessel ist 1995 in die Marine eingetreten. Seither diente er schon dreimal auf dem deutschen Segelschulschiff, einschließlich seiner eigenen Zeit als Kadett.

Bundeswehr/Steve Back

Herr Kap‘tän Bornkessel, wie fühlt es sich an, neuer Kommandant der „Gorch Fock“ zu sein?

In erster Linie bin ich stolz und dankbar. Es ist eine große Ehre und gleichermaßen Freude, dieses Schiff zu führen. Daneben habe ich aber auch Respekt vor dieser verantwortungsvollen Aufgabe. Da ich das Schiff und sogar Teile der Besatzung noch aus meiner letzten Verwendung an Bord gut kenne, ist es für mich ein „Nachhausekommen“ – und die Verwirklichung eines Lebenstraumes.

Warum ist die Position Kommandant der „Gorch Fock“ innerhalb der Marine eine so besondere?

Die „Gorch Fock“ ist an sich schon etwas Besonderes und damit natürlich auch die ihres Kommandanten, auch wenn ich mich im Grundsatz natürlich nicht von anderen Schiffskommandanten unterscheide. Zunächst einmal ist die „Gorch Fock“ das bekannteste Schiff der Deutschen Marine, weswegen wir auch sehr im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehen.

Daneben haben wir als Segelschulschiff einen anderen Auftrag als der Rest der Flotte, nämlich den Führungsnachwuchs der Deutschen Marine auszubilden. Wir sollen die Kadetten in einem sehr frühen Stadium maritim prägen. Wir arbeiten mit jungen Menschen, die oftmals noch nicht zur See gefahren sind. Dementsprechend groß sind unsere Sicherheitsstandards. Daher ist aber auch die Verantwortung anders gelagert.

Und deshalb sollte der Kommandant der „Gorch Fock“ nicht zum ersten Mal ein Schiff führen, sondern war vorher schon in der Regel Kommandant einer Fregatte. Das macht den Posten des Kommandanten des Segelschulschiffes zu einem außergewöhnlichen in der ganzen Flotte und ist daher grundsätzlich auch ein Posten für einen Kapitän zur See. 

Eine reine ‚Gorch-Fock‘-Karriere wollen wir nicht haben“

Was hat Sie auf diesen Dienstposten vorbereitet?

Ich selbst bin auf Fregatten groß geworden und habe auf diesen Kampfschiffen alle notwendigen Dienstposten durchlaufen, sodass ich dort auch Kommandant werden konnte. Daneben habe ich abwechselnd immer auch Verwendungen auf der „Gorch Fock“ gehabt. Ich habe natürlich als Kadett wie viele andere begonnen, bin zunächst 2002 bis 2004 als Segeloffizier und Divisionsoffizier zurückgekehrt und später dann als Erster Offizier. Auch 2004 bis 2006, als ich Austauschoffizier in den USA war, hat mich die USUnited States Navy an die USUnited States Coast Guard ausgeliehen – als erfahrener Wachoffizier eines Segelschiffes bin ich für eine Ausbildungsreise an Bord des Segelschulschiffes der USUnited States-Küstenwache gefahren, der „Eagle“, einem Schwesterschiff der „Gorch Fock“.

Das Durchlaufen der verschiedenen Ebenen auf unserem weißen Segelschulschiff ist daher sehr mit der Qualifizierung auf grauen Schiffen zu vergleichen – mit dem Unterschied, dass ich dadurch ein höheres Seefahrtspensum absolviert habe. Ich komme somit auf 15 Jahre Seefahrtzeit, inklusive meiner Zeiten als junger Decksoffizier oder Jahre später als Erster Schiffseinsatzoffizier auf Fregatten. 

Man muss einfach beide Seiten kennen, um für graue Kriegsschiffe auszubilden. Junge Marineoffiziere müssen wissen, welchen vielfältigen Herausforderungen man auf See ausgesetzt ist – zum Beispiel welche Kräfte auf Schiffe wirken, aber auch wie wichtig Teamarbeit ist. Das lernt man nirgends besser als auf einem Großsegler.

Es reicht für einen Kommandanten des Schulschiffes auch nicht aus, eine reine „Gorch-Fock“-Karriere zu durchlaufen, was wir im Grundsatz aber auch nicht haben und auch nicht haben wollen. Der Wechsel zwischen Verwendungen auf grauen Schiffen und der „Gorch Fock“ sorgt letztlich dafür, dass wir im am Puls der Zeit bleiben. Da meine Kommandantenzeit auf der Fregatte von 2018 bis 2021 auch nicht allzu lange zurückliegt, nehme ich schon in Anspruch, die graue Flotte noch bestens zu kennen.

  • Ein weißes Segelschiff und ein graues Kriegsschiff in See

    Zwei Welten, ein Zweck: Segelschulschiffe wie zum Beispiel die amerikanische USCGCUnited States Coast Guard Cutter „Eagle“ (l.) vermitteln Handwerk für die moderne militärische Seefahrt. Das benötigen auch Seeoffiziere wie auf der deutschen Fregatte „Nordrhein-Westfalen“ (r.).

    Bundeswehr/Daniel Foitzik
  • Blick auf ein Segelschiff in See von vorne

    Erste Seefahrt für die meisten Offizierschülerinnen und -schüler: Das Segelschulschiff der Deutschen Marine, hier 2023 bei seiner 175. Auslandsausbildungsreise im Atlantik westlich von Spanien, vermittelt hautnahe Erfahrung mit den Elementen

    Bundeswehr/Marcel Kröncke
  • Menschen in blauen Overalls auf dem Deck eines Segelschiffs ziehen an einer schweren Leine

    Beim Anpacken sind alle gleich: Zu den Lehren, die die Kadettenausbildung auf der „Gorch Fock“ vermittelt, gehört der große Wert von Teamwork für die Seefahrt und die Marine gleichermaßen

    Bundeswehr/Marcel Kröncke
  • Mehrere Segelschiff liegen in einem breiten Fluss vor einer historischen Altstadt

    Wichtigste Nebenaufgabe: Die „Gorch Fock“ (Mitte rechts hinten) ist Botschafterin Deutschlands weltweit, hier im Hafen vor der Altstadt von Szczecin am 2. August. Sie war dort zum Tall Ship Race 2024 zu Gast.

    NATO/Heiko Müller

Wann waren Sie zuletzt auf der „Gorch Fock“ und welcher Erfahrungen haben Sie zu der Zeit gesammelt?

Ich bin zuletzt 2014 als Erster Offizier an Bord gekommen und konnte mit meinem damaligen Kommandanten, Nils Brandt, meinen Beitrag zur Umsetzung eines neuen Ausbildungs- und Nutzungskonzept leisten. Nach Beendigung der letzten Ausbildungsfahrt 2015 bin ich mit dem Schiff noch in die Werft gegangen, im festen Glauben, sie auch als Erster Offizier wieder zu verlassen. Das hat sich auf Grund der bekannten Werftmisere so nicht ergeben.

Nach Ende meiner Zeit als Erster Offizier bin ich dann 2016 zunächst ins Verteidigungsministerium gewechselt, habe aber die „Gorch Fock“ nie ganz aus den Augen verloren. Zuletzt war ich im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Hauptquartier in Brüssel, habe dort für den Deutschen Militärischen Vertreter gearbeitet und unmittelbar den Beginn des Ukrainekrieges erlebt.

Ihre ersten offiziellen Termine mit der „Gorch Fock“ sind das Tall Ship Race 2024 in Szczecin und die Hanse Sail in Rostock. Was ist das Besondere daran für Sie?

Wir sind sehr herzlich von unseren Gastgebern in Szczecin empfangen und betreut worden. Die Bevölkerung zeigt bei solchen Besuchen immer großes Interesse. Das war beim Einlaufen durch die vielen Menschen auf der Pier, bei den Open Ships und den vielfältigen diplomatischen Verpflichtungen überall zu spüren.

Bei der Hanse Sail repräsentiert das Schiff die Marine in Deutschland und ist dort regelmäßig Publikumsmagnet. Bei den Open Ships strömen Tausende Besucher an Bord und die Schlange vor dem Schiff scheint teilweise nicht zu enden. Alle Altersgruppen besuchen gemeinsam das Schiff, haben intensive Berührungspunkte mit der Marine, der Seefahrt und meiner Besatzung. Daher ist es ihr eine große Freude, dass die Bevölkerung so interessiert ist und wir unser Schiff und unsere Arbeit präsentieren können. 

Eine Atlantiküberquerung bringt außer New York noch andere attraktive Häfen mit sich“

Was hat die „Gorch Fock“ als nächstes vor?

Nach der Hanse Sail folgt nach drei Jahren Betrieb ein routinemäßiger Werftaufenthalt. Dabei erhalten wir durch eine Klassifizierungsgesellschaft eine technische Zertifizierung für das Schiff. Einfacher ausgedrückt, es geht darum, binnen rund zwei Monaten unseren „TÜV“ zu erneuern.

2025 wird es dann wieder eine Ausbildungsreise im Frühjahr geben, voraussichtlich wieder Richtung Kanaren wegen der guten Segelbedingungen. Die Fahrt wird uns gegen Ende aber noch weit nach Norden führen, wo wir auch mal schlechtes Wetter und herausfordernde Bedingungen erwarten dürfen. Denn die brauchen wir als Vorbereitung für 2026.

In dem Jahr sollen wir als Höhepunkt mit der „Gorch Fock“ am 4. Juli anlässlich des 250. Unabhängigkeitstages der USA in New York einlaufen. So eine Atlantiküberquerung bringt außer New York natürlich noch andere attraktive Häfen mit sich, sowohl in der Karibik als auch in Nordamerika. Wir fahren dazu im Frühjahr zunächst weit nach Süden, um die Passatwinde für die Passage nach Westen zu nutzen. Im Herbst geht es dann mit den starken und vorherrschenden Westwinden über den Nordatlantik zurück nach Europa. Gerade für diesen letzten Abschnitt will ich meine Stammbesatzung gut aufgestellt wissen, da zu dieser Jahreszeit mit Stürmen und rauen Bedingungen zu rechnen ist.

von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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