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Einsatzbericht der „Brandenburg“, Teil 5: Betreuung und Fürsorge

Einsatzbericht der „Brandenburg“, Teil 5: Betreuung und Fürsorge

Datum:
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in See
Lesedauer:
4 MIN

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Die Crew der Fregatte gestaltet ihre Freizeit sehr einfallsreich. Dabei helfen auch Fitness-Coaches der Marineinfanterie.

Ein Soldat im schwarzen Schwimmanzug springt mit einer rot-weißen Flagge ins Wasser.

„Badechance“: Von Zeit zu Zeit kann die „Brandenburg“ aufstoppen und die Crew den Sprung ins kühlende Nass wagen.

Bundeswehr

Entspannung, Bewegung, Zerstreuung, Seel- und Fürsorge waren die entscheidenden Faktoren dafür, dass die Besatzung 166 Tage ohne Landgang durchhalten konnte. Die üblichen Landgänge in der Freizeit, der „run ashore“, also einmal an Land Joggen, oder der Ausflug zu Sehenswürdigkeiten fanden nicht statt. Die Männer und Frauen der Mannschaft waren bis auf wenige Ausnahmen auf Länge und Breite des Schiffes beschränkt. War es in den ersten Monaten des Einsatzes noch möglich, an Oberdeck in der Sonne zu baden, wurden diese Gelegenheiten wetterbedingt weniger.

Die Liste der Veranstaltungen, Feiern, Wettbewerbe und sonstigen Ideen, die die Besatzung für sich selbst teils spontan nach Feierabend und an den Wochenenden realisierte, war lang: Von Brett- und Kartenspielen über Skatabende, Mario-Kart-Turniere auf der Spielekonsole, Kino-Abende mit Wunschfilm und frischem Popcorn, Gottesdienste in See und im Hafen, Sonderessen in Form von Döner- oder Pizzaabenden, bis zu Proben und Konzerten des Bordchors war alles dabei.

2 Stiefel mit 2 Schoko-Weihnachtsmännern; darüber ein Schriftzug: „Red Eagle Post“; dahinter die Brücke eines Kriegsschiffes.

Weihnachtsausgabe: Die „Red Eagle Post“ ist das Bordmagazin der Fregatte „Brandenburg“

Bundeswehr

Hinzu kamen ein Oktoberfest, eine Halloween-Party und ein Weihnachtsmarkt. Die Chance auf „Baden außenbords“ und das morgendlichen Wunsch-Wecklied für die Besatzung über die Schiffslautsprecheranlage fügten sich in die Dienstroutine. Es gab Initiativen wie die „Abnehm-Challenge – vom Moppel zum Hoppel“ und Vorträge über verschiedensten allgemeinbildende Themen: von der Geschichte des Mittelalters bis zur Ölspeicherung in den Kavernen bei Wilhelmshaven.

Jeden Monat erschien eine Ausgabe der Bordzeitung „Red Eagle Post“. Das alles lenkte vom monotonen Einsatzalltag ab und aktivierte nicht nur die grauen Zellen. Sport stand im Mittelpunkt und die bereits erwähnten Kameraden des Seebataillons boten sehr viel: militärische Fitness, Bauch-Beine-Po, Selbstverteidigung für Frauen und auf Wunsch auch ein „Personal training“ auf dem Flugdeck. Zusätzliche Sportgeräte boten neben dem bestehenden Sportraum sehr viele Möglichkeiten, vor allem im Seebetrieb.

Während der Hafenliegezeiten war es zudem möglich, die Sportanlagen des Stützpunkts unter der Beachtung der strengen Hygienevorschriften zu nutzen. Dies nahm die Besatzung mit Turnieren in diversen Mannschaftssportarten auch dankend an.

Mens sana in corpore sano

Mehrere Menschen in Sportanzügen trainieren Boxen auf dem Flugdeck eines Kriegsschiffes.

Kampfsport statt Zirkeltraining: Auch dank der eingeschifften Marineinfanteristen bieten die Leibesübungen an Bord mehr Abwechslung als sonst.

Bundeswehr

Betreuung und Fürsorge sind dabei kein „Goodie“ für ein unbeschwertes „Kreuzfahrt-Gefühl“ der Besatzung, sondern wesentliche Faktoren in der Durchhaltefähigkeit bei Einsätzen. Gerade Sport spielt eine zentrale Rolle. Die Einschiffung von quasi hauptamtlichen Sportausbildern aus dem Seebataillon hat einen deutlichen Mehrwert geschaffen.

In Landnähe hatte die Besatzung ausreichend Bandbreite für den privaten Austausch auf den heute üblichen Kanälen. Eine extra noch vor Auslaufen aus Wilhelmshaven nachgerüstete Antennenausstattung garantierte das. Diese Betreuungskommunikation klappte im Einsatzgebiet reibungslos und sorgte für eine gewisse Nähe zur Heimat. Nur in den kurzen Strecken vom und ins Patrouillengebiet ging dies aufgrund der Entfernung zum Land eingeschränkt.

Soldaten in Marineuniformen sitzen an Oberdeck eines Schiffs auf Bänken; vor ihnen ein weiß gedeckter Tisch mit Kerzen.

Sonntägliche Gottestdienste gehören fest zum Wochenplan der „Brandenburger“. Die Soldatinnen und Soldaten nutzen diese Chance, um über den Alltag zu reflektieren – oder ihm kurz zu entfliehen.

Bundeswehr/Florian Westphal

Auch die psychische Gesundheit und Fitness der Besatzung war bedacht. Neben der üblichen Einschiffung eines Militärpfarrers etablierte sich bordintern ein regelrechtes kleines psychosoziales Netzwerk, weil ein Crewmitglied zivile Expertise mitbrachte: Der Sanitätsgast hatte nicht nur einen Masterstudiengang in Advanced Healthcare abgeschlossen, sondern war auch schon Fachpfleger in einer Psychiatrie gewesen.

Diese glückliche Kombination konnte belasteten Besatzungsmitgliedern helfen, über Probleme zu reden und weitere Hilfe vermitteln. Dies geschah im Sinne von: Kameraden helfen Kameraden zur Selbsthilfe. Es hätte keinesfalls professionelle medizinische Hilfe in ernsten Fällen ersetzen können, verhinderte aber, dass aus Schwierigkeiten oder Belastungen überhaupt ernste Fälle wurden.

Lessons identified aus psychologischer Sicht

Diese Erfahrungen haben gezeigt, wie neben der körperlichen auch die psychische Fitness entscheidend ist. Unbeschadet der Begleitung durch Militärseelsorge und Truppenpsychologie kann die Marine, nach Auffassung des Bordkommandos, mehr in die Steigerung der psychischen Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten investieren – generell, aber vor allem vor Auslandseinsätzen. Neben der Steigerung der Durchhaltefähigkeit beugt es zudem Schäden infolge psychischer Überbelastungen vor.

Als offizielle Unterstützung, aufgrund der besonderen Pandemieumstände und daraus resultierender Belastung, ermöglichte der Dienstherr Bundeswehr im Dezember allen Besatzungsmitgliedern eine dreitägige „Recreation-Maßnahme“. In einem exklusiv nur für sie angemieteten Hotelkomplex auf Kreta, begleitet von Truppenpsychologen, konnten die „Brandenburger“ einmal an Land entspannen.

Die Maßnahme war von unschätzbarem Wert, denn es ermöglichte den Crewmitgliedern für kurze Zeit die fehgraue Welt der Bordwände, Lüfterrauschen, Motorensummen und schnarchende Kameraden im Wohndeck gegen ein Hotelzimmer mit eigenem Bad, Ruhe und selbstbestimmter Freizeit zu tauschen. Mit viel Engagement, vorbildlichem Hygienekonzept und Freude über einen zahlungskräftigen Großkunden setzte das Resort alles daran, seinen deutschen Gästen den Aufenthalt angenehm und sicher zu gestalten.

Alle Fürsorgemaßnahmen rundet voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 ein Einsatznachbereitungsseminar ab. Ausgerichtet und begleitet von der Truppenpsychologie der Bundeswehr ist es im Nachgang zu Einsätzen obligatorisch.

von Jan Hackstein  E-Mail schreiben

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