Marine
Ostsee-Grossmanöver

Die Luftwaffe bei Northern Coasts 2023

Die Luftwaffe bei Northern Coasts 2023

Datum:
Ort:
Lettland
Lesedauer:
3 MIN

Das Objektschutzregiment aus Schortens übte bei Northern Coasts 2023. Mit Kampfmittelabwehr und Diensthunden beteiligte sich die Luftwaffe an der maritimen Großübung.

Ein Soldat geht durch den Wald

Oberfeldwebel Mike W. sucht im Umkreis einer gefundenen Panzerabwehrmine nach möglichen weiteren Minen

Bundeswehr/Juliane Sonntag

„Ich habe hier mindestens eine Mine. Ich mache jetzt Fotos und komme dann erst einmal zu euch zurück. Ende.“ So lautet die Nachricht, die Oberfeldwebel Mike W. per Funk an seinen EODExplosive Ordnance Disposal-Trupp absetzt. Mit einer Sonde in der Hand steht der Kampfmittelbeseitiger vom Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“ in einem lettischen Nadelwald. In der fiktiven Übungslage muss Oberfeldwebel Mike W. analysieren, um was für eine Mine es sich handelt und wie er sie mit dem kleinstmöglichen Risiko beseitigen kann.

Mit diesem und ähnlichen Übungsszenarien übte das Objektschutzregiment an der Seite des Seebataillons der Marine bei Northern Coasts 2023 (NOCO). „Die Landes- und Bündnisverteidigung zur See international üben“ – unter diesem Motto fand die jährliche Großübung auf der Ostsee statt. Dass sich die Luftwaffe mit bodengebundenen Kräften an dieser maritimen Übung an der Küste Lettlands beteiligte, wirkt erst einmal unüblich.

„Ein großer Hafen ist ähnlich wie ein großer Flugplatz. Das Personal, die Versorgung, allerlei Antennen, Kraftstoffanlagen. Das sind alles Parallelen zu einem Flughafen“, sagt Stabsfeldwebel Robin W. Der Objektschützer aus Niedersachsen gehört zur Übungsleitung. Er kreierte die künstlichen Szenarien und bewertete die Soldatinnen und Soldaten – er ist bei NOCO schon ein „alter Hase“.

Ein Soldat kniet im Wald auf dem Boden und hält ein

Oberfeldwebel Mike W. bringt die Sprengkapsel an der Mine an, um diese zu zerstören

Bundeswehr/Juliane Sonntag

Doch zurück zu Oberfeldwebel Mike: Die Mine, die er zuvor beim Sondieren entdeckt hat, ist vom Typ TM83 – eine simulierte, russische Panzerabwehrmine –, wie sich später beim Abgleich der Fotos mit einer eigens für die Analyse angelegten Datenbank bestätigte. Mike W. weiß aber bereits, dass sie definitiv eine große Sprengkraft besitzt. Er will sie schnellstmöglich und unter größter Vorsicht beseitigen.

Fellnasen suchen nach Explosivstoffen

Ein Soldat bückt sich runter. Neben ihm sitzt sein Diensthund.

Der Diensthundeführer gibt dem Vierbeiner das Signal: “Spür fein!” Der Belgische Schäferhund fängt dort an zu schnüffeln, wo die Hand des Diensthundeführers hinzeigt.

Bundeswehr/Juliane Sonntag

Währenddessen wartet ein weiterer Objektschützer auf seinen Einsatz. Oberstabsgefreiter Igor I. befindet sich in einer ehemaligen Sowjet-Kaserne. Um ihn herum: verlassene Baracken, Ruinen und viel Schutt. Er erhält seinen Auftrag von einem lettischen Soldaten, dessen EODExplosive Ordnance Disposal-Trupp einen auffälligen Steinhügel am Straßenrand entdeckte. Dies ist ein Fall für den „Biosensor Hund“: Ronni ist ein dual ausgebildeter Diensthund. Das bedeutet, dass er nicht nur Schutzdienst leisten, sondern auch Explosivstoffe aufspüren kann. 

Bei NOCO standen zwei deutsche Diensthundeteams der Objektschützer bereit. Sie konnten je nach Bedarf von den Kampfmittelbeseitigern der teilnehmenden Nationen angefordert werden.

Der Diensthundeführer darf nun loslegen, der lettische EODler bittet Igor I., den Hund an dem aufgeschütteten Steinhaufen schnüffeln zu lassen. Der Belgische Schäferhund wird schnell fündig. Er setzt sich vor den Hügel und richtet Augen und Schnauze auf den Boden. So zeigt er an: „Hier müssen Explosivstoffe sein.“ Und tatsächlich findet der Kampfmittelbeseitiger eine improvisierte Sprengfalle (IEDImprovised Explosive Device).

Für das deutsche Diensthundeteam ist der Auftrag fürs Erste wieder beendet. Trotz kurzem Einsatz verlangte das Schnüffeln dem Vierbeiner viel Konzentration ab. Für die lettischen Kampfmittelbeseitiger, und ebenso das deutsche EODExplosive Ordnance Disposal-Team von Mike, geht die Beseitigung der Kampfmittel jedoch erst richtig los.

Andere Länder, andere Sitten?

Sowohl die lettischen, als auch die deutschen Soldaten, arbeiten nach einem ähnlichen Schema und dies unter größter Sorgfalt. Ein Soldat geht jeweils vor, die anderen bleiben in sicherem Abstand am geschützten Fahrzeug. Gegenstände werden nur durch den Einsatz von Haken, Saugknöpfen, Seilwinden und Leinen bewegt. Zusätzlich benutzen die deutschen Soldaten den ferngesteuerten Manipulierroboter Packbot, ausgestattet mit Kamera und Greifern.

Ein Roboter fährt über eine Wiese auf ein zusammengefallenes Gebäude zu.

Der Manipulierer “Packbot” rollt zu seinem Einsatz. Er hilft den Kampfmittelbeseitigern, Gegenstände aus sicherer Distanz zu beobachten oder sogar zu bewegen.

Bundeswehr/Juliane Sonntag

Beide Teams konnten die Kampfmittel in der von den Schiedsrichtern vorgegebenen Zeit unschädlich machen. Die lettischen Soldaten hatten sich in ihrem Übungsszenario für das Durchtrennen von Kabeln entschieden, um so den Zünder vom IEDImprovised Explosive Device zu trennen. Oberfeldwebel Mike hingegen hatte diese Option an der Mine nicht. Durch eine kontrollierte Sprengung mittels einer improvisierten Hohlladung beseitigte Mike die Mine – Auftrag erfüllt!

Seit 2015 nimmt die Kampfmittelabwehr des Objektschutzregiments nun schon an der Übungsreihe NOCO teil; die Diensthundeführer sind seit 2020 dabei. „Das Trainieren an der Seite der Bündnispartner sorgt für einen wichtigen Austausch zwischen den Nationen und bildet die Soldaten kontinuierlich auf einem hohen Niveau weiter“, so Stabsfeldwebel Robin W. In seinen Augen zählt Northern Coasts daher jedes Jahr zu einer der wichtigsten Übungen für den Kampfmittelabwehr-Zug – trotz, oder vielleicht auch gerade wegen des maritimen Umfeldes.

von Juliane Sonntag  E-Mail schreiben