Marine
Deutsch-japanische Freundschaft

„Ob Atlantik oder Pazifik spielt heute keine Rolle mehr“

„Ob Atlantik oder Pazifik spielt heute keine Rolle mehr“

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
5 MIN

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Die japanischen Marine-Schulschiffe „Kashima“ und „Shimakaze“ haben vom 29. August bis 2. September Deutschland besucht. Ihr Hafenaufenthalt in Hamburg war zugleich ein Gegenbesuch zum Formal Visit, den die deutschen Kriegsschiffe „Baden-Württemberg“ und „Frankfurt am Main“ eine Woche zuvor vom 20. bis 26. August Tokio abgestattet hatten.

Zwei graue Kriegsschiffe liegen in einem Hafen.

Willkommen in Deutschland: JSJapanese Ship „Kashima“ (l.) und JSJapanese Ship „Shimakaze“ (r.) haben in der Zeit ihres Besuches in Hamburg an der Überseebrücke festgemacht

Bundeswehr/Nico Theska

Die Beziehung zwischen der japanischen und der deutschen Marine ist stark und freundschaftlich, geprägt durch tiefes gegenseitiges Vertrauen“, sagt der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, anlässlich der wechselseitigen Besuche. „Es ist ein wunderbares Zeichen der Wertschätzung, dass praktisch zeitgleich ein deutscher Schiffsverband in Japan und ein japanischer Verband in Deutschland jeweils zu Gast gewesen sind.“

Der Ausbildungsverband der Japanischen Maritimen Selbstverteidigungskräfte (Japan Maritime Self-Defense Force, kurz JMSDFJapan Maritime Self-Defense Force) befindet sich seit 20. Mai dieses Jahres auf großer Fahrt, dem sogenannten Overseas Training Cruise. An Bord der beiden Schiffe befinden sich rund 600 Besatzungsmitglieder, davon 190 Kadettinnen und Kadetten.

Gemeinsame Piratenjagd am Horn von Afrika

Geführt wird der Verband von Konteradmiral Takahiro Nishiyama. Er war das zweite Mal in seiner Marinekarriere in Hamburg, weil er bereits 2005 als Ausbildungsoffizier mit der „Kashima“ in der Hansestadt gewesen war.

„Zuletzt habe ich 2019 mit der Deutschen Marine zusammengearbeitet, als ich im Golf von Aden eingesetzt war“, ergänzt Nishiyama. „Ich war der Kommandeur der japanischen Anti-Piraterie-Operation dort, und die Deutsche Marine hatte ein Aufklärungsflugzeug zu dieser internationalen Mission entsandt. Wir mussten täglich und eng im selben Einsatzgebiet zusammenarbeiten.“

Die deutsch-japanische Marinekooperation basiert inzwischen im Wesentlichen auf einem bilateralen Jahresprogramm, das beide Seiten regelmäßig seit 2010 aufstellen. Das bedeutet in der Praxis vor allem Informationsaustausch in vielen fachlichen Bereichen wie Unterwasserseekriegführung und Marinefliegerei. 2024 gibt es aber auch Expertengespräche zwischen deutschen und japanischen Tauchmedizinern sowie Fachleuten für Brand- und Leckabwehr beider Marinen. 

Ein Admiral in dunkelblauer Uniform mit weißer Schirmmütze.

Konteradmiral Takahiro Nishiyama ist Kommandeur des Ausbildungsgeschwaders der japanischen Marine. Es besteht aus drei Schulschiffen: der „Kashima“, der „Shimakaze“ und ihrem Schwesterschiff „Hatakaze“.

Bundeswehr/Nico Theska

„Beide Seestreitkräfte sind sehr modern und sehr leistungsfähig, was Überwasserschiffe, U-Boote, Flugzeuge und so weiter angeht“, sagt Nishiyama. Die nächste Herausforderung für die JMSDFJapan Maritime Self-Defense Force wie auch die Deutsche Marine sei eine gemeinsame: „Wie gehen wir mit neuen Arten der Kriegsführung um? Wie entwickeln wir zum Beispiel Weltraum-, Cyber-, Künstliche-Intelligenz- und autonome Fähigkeiten? Wie setzen wir diese Fähigkeit in der Praxis um? Wir können zum Beispiel sehr viel davon lernen, was gerade in der Ukraine passiert.“

Die letzten, hochrangigen Marinestabsgespräche hatten letztmalig im November 2023 in Tokio stattgefunden. Sie sind erneut für 2025 in Deutschland geplant. Der japanische Marinechef war zuletzt im Februar dieses Jahres offiziell in Deutschland, und der Marineinspekteur hat dessen Nachfolger kurz nach seinem Amtsantritt in Japan getroffen.

Partnerschaft durch standardisierte Einsatzverfahren

Gemeinsame praktische Übungen gibt es dagegen verhältnismäßig wenige – vor allem, weil sich die normalen Operationsgebiete der Deutschen Marine und der JMSDFJapan Maritime Self-Defense Force kaum überschneiden. Treffen Schiffe beider Seestreitkräfte allerdings zusammen wie zum Beispiel 2021 bereits während des Indo-Pacific Deploymentder Fregatte „Bayern“, üben sie gemeinsam seemännische und militärische Verfahren in See.

„Wie Sie wissen, ist Japan nicht NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitglied“, sagt Nishiyama. „Aber wir haben so etwas wie eine Partnerschaft mit standardisierten Einsatzverfahren.“ Beide Seiten bewerten bei solchen Gelegenheiten die Kooperation als sehr gewinnbringend.

Ein graues Kriegsschiff auf offener Wasserfläche; im Hintergrund eine flache, grüne Küste.

Die „Kashima“ ist nicht nur Flaggschiff des kleinen Verbandes aus zwei Schiffen, sondern auch des Ausbildungsgeschwaders der japanischen Marine. Sie wurde 1995 als dezidiertes Schulschiff in Dienst gestellt und ist das einzige Schiff ihrer Klasse.

Bundeswehr/Nico Theska

Die jährliche Übersee-Ausbildungsfahrt unternimmt die japanische Marine seit 1957. Die diesjährige Fahrt ist die 68. ihrer Art. Alle vier Jahre führt sie Schiffe des Ausbildungsgeschwaders aus Kure im südlichen Honshu, der Hauptinsel Japans, rund um den Globus. „Bevor wir in Hamburg ankamen, haben wir sieben Länder besucht“, berichtet der Kommandeur. „In jedem dieser Länder hatten wir die Gelegenheit zu bilateralen Übungen: Brunei, Seychellen, Südafrika, Senegal, Italien, Türkei, Spanien.“

Globalisierung von Sicherheitskooperation binnen einer Generation

Natürlich habe jede Marine dieser Länder ihre eigenen Merkmale, angefangen bei ihren deutlich unterschiedlichen Größen. „Aber der Hauptunterschied ist die Zeit“, sagt Nishiyama. „Ich war vor 28 Jahren bei meiner eigenen großen Ausbildungsfahrt junger Offizieranwärter. Heute ist es viel, viel einfacher als damals, bilaterale Übungen durchzuführen. Koordination und Kommunikation sind sehr viel einfacher.“

„Der Grund dafür ist“, führt er fort, „dass die Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit in den letzten 25 bis 30 Jahren globalisiert wurde. Natürlich auch, weil die Sicherheitsherausforderungen immer globaler wurden. Ob Atlantik oder Pazifik, das spielt heute keine Rolle mehr, man kann sie nicht mehr trennen.“

Ein graues Kriegsschiff in einem Hafen, im Hintergrund Containerschiffe und Containerbrückenkräne.

Die „Shimakaze“ dagegen war als Lenkwaffenzerstörer gebaut worden. 1988 in Dienst gestellt, wurde sie 2021 zu einem Schulschiff umgebaut. Heimathafen beider Schiffe ist Kure in der Präfektur Hiroshima auf Honshu, der Hauptinsel von Japan.

Bundeswehr/Marcus Mohr

Andere Aspekte seien dagegen gleichgeblieben, erläutert Nishiyama. „Grundlegende Teile der Ausbildung unserer Seestreitkräfte einschließlich der Ausbildung in Übersee haben sich seit 2005 nicht geändert. Ziel ist, unsere jungen Offiziere in ihrem maritimen Arbeitsumfeld zu trainieren.“

Übergeordnetes Ziel ist, Gleichgesinnte kennenzulernen

Seine neuen Offiziere seien in Deutschland, um etwas über Geschichte, Kultur, Bräuche und Menschen zu lernen. „Nach dieser Ausbildungsfahrt wird jeder in eine andere Position geschickt – als Pilot, als U-Boot-Fahrer, als Ingenieur. Doch diese Erfahrung muss für die Arbeit in der Marine generell nützlich und hilfreich sein“, so Nishiyama.

„Ich habe bereits erwähnt, dass unsere Sicherheitszusammenarbeit viel stärker globalisiert ist“, führt er fort. „Um diese Zusammenarbeit wirklich zu untermauern, müssen unsere jungen Offiziere unsere Partner kennen. Ich möchte ihnen so viel wie möglich Gelegenheit geben, gleichgesinnte Länder kennenzulernen.“

Die diesjährige Übersee-Ausbildungsfahrt wird voraussichtlich am 11. November enden. „Kashima“ und „Shimakaze“ werden dann rund 35.000 Seemeilen zurückgelegt haben. Hamburg haben sie am 2. September in Richtung London verlassen.

Impressionen: Marinediplomatie und Völkerverständigung

  • Ein graues Kriegsschiff fährt auf eine Stadtsilhouette mit Kirchtürmen, Hochhäusern und Kränen zu.

    Kurs Elbphilharmonie: Während das Flaggschiff des Verbandes, die „Kashima“, bereits festgemacht hat, steuert die „Shimakaze“ Richtung Stadtzentrum. Der Liegeplatz der beiden Schiffe gehört aufgrund seiner Lage zu den teuersten in Deutschland.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Eine Motorbarkasse bewegt sich neben dem Heck eines grauen Kriegsschiffes, ein Mensch steigt über.

    Für die jungen Seeoffiziere auf den japanischen Schulschiffen bedeutet die Ankunft in Deutschland Konzentration bis zum letzten Moment. Im ausländischen Revier auf der Norderelbe hilft der Lotse, der hier auf der „Kashima“ einsteigt.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Vor dem Bug eines grauen Kriegsschiffs bewegt sich ein kleiner Schlepper.

    Noch vor der „Shimakaze“ ist die „Kashima“ im Hamburger Hafengebiet angekommen. Schlepper nehmen sie in Empfang, vor allem, um das mehr als 140 Meter lange Schiff kurz hinter der Elbphilharmonie auf der nur 250 Meter breiten Norderelbe zu wenden.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Ein graues Kriegsschiff in einem Hafen, im Hintergrund mehrstöckigen Büro- und Wohngebäude am Ufer.

    Die „Kashima“ nach der Wende. Sie schon beim Einlaufen zu drehen, erleichtert das Auslaufen. Aller Service – Schlepper, Lotsen, Liegeplatz und vieles mehr – ist mit Hilfe der Bundeswehr organisiert, gehört aber zu den japanischen Kosten.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Ein Marinesoldat in weißer Arbeitsuniform mit kurzen Ärmeln.

    Nach dem Anlegen verbinden doppelte Stellings beziehungsweise Gangways beide Schiffe miteinander und mit der Pier. Aber das Kommando „Stelling frei!“ bedeutet für die Besatzungen noch keinen Feierabend in der für sie neuen Stadt.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Mehrere Marineoffiziere gehen auf ein Segelschiff in einem Hafen zu.

    Antrittsbesuch, der erste: Nach dem Einlaufen machen die Besucher aus Japan zunächst dem Landeskommando Hamburg ihre Aufwartung. Repräsentativer maritimer Treffpunkt dafür ist das Museumsschiff „Rickmer Rickmers“.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Vier Personen stehen in einem Saal.

    Antrittsbesuch, der zweite: Hamburgs Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank (3.v.l.), begrüßt die japanische Delegation – bestehend aus Botschafter, Kommandeur und Generalkonsul – im prunkvollen Festsaal des Rathauses der Hansestadt

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Sechs Menschen sitzen sich an einem großen Tisch gegenüber.

    Zur Marinediplomatie gehört die intensive förmliche Gastfreundschaft, hier beim persönlichen Gespräch im Senatsflügel des Rathauses. Je ausführlicher diese zeitlosen Rituale ausfallen, desto mehr Wertschätzung herrscht zwischen beiden Partnern.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Mehrere Marineoffiziere stehen in einer Gruppe für eine Besprechung.

    Schiffsbesuche aus dem Ausland bedeuten für das Landeskommando in Hamburg oft viel organisatorischen Aufwand. Hier bespricht sich der Protokollchef mit seinen Verbindungsoffizieren vor Beginn des Empfangs auf den japanischen Schiffen.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Ein Mann steht hinter einem Rednerpult mit Mikrofon.

    Goldstandard eines formellen Marinebesuches: Auf dem diplomatischen Empfang an Bord des Flaggschiffes spricht Japans Botschafter in Deutschland, Hidenao Yanagi. Er erinnert vor allem daran, welche gemeinsamen Werte beide Nationen verbinden.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Fünf Männer in blauen Jacken schlagen mit Holzhämmern auf ein Holzfass.

    Nach den Reden von Diplomaten, Admiralen und Stadthonoratioren weicht der Empfang auf der „Kashima“ vom sonst Üblichen ab. Das Büffet eröffnen Ehrengäste und Gastgeber mit dem gemeinsamen Aufschlagen von Sake-Fässern.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Vier Männer stehen in einer Reihe und schlagen mit Holzstöcken auf große Trommeln.

    Traditionelle japanische Musik bietet im Festzelt auf dem Flugdeck der „Kashima“ ein Ensemble von Taiko-Trommlern

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Zwei Männer zerschneiden einen großen Thunfisch, der vor ihnen auf einem Tisch liegt.

    Japanische Soft Power: Den über 200 Gästen während des Empfanges am Abend des 30. August bieten die Smuts auf dem Flaggschiff „Kashima“ frisch zu bereitetes Sushi an

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Zwei Männer in grünen Jacken stehen an einem überdachten, kleinen Grill.

    Organisatorisch machen es zwei Schiffe leichter, den Empfang auszurichten. So kann die „Shimakaze“, die Seite an Seite mit ihrem Flaggschiff liegt, den Gästen, die keinen Fisch essen, einen Teriyaki-Grill auf ihrem offenen Flugdeck bieten.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Zwei Judokämpfer stehen auf grünen Matten, der eine wirft den anderen zu Boden.

    Zum Programm des Empfangs gehört auch eine Judovorführung auf der „Shimakaze“. Fast täglich übt das Team auch in See den Kampfsport, auch um diesen Part japanischer Kultur mit in die Gastländer zu bringen.

    Bundeswehr/Nico Theska
  • Zwei Admirale stehen vor eine Weltkarte, einer zeigt auf eine eingezeichnete Linie.

    Wichtigster Zweck diplomatischer Empfänge ist das persönliche Netzwerken. Verbandskommandeur Nishiyama trifft zum ersten Mal den deutschen Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack (vorne rechts).

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Zwei Kriegsschiffe liegen nebeneinander nachts in einem Hafen, sie sind mit Lichterketten beleuchtet

    An Deutschlands wohl exklusivstem Liegeplatz, im Herzen Hamburgs an der Überseebrücke, präsentieren sich die japanischen Kriegsschiffe von ihrer besten Seite. Über alle Toppen und Relings haben sie Lichterketten ausgebracht.

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Viele Menschen stehen und bewegen sich auf dem Flugdeck eines Kriegsschiffs.

    Am Wochenende nach dem offiziellen Empfang öffnen beide Schiffe ihre Stellings für die deutsche Öffentlichkeit. Rund 7.000 Neugierige kommen an den zwei Tagen des Open Ship an Bord.

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Ein Junge nimmt die Mütze eines Marineoffiziers in die Hand.

    Repertoire der Marinediplomatie: Zweck eines jeden Open Ship ist, Offenheit und Gastfreundschaft für möglichst viele Menschen in einem besuchten Hafen zu zeigen. Jede persönliche Begegnung zählt.

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Zwei graue Kriegsschiffe liegen nebeneinander an einer Pier.

    Die japanischen Schiffe haben am 1. und 2. September enorm viel Zulauf, auch weil die Überseebrücke zu den Touristenmagneten Hamburgs gehört. Bei den vielen Begegnungen kann der Besuch der japanischen Marine in Deutschland als Erfolg gelten.

    Bundeswehr/Marcus Mohr
  • Marineoffiziere stehen in einem hellen Kirchenraum.

    Währenddessen erleben die Besucher aus Kure dank mehrerer Stadtführungen Geschichte und Kultur Hamburgs, hier in der Hauptkirche Sankt Michaelis. Das steht in guter Tradition japanischer Studienreisen seit der Meiji-Restauration im 19. Jahrhundert.

    Bundeswehr/Oliver-Lucca Stamm
von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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