Luftwaffe

Vom Nischenprodukt zum Allrounder – zehn Jahre Rundsuchgerät RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile

Vom Nischenprodukt zum Allrounder – zehn Jahre Rundsuchgerät RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile

Datum:
Ort:
Schönewalde
Lesedauer:
5 MIN

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Der Flugführungsdienst der Luftwaffe und im Speziellen der Teilbereich des Einsatzführungsdienstes gewährleistet die Sicherheit des Landes und die Souveränität im deutschen Luftraum. Mit seinen beiden Einsatzführungsbereichen in Schönewalde und Erndtebrück sorgt der Einsatzführungsdienst für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Bedrohungen aus der Luft – rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr.

Mittels eines Netzwerkes von militärischen Großraum-Radarsensoren und zivilen Flugsicherungs-Radargeräten werden alle Flugbewegungen im deutschen Luftraum in den Einsatzführungszentralen erfasst und identifiziert. Das so generierte Luftlagebild ist die Grundlage für den Einsatz fliegender Waffensysteme.

Das Radom auf dem ehemaligen Flugplatz Berlin-Tempelhof

Das Radom auf dem ehemaligen Flugplatz Berlin-Tempelhof ist eines von zahlreichen Radaren zur Überwachung des deutschen Luftraums

Bundeswehr/Benjamin Albert

Um bei Abschaltzeiten der fest installierten, stationären Sensoren oder im Rahmen von Großvorhaben den Bedarf der Luftraumüberwachung zu gewährleisten, wurde nach einem mobilen, verlegefähigen Radar gesucht. Mit dem RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile wurde letztendlich ein geeignetes System gefunden.

Zehn Jahre RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile – Vom Nischenprodukt zum Allrounder

Geschafft! Am 14.12.2021 feiert das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile sein zehnjähriges Jubiläum. Das ebenfalls unter dem Projektnamen VERALÜ (verlegefähiges Radar Luftraumüberwachung) bekannte 3D-Rundsuchgerät des Einsatzführungsdienstes blickt auf eine erfolgreiche Historie von Übungen und Einsätzen im In- und Ausland zurück, bei denen es immer wieder seine Funktionalitäten unter Beweis stellte.

Die Luftwaffe betreibt zwei Radarsysteme dieses Typs, die weltweit unabhängig voneinander zum Einsatz kommen können. Deutschland ist in der NATONorth Atlantic Treaty Organization eine der wenigen Nationen,  die verlegefähige Radarsysteme zur großräumigen Luftaufklärung im Inventar hat. Durch die Möglichkeit der weltweiten Anbindung dienen die Radargeräte als „Augen“ der taktischen Gefechtsstände von Luftstreitkräften. Insbesondere mit dem ebenfalls im Einsatzführungsbereich 3 betriebenen, verlegbaren Gefechtsstand, dem DCRCDeployable Control and Reporting Centre (Deployable Control and Reporting Centre), stellt das RAT-31 DL/MD-Band long range / mobile einen wichtigen Fähigkeitsbeitrag zur umfassenden Luftraumüberwachung dar.

Zwei olivgrüne Container in denen sich die Radargeräte befinden, stehen auf einer großen Rasenfläche

Die mobile Einsatzgruppe betreibt zwei der Radargeräte RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile

Bundeswehr/Steffen Eichner
Der Blick von oben auf eine Zelt- und Containerstadt

Die Radardaten werden in den mobilen Gefechtsstand (DCRCDeployable Control and Reporting Centre) übermittelt und ergeben eine Gesamtübersicht für die Luftraumüberwachung

Bundeswehr/Andreas Remmel

Die Anfänge des Radars

Bereits vor der eigentlichen Indienststellung im Jahr 2011 ging das Radargerät mit seinem künftigen Personal auf Reisen. So führten die Soldaten des Einsatzführungsbereiches 3 eine Verlegeübung in das nahe gelegene Gleina zum Abgesetzten Technischen Zug 355 durch. Hier sollte das Gerät vor der Übernahme durch die Luftwaffe zwei Wochen lang auf Herz und Nieren geprüft werden.

Mit seiner Erfassungsreichweite von bis zu 400 Kilometern und sechs Antennenumdrehungen pro Minute deckt das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile den Luftraum bis zu einer Höhe von 100.000 Fuß ab. Das entspricht in etwa 33 Kilometern. Zusätzlich verfügt es über eine Sendeleistung von 46 Kilowatt. Mit Hilfe der zeitgemäßen Phased-Array-Technik wird durch Überlagerung einzelner kleiner Wellen ein gerichteter Radarstrahl erzeugt.

Auf einer großen Rasenfläche ist ein Radom und zwei olivgründe Container zu sehen, in denen sich Radargeräte befinden

Vor der Übernahme in die Luftwaffe wird das Rundumsuchgerät eingehend getestet

Bundeswehr/Steffen Eichner

In den Jahren 2012 und 2013 fand schließlich die Überprüfung der Zusammenarbeit mit dem DCRCDeployable Control and Reporting Centre des Einsatzführungsbereiches 3 statt. Es wurde getestet, mit welchen Mitteln und wie zuverlässig die Radardaten an das DCRCDeployable Control and Reporting Centre weitergeleitet werden.

Seinen ersten „scharfen“ Einsatz erlebte das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile dann 2014. Es diente als Kompensationsradar für die ortsfeste militärische Radaranlage in Brekendorf, die im Zuge des Systemwechsels vom Medium Power Radar zum Groundmaster 406F nicht genutzt werden konnte. Hier erfüllte es mit der Kompensation eines stationären Sensors erstmals eine seiner Hauptaufgaben und trug aktiv zur Überwachung des deutschen Luftraumes bei.

Auf einer Betonplatte stehen mehrere olivgrüne Container, in denen sich Radargeräte befinden

Bei seinem ersten Einsatz als Kompensationsradar konnte das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile im Jahr 2014 seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen

Bundeswehr/Steffen Eichner
Zwei olivgrüne Container stehen auf einer kreisförmigen Betonplatte. Vor ihnen ist ein senkrecht stehendes Radar aufgebaut

Auch während komplexer Übungen der Luftwaffe zeigte das Rundumsuchgerät aus der Stellung Schönewalde heraus seine Leistungsfähigkeit

Bundeswehr/Steffen Eichner

Parallel dazu wurde das verbliebene zweite Radargerät im Rahmen der Teilnahme an der Übung „JAWTEX 2014“ aus der Friedenseinsatzstellung in Schönewalde heraus betrieben. Damit wurde der Nachweis erbracht, dass es funktioniert, beide Radargeräte parallel an unterschiedlichen Standorten zu betreiben. „Mission accomplished“

Der große Sprung – auch international bereichernd

Während das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile bislang nur im Inland eingesetzt wurde, brachte das Jahr 2015 neue Herausforderungen mit sich. Gleich zweimal verlegte das Radarsystem im Rahmen von Übungen ins europäische Ausland. Während „Frisian Flag“ in den Niederlanden wurde das Zusammenspiel mit dem deutschen DCRCDeployable Control and Reporting Centre getestet und erste Schwierigkeiten, die der weltweite Einsatz des Radarsystems mit sich bringt, wurden erkannt und professionell gemeistert.

Eine neue Etappe der Nutzung folgte Ende 2015. Dafür wurde das Radarsystem mitsamt Personal in einer Antonov 124 nach Lettland verlegt, um im Rahmen der Übung „Ramstein Dust“ das NATONorth Atlantic Treaty Organization CRCCrowd and Riot Control (Control and Reporting Center)  mit Radardaten zu versorgen. Hier wurde das Radarsystem erstmalig mit den CRCCrowd and Riot Control von Partnernationen im Baltikum verbunden. Diese erste erfolgreiche Einbindung bildete die Grundlage für spätere Einsatzoptionen im Ausland.

Ein Radargerät wird in den Rumpf eines Transportflugzeugs geladen

Die Luftverladefähigkeit ermöglicht einen weltweiten Einsatz des RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile

Bundeswehr/Steffen Eichner

Den flexiblen und taktischen Einsatz des Radars zeigten die Soldaten des Einsatzführungsbereiches 3, indem sie im gleichen Jahr auch noch ihre beiden originären Aufträge im Inland durch die Kompensation der Radarsensoren Tempelhof und Döbern, sowie der Verdichtung des Radarbildes im Zuge des G7Gruppe der Sieben Gipfels in Elmau erfüllten. Elmau brachte das Gerät und das Personal bei 37 Grad Celsius ordentlich ins Schwitzen, aber zumindest das Radar ist die Temperaturen aus seiner italienischen Heimat gewohnt.

Von Landes- zu Bündnisverteidigung

Die folgenden Jahre waren geprägt durch die Einsätze im Baltikum im Rahmen von Persistent Presence. In den Jahren 2016 und 2017 verlegte das Radarsystem gemeinsam mit dem DCRCDeployable Control and Reporting Centre nach Lettland und wurde von diesem disloziert nahe der russischen Grenze eingesetzt, um auch hier eine umfassende Luftraumüberwachung zu gewährleisten.

Auch die Zusammenarbeit mit Staaten die nicht der NATONorth Atlantic Treaty Organization angehören, wurde weiter ausgebaut. So fand eine gemeinsame Übung mit dem Österreichischen Bundesheer statt. Dabei wurde das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile als stationäres System betrieben. Seither findet ein reger Erfahrungsaustauch mit dem Nachbarland statt.

  • Das Radar RAT 31 aufgebaut an einer Küste

    Einsatz des Radarsystems im Rahmen von Persistent Presence 2016 an der baltischen Küste

    Bundeswehr/Steffen Eichner
  • Ein Lastkraftwagen fährt bei Dunkelheit von einer Fähre zurück auf eine befestigte Straße

    Die Überfahrt ins Baltikum erfolgte mit einer Fähre

    Bundeswehr/Steffen Eichner
  • Ein kugelförmiges Radom wird per Kran auf ein Radar gesetzt

    Nach jahrelangem Betrieb bei Wind und Wetter musste das Radom am Döbraberg ersetzt werden. Beim Aufsetzen des neuen Radoms war Millimeterarbeit gefordert.

    Bundeswehr/Daniel Melzer
  • Ein Container wird in den Rumpf eines Transportflugzeugs geladen

    Bei der Verladung des Radars in eine gecharterte Transportmaschine vom Typ Antonov war Konzentration gefordert. Das Radar wird mit dem Flugzeug ins Einsatzgebiet gebracht.

    Bundeswehr /Thorsten Weber

Stets den Hauptauftrag der deutschen Luftraumüberwachung erfüllend, kompensierte das RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile in den Jahren 2018 und 2019 den Ausfall der stationären Sensoren in Marienbaum und Döbraberg. Die beiden stationären Systeme mussten einer Wartung unterzogen werden.

Aktuell erfährt das RAT31 DL/MD-Band long range / mobile seine bisher größte Bewährungsprobe. Im Rahmen des Einsatzes Counter Daesh befindet sich das Radarsystem auf der Al-Asad Airbase im Zentralirak und liefert dort Daten zur Luftraumüberwachung. Trotz der großen Belastung für Mensch und Maschine sind die Fähigkeiten des Radargerätes bei den internationalen Partnern sehr gefragt und zur abgestimmten Operationsführung unerlässlich.

Auftrag erfüllt

Zehn Jahre RAT 31 DL/MD-Band long range / mobile und der beschrittene Weg, der aktuell im Einsatz im Zentralirak gipfelt, sprechen für das Waffensystem und seine Fähigkeiten. Die Bundeswehr verfügt damit über ein kampferprobtes Radar, das bereits jetzt ein außerordentlich breites Spektrum an Einsätzen erfahren hat. Diesen Erfolgsweg auf der Überholspur wird der Einsatzführungsbereich 3 auch künftig weitergehen und blickt mit Stolz auf die Leistung des Gerätes und der Soldatinnen und Soldaten, die hinter ihm stehen.

Mehrere Container sind mit sandfarbenen Planen abgedeckt. Im Hintergrund ist ein aufgestelltes Radar zu sehen.

Einsatz im Rahmen von „Counter Daesh“ auf der Al-Asad Airbase im Zentralirak

Bundeswehr/Felix Schmidt
von Sebastian Otto

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