Luftwaffe
Simulatortraining

Training Center C-130J“: Das Haus für alle Flug-Katastrophen der Super Hercules

Training Center C-130J“: Das Haus für alle Flug-Katastrophen der Super Hercules

Datum:
Ort:
Evreux
Lesedauer:
5 MIN

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Es ist ein unauffälliges Gebäude auf der Base Aérienne 105, dem Standort der deutsch-französischen Lufttransportstaffel in Évreux. Außen steht schlicht „Training Center C-130J“. Doch innen brennt und stürmt es. Triebwerke fallen aus, Gefahrgut verrutscht, Bremsen blockieren, Öl tritt aus. Immer wieder müssen Piloten, Ladungsmeister und Mechaniker Notfälle bewältigen, Probleme lösen. Echte Abstürze oder Verwundete gibt es trotzdem nicht. Denn all das findet in Simulatoren statt.

Ein Soldat mit Gasmaske sitzt in einem Cockpit voller Rauch.

Wo Rauch ist, ist nicht immer Feuer: Im Full-Flight-Simulator des Trainingscenters in Évreux können mithilfe ausgefeilter Technik und einer Nebelmaschine auch brenzlige Situationen trainiert werden, ohne dass Mensch oder Maschine Schaden nehmen

Bundeswehr/Francis Hildemann

Im Cockpit der KC-130J ist kaum die Hand vor Augen zu sehen. Rauch quillt in den Innenraum, die Piloten setzen ihre Atemmasken auf und arbeiten konzentriert daran, die Ursache des Problems zu lösen. Eine Halle weiter bugsieren zwei Ladungsmeister unter Aufsicht ihres Ausbilders mit einem Gabelstapler schwer bepackte Paletten in den Laderaum einer C-130J. Und nur durch ein paar Wände getrennt, sitzen französische und deutsche Soldatinnen und Soldaten gemeinsam beim theoretischen Unterricht.

Drei Simulatoren für alle (Not-)fälle

Das „Training Center C-130J“ auf dem Gelände der deutsch-französischen Lufttransportstaffel in Évreux vereint auf rund 4.000 Quadratmetern Fläche Büros, Unterrichtsräume und vor allem drei verschiedene Simulatoren: einen sogenannten Full-Flight-Simulator, einen Cockpit-Trainer und einen Rumpf-Simulator. Mit ihnen werden die Piloten, Ladungsmeister und Techniker der Staffel aus- und weitergebildet.

Der Hersteller der Super-Hercules-Transportflugzeuge, der USUnited States-amerikanische Konzern Lockheed Martin, hat das Trainingscenter gebaut und ausgestattet. Grundlage dafür ist ein Vertrag zwischen den USA, Deutschland und Frankreich. Die Kosten haben sich Deutschland und Frankreich geteilt. Alexandre Schaeffer von Lockheed Martin leitet das Trainingscenter mit 18 zivilen Angestellten. Sie alle haben gut zu tun. Allein in diesem Jahr, in dem das Center offiziell eröffnet wurde, finden insgesamt 60 verschiedene Trainings mit 194 Teilnehmenden statt.

80 Flugstunden für das Type Rating

Ein Mann schaut in die Kamera.
Alexandre Schaeffer Bundeswehr/Johannes Heyn
„Dieser Simulator ist der modernste in ganz Europa.“

„Je nach Art der Ausbildung dauert ein Training zwischen zwei Wochen und zweieinhalb Monaten“, erklärt Schaeffer. Eins der längeren Module ist das sogenannte Type Rating. Dabei werden die Piloten der binationalen Lufttransportstaffel für das Flugzeugmuster C-130J ausgebildet. Das heißt, sie sind bereits lizenzierte Piloten, doch für jeden Flugzeugtyp, den sie fliegen wollen, benötigen sie eine Zusatzausbildung. Bisher fand diese in den USA statt. „Jetzt können wir das komplett im Simulator machen“, erklärt Schaeffer. „80 Flugstunden brauchen die Piloten dafür. Das geht im Simulator deutlich schneller als in den echten Flugzeugen, weil die nicht immer zur Verfügung stehen. Und es spart natürlich viel CO.“

Zwei Piloten haben das Simulator-Type-Rating bereits erfolgreich absolviert, ein deutscher und ein französischer. Capitaine Charaf, der gerade noch im Cockpit des Full-Flight-Trainers gegen den Rauch gekämpft hat, ist einer davon. „Dieser Simulator ist der modernste in ganz Europa“, sagt er begeistert. „Er hat dieselbe Softwareversion wie die Maschinen der Staffel. Hier können hunderte von Lagen eingespielt werden: Triebwerkschäden, schlechtes Wetter, Beschuss, Brände und alles, was sonst möglich ist. Und natürlich kann man die verschiedenen Probleme noch miteinander kombinieren.“

Der Full-Flight-Simulator trägt seinen Namen zu Recht. In der zehn Meter hohen, 14 Tonnen schweren weißen Kugel, die auf schwarzen Stelzenbeinen steht, vergisst man schnell, dass es sich nicht um ein richtiges Flugzeug handelt. Jede Flugbewegung vom Start bis zur Turbulenz wird von der Hydraulik simuliert und der „Ausblick“ ist täuschend echt.

Ein großes weißes geschlossenes Gerät mit schwarzen Stelzenbeinen und Kabeln in einer Halle.

In den Full-Flight-Simulator gelangt man über eine Treppe mit Steg. Vor dem Start wird diese entfernt, damit der Simulator frei schwingen kann. Das Cockpit innen kann auf C-130J und KC-130J eingestellt werden.

Bundeswehr/Francis Hildemann
Zwei Soldaten in Fliegerkombi posieren vor einem großen weißen Gerät für ein Foto.

Hauptmann Marc (l.) und Capitaine Charaf haben die virtuellen Probleme ihres Simulatorflugs gelöst. Der deutsche Hauptmann hat seine C-130J-Ausbildung in den USA absolviert, der französische Capitaine als einer der ersten hier im Simulator.

Bundeswehr/Francis Hildemann

Fehler einbauen: Das geht nur im Simulator

Doch nicht nur beim Pilotentraining spart das Trainingscenter viel Zeit, Geld und Ressourcen, auch bei der Ausbildung von Mechanikern und Ladungsmeistern. „Bisher wurden alle Mechaniker direkt an den echten Maschinen ausgebildet“, sagt Hauptfeldwebel David, „da können und wollen wir natürlich keine Fehler einbauen. Aber hier im Trainingscenter ist alles möglich: Triebwerksläufe, wie sie nach größeren Instandsetzungen nötig sind, Dichtigkeitsläufe nach einem Filter- oder Ölleitungswechsel oder wenn ein Bauteil ausgetauscht werden muss.“

Am sogenannten Rumpf-Trainer trainieren heute aber keine Mechaniker, sondern zwei angehende Ladungsmeister: Hauptfeldwebel Dustin (33) und Oberfeldwebel Adrian (27) absolvieren gerade einen dreiwöchigen Lehrgang, um den ersten, den logistischen, Teil ihrer Ausbildung zum Ladungsmeister auf der C-130J abzuschließen.

Ladungsmeister durchlaufen drei Ausbildungsstufen: bei der ersten geht es um den normalen Transport von Gütern von A nach B. Wer „eingeschränkt combat ready“ ist, darf auch Fallschirmspringer befördern und Paletten abwerfen. Fertig ausgebildete Ladungsmeister sind „combat ready“ und können in Einsatzgebiete mitfliegen.

Was wird wo und wie am besten verstaut?

Der Rumpf-Trainer ist eine alte C-130B aus den 1960er-Jahren, die für das Training umgebaut wurde. Die „Trockenübungen“ sind daher sehr realistisch, mit den gleichen Maßen wie in der echten Maschine. Egal, ob es um Paletten, Autos oder Gefahrgüter geht, hier üben alle Ladungsmeister, wie was wo am besten verstaut und verzurrt wird. Sie lernen die Notfallverfahren unter echt wirkenden Bedingungen. Wenn zum Beispiel Rauch – aus der Nebelmaschine – den ganzen Flugzeugkörper füllt, können die Übenden kaum etwas sehen, müssen aber trotzdem das Feuer löschen und die Nottüren öffnen, damit der Rauch abziehen kann.

Gefahrgüter sind am schwierigsten zu verladen. „Es gibt viele verschiedene und alle brauchen bestimmte Abstände zur anderen Ladung. Man muss Mindestabstände einhalten und das Ganze vorher berechnen, damit die Ladung austariert ist und das Flugzeug im Gleichgewicht bleibt“, sagt Hauptfeldwebel Dustin. Munition zum Beispiel wird so verstaut, dass sie bei einem Brand schnell abgeworfen werden kann, ohne die restliche Ladung, das Flugzeug oder die Crew zu gefährden.

Die Ladungsmeister sind natürlich auch, wenn sie noch nicht fertig ausgebildet sind, bei „richtigen“ Flügen dabei und arbeiten mit einem Ausbilder zusammen. Oberfeldwebel Adrian war unter anderem bei der Übung Pacific Skies in Australien, Malaysia und Sri Lanka dabei.

  • Ein Flugzeugrumpf mit offener Ladeluke in einer Halle. Per Gabelstapler wird eine Palette eingeladen.

    Paletten, Fahrzeuge, Fallschirmspringer: Was auch immer transportiert werden muss, an dieser C-130B üben die Ladungsmeister der Rhein-Staffel, wie es am besten funktioniert.

    Bundeswehr/Francis Hildemann
  • Zwei Soldaten stehen an der geöffneten Ladeklappe eines Flugzeugs.

    Hauptfeldwebel Dustin (r.) und Oberfeldwebel Adrian üben am Rumpf-Trainer in Évreux. Dustin war vorher CH-53-Mechaniker in Laupheim, Adrian kommt vom Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf. Beide haben sich für die C-130J entschieden.

    Bundeswehr/Francis Hildemann
  • In einem Raum sind die Pilotensitze und Instrumente eines Cockpits aufgebaut.

    Nicht für alle Übungsflüge muss es der Full-Flight-Simulator sein. Oft reicht den deutschen und französischen Piloten auch der Cockpit-Trainer. Das spart in jedem Fall viel CO₂ und die Umwelt wird weniger durch Abgase oder Lärm belastet.

    Bundeswehr/Francis Hildemann

Zwischendrin auf „Pause“ drücken

„Der Mehrwert im Training und in der Flugsicherheit für die Staffel ist mit Geld nicht aufzuwiegen“, sagt Oberstleutnant Thomas, der als Chief of Operations für die Flugeinsätze der Rhein-Staffel verantwortlich und selbst Pilot ist. „Wir nutzen das Trainingscenter für Check- und Trainingsflüge und überprüfen in den Simulatoren auch Situationen aus echten Flügen. Hier können wir zwischendurch auf ‚Pause‘ drücken, um das Geschehen in Ruhe zu analysieren.“

Auch geplante Missionen und einsatznahe Extremsituationen können vorher im Trainingscenter durchgespielt werden. Besonders für die Spezialkräfte ist das eine gute Möglichkeit, um schnell für taktische Landungen oder andere Szenarien zu üben. Künftig könnte der Full-Flight-Simulator mit weiteren Simulatoren der Luftwaffe und mit denen anderer Nationen verbunden werden, um gemeinsam virtuell Szenarien unter verschiedensten Bedingungen zu fliegen.

von Stefanie Pfingsten

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