Luftwaffe
Lehrgang in Fürstenfeldbruck

Für die Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter geht es hoch hinaus

Für die Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter geht es hoch hinaus

Datum:
Ort:
Fürstenfeldbruck
Lesedauer:
4 MIN

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Die Marine fährt zur See, das Heer mit dem Panzer und die Luftwaffe – logisch – fliegt. Das gilt glücklicherweise auch schon für die Offizieranwärter in Fürstenfeldbruck. Eine Woche Segelfliegen ist fester Bestandteil der Ausbildung. Hoch oben, aber auch am Boden macht Anwärterin Elena K. die Erfahrung: Flugbetrieb ist echte Teamarbeit.

Eine junge Soldatin sitzt am Steuer eines Segelflugzeugs.

Offizieranwärterin Elena K. fiebert dem Start entgegen

Privat/Lena Ellinger

Die Haube rastet ein. Der Startcheck ist abgeschlossen. Daumen hoch – das Zeichen für meinen Kameraden an der Tragfläche, der den Start koordiniert. Es kann losgehen. Das Windenseil strafft sich und in Sekundenschnelle schießt das Segelflugzeug Richtung Horizont, begleitet von einem aufgeregten Surren des Windenseils. Der Wind rauscht um die Tragflächen, das Flugzeug steigt weiter in den Himmel. Der Höhenmesser im Cockpit zeigt 300 Meter. Ich betätige den Ausklinkhebel, das Windenseil löst sich vom Flugzeug. Wir gleiten nun frei, getragen von den unsichtbaren Kräften der Thermik.

Vom Simulator ins Cockpit

Rückblick: Der kleine Flugplatz in der Stadt Oerlinghausen südöstlich von Bielefeld liegt nicht gerade um die Ecke von Fürstenfeldbruck, dem Standort der Offizierschule der Luftwaffe (OSLw). Aber weil alle Offizieranwärterinnen und -anwärter der Luftwaffe – unabhängig von ihrer späteren Tätigkeit – eine theoretische und praktische Einweisung in den Segelflugsport erhalten sollen, verteilen wir uns auf mehrere Segelflugplätze in Deutschland. 

Schon am Sonntagnachmittag sind wir nach Ostwestfalen gestartet, um den ersten Ausbildungstag nicht mit der langen Anfahrt aus Fürstenfeldbruck zu verlieren. Anders als an einem normalen, bisweilen etwas verschlafenen Montagmorgen steht in den Gesichtern diesmal hauptsächlich eins geschrieben: Aufregung. Denn was wir bis dato nur im Flugsimulator an der OSLw erleben konnten, wird nun Realität: Fliegen!

Gemeinsam mit den Fluglehrern schieben wir die vier Segelflugzeuge, die diese Woche für meine Hörsaalkameraden und mich zur Verfügung stehen, aus der Halle über den Flugplatz. Damit ein Segelflugzeug jedoch überhaupt starten kann, sind viele tatkräftige Hände notwendig.

Flugschülerin und Fluglehrer stehen vor einem Segelflugzeug.

Fallschirm angelegt: Flugschülerin Elena K. (Mitte) und Fluglehrer Horst Seipolt (rechts) sind bereit zum Einsteigen.

Privat/Lena Ellinger

Flugbetrieb ist Teamarbeit

Der Schreiber notiert den Start- und Landezeitpunkt sowie, wer im Flugzeug sitzt. Der Telefonist steht während des gesamten Startvorgangs in Telefonkontakt mit dem Windenfahrer und gibt diesem das „Go“ für das Anziehen des Seils. Eine weitere Person fährt den Seiltransportanhänger, mit dessen Hilfe die Seile der Winde zurück zum Start gezogen werden. 

Der Startleiter sorgt für Ordnung und Sicherheit am Flugplatz und koordiniert in Absprache mit den anderen (Motor-)Flugzeugen die Startreihenfolge. Dies zeigt, dass Flugbetrieb Teamleistung ist – und dass (Segel-)Flugzeuge nur fliegen können, wenn viele Menschen am Boden gemeinsam anpacken.

Die Welt aus einer anderen Perspektive

Da nur die wenigsten von uns fliegerische Vorerfahrungen geschweige denn eine Segelfluglizenz besitzen, fliegt in der zweisitzigen Maschine immer ein Segelfluglehrer mit. Horst Seipolt ist seit über zwölf Jahren Segel- und Motorfluglehrer und betreut schon zum neunten Mal Offizieranwärterinnen und -anwärter. „Ich finde es sehr gut, dass die Luftwaffe ihren Offizieranwärtern Segelflug-Lehrgänge anbietet“, sagt Seipolt. „Zum einen ist das eine gute Gelegenheit, als Gruppe zusammenzuwachsen, weil Segelfliegen nur im Team funktioniert. Zum anderen eröffnet es die Möglichkeit, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten.“

Bevor man jedoch in das circa acht Meter lange und 17 Meter breite Segelflugzeug – in unserem Fall eine Maschine vom Typ ASK 21 – einsteigt, muss man zur Sicherheit einen Fallschirm anlegen. Im Cockpit selbst führen wir dann den Startcheck durch. Dazu kontrollieren wir unter anderem, ob das Funkgerät angeschaltet ist und ob die verschiedenen Ruder freigängig funktionieren.

Ein Segelflugzeug am blauen Himmel.

Ein Segelflugzeug vom Typ ASK 21 nutzt die Thermik, um aufzusteigen

Privat/Aman Born

Fliegen lernt man nur durch Fliegen

Nun geht es los: Bei den ersten Runden steuert eher der Fluglehrer, nach fünf Starts darf ich übernehmen. „Selbst wenn ich einen absoluten Neuling im Cockpit sitzen habe, ist es mir wichtig, den Flugschüler frühzeitig selbst steuern zu lassen“, so Fluglehrer Seipolt. Anders ausgedrückt: Fliegen lernt man nur durch (selbst) Fliegen. 

Auf unserem Flugprogramm stehen: Sauber geradeaus fliegen, Kurvenflüge mit unterschiedlicher Neigung und Langsamflüge – natürlich mit Hilfe und Tipps des Fluglehrers. „Die Mehrzahl der Offizieranwärter ist nach einem viertägigen Lehrgang in der Lage, das Flugzeug zu starten, zu fliegen und zu landen“, so Seipolts Erfahrung.

Vor allem die ersten Flüge waren für uns alle ein atemberaubendes Erlebnis. „Überwältigend, dass man nur vom Wind getragen wird. Das macht das Segelfliegen einfach unglaublich“, schwärmt mein Kamerad, Obergefreiter Patrick H. Verteilt über die fünf Tage sind für jeden Offizieranwärter 20 Windenstarts vorgesehen. Wenn es keine oder wenig Thermik gibt, verliert man nämlich schnell wieder an Höhe. Einmal hatte ich allerdings Glück und kreiste fast eineinhalb Stunden durch die Lüfte.

Ein junger Mann sitzt am Steuer eines Segelflugzeuges und blickt nach draußen.

Blick aus dem Cockpit des Segelflugzeugs, mit dem die Offizieranwärter eine Woche lang immer wieder geflogen sind

Privat/Aman Born

Zum Einsteigen ins Cockpit muss keiner gezwungen werden, die Begeisterung für das Segelfliegen hält während der ganzen fünf Ausbildungstage an. Nur wenige wollen einen Tag Pause einlegen, weil ihnen die rasanten Kurven und G-Kräfte doch auf den Magen geschlagen haben.

Beliebtes Highlight im Offizieranwärterlehrgang

Das Segelfliegen ist ein beliebtes Highlight in der achtmonatigen Ausbildung als Offizieranwärterin. Es geht darum, die dritte Dimension für den Führungsnachwuchs erlebbar zu machen, die Bindung an die Luftwaffe zu erhöhen und darüber hinaus das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure im Flugbetrieb zu verdeutlichen. 

Jeder von uns durfte eigene Erfahrungen in der Fliegerei sammeln und erfahren, was es heißt, am Steuer eines richtigen Flugzeuges zu sitzen. Der Traum, einmal im Leben ein Flugzeug zu fliegen, ist für mich innerhalb von einem Tag Wirklichkeit geworden und war ein einmaliges Erlebnis.

Doch nun beginnt der Endspurt in meiner Offiziersausbildung: Der gefürchtete Höhepunkt der Offizierausbildung steht kurz bevor – vier Tage geht es für meinen Hörsaal und mich im baden-württembergischen Pfullendorf ums Überleben.

von Elena K.

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