CH-47F: Das kann der neue schwere Transporthubschrauber der Luftwaffe
CH-47F: Das kann der neue schwere Transporthubschrauber der Luftwaffe
- Datum:
- Ort:
- Berlin
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Die neuen schweren Transporthubschrauber von Boeing lösen künftig die bewährten CH-53 der Luftwaffe ab. Aber was können die zweimotorigen Chinook-Helikopter mit ihren Tandemrotoren? Und was sind die Besonderheiten der deutschen Maschinen? Wir stellen sie hier vor.
Rund 7,3 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen investiert die Bundeswehr in die 60 neuen schweren Transporthubschrauber, die sie im Juli 2023 bestellt hat. Es sind Luftfahrzeuge vom Typ CH-47F Block II SR AAR, so der genaue Name. Dabei steht CH für Cargo Helicopter, also Transporthubschrauber, das SR für Standard Range und AAR für Air-to-Air-Refuelling. Dieser Hubschrauber wird also auch in der Luft betankt werden können.
Warum gerade die CH-47F?
Oberst i.G. Christian Guntsch kennt das Waffensystem in allen Details, denn er ist der Beauftragte des Inspekteurs der Luftwaffe für den neuen Hubschrauber. „Die CH-47 ist wesentlich schneller als die CH-53, sie schafft 315 Kilometer pro Stunde“, erklärt Guntsch. „Außerdem kann sie doppelt so viel Ladung transportieren, fast elf Tonnen.“ Der Cargo Helicopter CH-47F Block II hat im Vergleich zum Block-I-Modell eine verstärkte Zelle und eine größere Reichweite, denn die neuen Tanks fassen zehn Prozent mehr Kraftstoff. Mit neuen Generatoren und neuer Software ist auch die Avionik der CH-47F Block II auf dem neuesten Stand. „Im vergangenen Jahr hat die U.S. Army entschieden, ebenfalls auf die Luftfahrzeuge vom Block II umzustellen“, ergänzt Oberst Guntsch.

Vorteil der beiden gegenläufigen Tandemrotoren: Anders als bei Hubschraubern mit einem Heckrotor, der die Leistung um bis zu 25 Prozent reduziert, steht bei der CH-47 die gesamte Leistung für den Auftrieb und das Anheben der Lasten zur Verfügung.
Bundeswehr/Michelle Kutz
Der Laderaum der CH-47F ist 9,19 Meter lang, 2,29 Meter breit und 1,88 Meter hoch. Außerdem hat der Hubschrauber drei Ladehaken für Außenlasten. Anders als in diesem Trainingsmodell werden die Sitze in den deutschen Maschinen wohl grün sein.
Bundeswehr/Michelle KutzSchnellere Wartung, mehr Flugstunden
Ein weiterer Vorteil der Chinook: Sie braucht weniger Zeit bei der Wartung. Guntsch: „Verglichen mit den Arbeitsstunden, die für die CH-53 aufgewendet werden müssen, ist die CH-47 deutlich wartungsfreundlicher. Sehr gut kann man das am Inspektionsaufwand sehen: Brauchten wir für eine 200-Flugstunden-Inspektion bei der CH-53 gut ein halbes Jahr, stehen bei der CH-47 künftig 320 Flugstunden nach einer knapp sechswöchigen Inspektion zur Verfügung. Insgesamt werden die neuen Hubschrauber also viel länger und schneller wieder einsatzbereit sein.“
Die deutsche Sonderausstattung der
CH-47
Gegenüber dem amerikanischen Block-II-Grundmodell sind für die deutschen Hubschrauber rund 20 Modifikationen vorgesehen. Dazu gehören unter anderem eine Vielzahl unterschiedlicher Flugfunkradios einschließlich des Behördenfunks für den Kontakt mit Polizei und Feuerwehr, Aufklärungskameras, die Luftbetankungssonde, eine Rettungswinde, ballistischer Schutz und das Verteidigungssystem CIRCM (Common Infrared Countermeasures), das den Suchkopf von Lenkflugkörpern stört.
Außerdem gibt es kleine, praktische Verbesserungen. „Die haben einen großen Nutzen und kosten fast nichts“, sagt Oberst Guntsch. „Dazu gehören beispielsweise Haltegriffe an der hinteren Rampe. Hier kann sich der Ladungsmeister festhalten, wenn er die Soldaten beim Fast-Roping unterstützt.“ Genauso einfach wie hilfreich sind auch die Windabweiser an den Seitentüren. Das schmale Stück Blech hält den Wind etwas ab, sodass der Schütze besser zielen kann. Die Bewaffnung selbst besteht aus drei MG6, die rechts, links und hinten auf der Rampe positioniert werden können.
Die Luft-zu-Luft-Betankung soll bereits in diesem Jahr in den USA mit einem deutschen A400M und einer USUnited States-amerikanischen Chinook MH-47G getestet werden. Tests mit dem Transportflugzeug KC-130J wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Guntsch: „Unser Ziel ist eine sogenannte Pairing Clearance, die es der deutschen CH-47F dann erlaubt, von diesen Flugzeugtypen betankt zu werden.“
Die Ausbildung läuft schon
Damit die Luftwaffe den Flugbetrieb direkt mit Ankunft der ersten Maschine aufnehmen kann, hat die Ausbildung von Piloten und Ladungsmeistern in den USA bereits begonnen. In den Niederlanden sind drei Techniker, ein Pilot und ein Ladungsmeister für drei Jahre zum Austausch, um dort die CH-47 kennenzulernen und zu fliegen. Im Sommer 2025 startet ein weiterer Austausch mit Großbritannien.
Und noch bevor die erste CH-47 bei der Luftwaffe ankommt, werden bereits Simulatoren da sein, an denen Piloten und Ladungsmeister trainieren können. „Wir werden insgesamt acht Simulatoren anschaffen“, erklärt Oberst Guntsch, „darunter zwei transportable, die in Containern untergebracht sind und je nach Bedarf in Holzdorf oder Laupheim aufgestellt werden können.“
Alle NATONorth Atlantic Treaty Organization-Forderungen erfüllt
Die neuen Hubschrauber haben alle von der NATONorth Atlantic Treaty Organization geforderten Fähigkeiten, das heißt, sie können die Aufträge Lufttransport, Combat Search and Rescue, SOFSpecial Operation Forces und Aeromedical Evacuation durchführen. Combat Search and Rescue, kurz CSARCombat Search and Rescue, bedeutet bewaffnete Suche und Rettung. Gemeint sind damit militärische, bewaffnete Such- und Rettungsaktionen in Krisen- und Kriegsgebieten, um isolierte oder verwundete Personen zu retten.
SOFSpecial Operation Forces ist die Abkürzung für Special Operation Forces, also Spezialkräfte. Das Hubschraubergeschwader 64 (HSGHubschraubergeschwader 64) ist die Heimat der Spezialkräfte der Luftwaffe. Sie übernehmen den Lufttransport bei Spezialoperationen, klären auf und geben Feuerunterstützung aus der Luft. Aeromedical Evacuation, oft kurz AirMedEvac genannt, ist der qualifizierte Patiententransport auf dem Luftweg. Im Vordergrund steht der schnelle Transport der Verwundeten zu einer medizinischen Einrichtung.
Teil der großen CH-47-Familie
Mit den georderten 60 CH-47F Chinook tritt Deutschland dem großen Kreis von Nutzernationen dieses Hubschraubertyps bei. „Wir werden nach den USA und Japan die drittgrößte CH-47-Nation sein“, sagt Oberst Guntsch. „Insgesamt 21 Länder fliegen die CH-47, darunter neben Deutschland acht weitere NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner. Dadurch ergeben sich viele Kooperationsmöglichkeiten, was im Hinblick auf die so wichtige Landes- und Bündnisverteidigung immer mehr an Bedeutung gewinnt.“ Auch die für die Bundeswehr neue Luft-zu-Luft-Betankung von Hubschraubern erweitert die europäische Zusammenarbeit. Wenn alle Hubschrauber ausgeliefert sind, wird das HSGHubschraubergeschwader 64 mit insgesamt 91 Helikoptern einer der größten Hubschrauberverbände der NATONorth Atlantic Treaty Organization sein.
Die erste CH-47 kommt 2027 zur Luftwaffe
Die deutschen CH-47F werden ab Herbst 2025 im Boeing-Werk in Philadelphia in den USA gebaut und anschließend per Schiff nach Deutschland transportiert. Die erste Chinook soll im Oktober 2027 in Deutschland ankommen, die letzten der 60 Maschinen im Oktober 2032. „Wenn die CH-53 im Jahr 2030 das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht, werden wir nach jetziger Planung bereits über 30 Chinook-Hubschrauber haben“, versichert Guntsch.
Am Standort Schönewalde/Holzdorf werden 47 der 60 CH-47 stationiert, zwölf am Standort Laupheim. Sie alle gehören damit zum Hubschraubergeschwader 64 der Luftwaffe. Ein Helikopter geht zur Wehrtechnischen Dienststelle 61 für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät im bayerischen Manching. Für Um- und Neubau der Infrastruktur in Holzdorf und Laupheim investiert die Bundeswehr in den kommenden Jahren etwa eine Milliarde Euro.