Luftwaffe und THWTechnisches Hilfswerk arbeiten zusammen auf 1.200 Metern Höhe
Luftwaffe und THWTechnisches Hilfswerk arbeiten zusammen auf 1.200 Metern Höhe
- Datum:
- Ort:
- Laupheim
- Lesedauer:
- 4 MIN
Zivil-militärische Zusammenarbeit par excellence – auf 1.200 Metern über Null ging es für zwei Hubschrauber der Luftwaffe und 50 Kameradinnen und Kameraden des Technischen Hilfswerks ans Eingemachte.
Knapp über null Grad, die Sonne kitzelt seit wenigen Minuten den Horizont. Der Nebel, der das Flugfeld des militärischen Fliegerhorstes in Laupheim in ein weißes Gewand hüllt, lichtet sich allmählich. Vor den großen Luftfahrzeughallen im Süden Deutschlands herrscht aber bereits seit weit vor sieben Uhr morgens reges Treiben.
Bordtechniker, Lademeister, Tankwagen – alle sind dabei, die Hubschrauber CH-53 und H145M LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces startklar zu machen. Zwei Stunden vor dem Start der Hubschrauber fängt die fliegende Crew ihre Checks und Überprüfungen an. Bordbücher werden gewälzt, es wird getankt und die persönlichen Sachen für den bevorstehenden Tag an Bord gebracht und so verstaut, dass nichts verrutscht. Das Wetter wird beobachtet, Flugrouten werden besprochen und auf ihre Besonderheiten wird eingegangen – denn jeder Flug ist anders.
CIMICMultinational Civil-Military Cooperation Command – Civil Military Cooperation
Vor zwei Hubschrauber-Crews liegt an diesem Tag eine besondere Aufgabe: eine gemeinsame Übung mit dem Technischen Hilfswerk. Die Vorbereitung der Übung begann vor nicht weniger als vier Jahren. Bürokratische Hürden mussten genommen, Genehmigungen aller beteiligten Stellen eingeholt werden; doch jetzt geht’s endlich los. Nicht zuletzt, weil der vergangene Sommer daran erinnerte, wie wichtig solche Übungen im Ernstfall sein können.
Das Übungsszenario erinnert nur per Zufall an die nunmehr drei Monate zurückliegende Flutkatastrophe im Ahrtal und weiteren Kreisen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz: das Technische Hilfswerk (THWTechnisches Hilfswerk) muss einen vom Starkregen gesättigten Hang am Fuße der Alpen sichern; andernfalls drohen ein Erdrutsch oder Überschwemmungen im Tal. Das Gelände ist unwegsam und ihr Gerät schwer. Außerdem brauchen sie Strom. Nicht nur, um bei eintretender Dunkelheit etwas zu sehen, sondern auch um die nahegelegene Almhütte mit Elektrizität zu versorgen – das Unwetter schnitt das Haus vom Energienetz ab.
Um 50 Männer und Frauen, unzählige Kabel und Sandsäcke und ein zweieinhalb Tonnen schweres Notstromaggregat zum Hochgrat bei Oberstaufen zu bringen, fordern die Ehrenamtlichen die Hilfe des Hubschraubergeschwaders 64 aus Laupheim an. Ein mittelschwerer Transporthubschrauber vom Typ CH-53 und ein leichter Mehrzweckhubschrauber H145M sind klar zum Start, mit ihnen zwölf Soldaten.
Der Wallschutz des THWTechnisches Hilfswerk bringt Sicherheit ins Tal
Die CH-53 transportiert in mehreren Runden Personal und Material des THWTechnisches Hilfswerk auf die Alpe. Knapp 130 Kilometer und siebenhundert Höhenmeter trennen diese von ihrer Heimat in Laupheim. Sofort beginnen die Kameradinnen und Kameraden in Blau ihre Arbeit. Riesige schwarze Planen werden auf dem durchnässten Hang ausgebreitet und von unzähligen Sandsäcken beschwert. So wird verhindert, dass weiterer Regen den bereits vollkommen gesättigten Boden aufweicht und zum Rutschen bringt. Das Notstromaggregat läuft auch schon und mit einer Leistung von 46 Kilovolt-Ampere wird es in der Hütte endlich wieder hell.
Der leichte Mehrzweckhubschrauber H145M LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces ist während der Übung ausschließlich für den schnellen Personentransport vor Ort. Schließlich müssen die Soldaten der Kreisverbindungskommandos, die im Katastrophenfall ihre militärischen Kräfte koordinieren, und die Soldaten des Luftumschlagszugs (LUZ) aus Laupheim schnell von A nach B kommen. Die „LUZ’er“ sind dafür da, die tonnenschweren Lasten an den Außenhaken der CH-53 zu hängen, während der braune Koloss nur wenige Meter über ihren Köpfen schwebt.
Kaiserschmarrn und Spätzle dank THWTechnisches Hilfswerk und Bundeswehr
Der Stromausfall in der Hütte auf der Oberstiegalpe war übrigens keinesfalls nur ausgedacht. Auch der regionale Energieversorger ist heute mit im Übungs-Boot und hat der Hütte pünktlich zu Übungsbeginn den Strom abgedreht. Der Wirt und die vorübergehenden Wanderer waren somit auf das zweieinhalb Tonnen schwere Aggregat des THWTechnisches Hilfswerk angewiesen. Alles lief reibungslos: Die übende Truppe konnte arbeiten und der Kaiserschmarrn in seiner Pfanne brutzeln.
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Doch nicht nur das Technische Hilfswerk hatte Zeit und Gelegenheit zum Trainieren. Hauptmann A. ist Teil der TTVGTaktisch-Technische Versuchsgruppe – der Gruppe für Technik, Taktik und Verfahren im Hubschraubergeschwader 64. Er konnte im Zuge der Übung eine neue Kette testen. Die acht Meter lange silberfarbene grobgliedrige Kette sieht aus einiger Entfernung aus, wie glänzend mattes Stahl – doch daraus ist sie eben nicht. Sie besteht aus einem textilen Stoff, der auf eine besondere Art gewebt wurde und daher große Lasten tragen kann. Mit einer Zugfestigkeit von 30 Tonnen hat die Kette die Reißfestigkeit eines Stahlseils bei einem Bruchteil des Gewichts.
Leicht wie Stoff, reißfest wie Stahl
An der neuen Kette hing das Notstromaggregat des THWTechnisches Hilfswerk und am Ende des Tages zieht Hauptmann A. sein Fazit: „Das Seil ist auf Grund seiner Beschaffenheit bestens für unsere Vorhaben geeignet. Es ist leicht, wir können es schnell und einfach verpacken und vor allem: es macht nichts kaputt. Ziehst du ein Stahlseil über den Boden eines Luftfahrzeugs können dabei erhebliche Schäden entstehen. Bei Stoff ist das nicht so. Wir können mit der Kette also nicht nur unsere Luftfahrzeuge schonen, sondern auch die üblichen Musterlasten, wie Fahrzeuge vom Typ Mungo oder Fernmeldekabinen transportieren, aber eben auch besondere Lasten, wie solch ein Notstromaggregat.“
Auch Hauptmann C., Kommandant der CH-53, sieht den Tag mehr als positiv: „Die Arbeit mit dem THWTechnisches Hilfswerk geht Hand in Hand – es ist einfach mit ihnen zusammenzuarbeiten, alles war gut vorbereitet und jeder wusste, wo sein Platz ist. Rein fliegerisch war der Tag für uns aber auch sehr besonders. Die alpinen Verhältnisse hier nah an der österreichischen Grenze, Wetterumschwünge und unzählige Berge – alles Dinge, die auch uns Piloten mehr abverlangen. Ein perfektes Training für beide Seiten.“