Luftwaffe
„Train the Trainers“

Europäischer Zusammenhalt: Wissenstransfer für den Wiederaufbau

Europäischer Zusammenhalt: Wissenstransfer für den Wiederaufbau

Datum:
Ort:
Deutschland
Lesedauer:
4 MIN

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Die Unterstützung der Ukraine, zu der sich Deutschland nach dem russischen Angriff verpflichtet hat, umfasst nicht nur Geld, Panzer und Munition, sondern auch Know-how. Instandsetzungspioniere der deutschen Luftwaffe schulen ihre ukrainischen Counterparts, damit diese ihr neues Wissen in der Heimat anwenden und weitergeben können.

Ein LKW entlädt Kies.

Nachschub für die Instandsetzer: Ein Lkw bringt eine neue Ladung Kies an den Flugplatz. Den brauchen die ukrainischen Teilnehmer, um Plattenverlegen zu üben.

Bundeswehr/Cora Mohrdieck

Gerade hat der Fliegerhorst einen massiven russischen Drohnenangriff überstanden, das ohrenbetäubende Geheul der Luftalarm-Sirenen ist verstummt, die rauchgeschwängerten Staubwolken haben sich verzogen. Was bleibt, sind mehr oder weniger große Löcher in der Startbahn, die die Wiederaufnahme des Flugbetriebs unmöglich machen. Soweit das fiktive Szenario, das sich einem Dutzend Soldaten an einem verregneten Morgen bietet – allerdings nicht in der Ukraine, sondern auf einem Luftwaffenstützpunkt in Deutschland. Hier sollen die Ukrainer lernen, mit solchen Herausforderungen fertig zu werden.

Schon surren die Bohrmaschinen leise, ein handbeschickter Betonmischer dreht sich unaufhörlich, aus der Ferne hört man das penetrante Piepen eines riesigen Radladers. In einem Zelt beginnt jemand gerade, auf Ukrainisch zu erklären: „Man nehme zehn Liter Wasser, sechs Schaufeln Sand, vier Schaufeln Zement und sieben Schaufeln Gesteinskörnung.“ So lautet das „Rezept“ für eine solide Betonmischung, mit der heute in der Ausbildung Löcher in der Startbahn ausgegossen oder der Bau einer Mauer erlernt werden soll.

Es ist eine auf das Wesentliche gekürzte, einsatzorientierte Ausbildung, an der sich Deutschland im Rahmen der EUEuropäische Union-Trainingsmission EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine neben 24 weiteren Nationen beteiligt. Dazu zählt auch die Schulung von Instandsetzungskräften, die zum Beispiel einen Flugplatz im Falle eines Angriffs möglichst schnell wiederaufbauen müssen.

Keine Sprachbarrieren dank Dolmetscher

Für die ukrainischen Soldaten steht heute neben der „Abstütztechnik“, mit der beispielsweise Stabilität und Standfestigkeit von Wänden gewährleistet werden kann, auch die Ausbildung „Mauerbau“ auf dem Programm. In einem Kreis versammelt stellt ein deutscher Ausbilder seinen ukrainischen Kameraden zuerst Steinarten und Werkzeug vor und gibt eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine gerade, standfeste und sauber verfugte Mauer.

Im Regelfall steht dazu eine Sprachmittlerin oder ein Sprachmittler zur Verfügung, der oder die einen direkten Dialog ermöglicht und das Gesagte Satz für Satz übersetzt. Im seltenen, jedoch optimalen Fall kann der deutsche Ausbilder Russisch – das verstehen und sprechen die meisten Ukrainer nämlich auch – sodass kein Dolmetscher notwendig ist.

Die Ukrainer sind wissbegierig und hochmotiviert“, resümiert einer der deutschen Ausbilder. „Sie wollen unsere Verfahrensabläufe kennen und beherrschen lernen, um diese später in der ukrainischen Heimat anzuwenden.“

Der gemeinsame Job verbindet

Jetzt wird es praktisch: In Zweiergruppen sollen die ukrainischen „Lehrlinge“ selbst eine Mauer errichten. Für die meisten ist das jedoch nicht ganz neu: „Viele bringen Vorerfahrung aus dem Bereich des Bauwesens mit oder waren als Pioniere eingesetzt – wir fangen bei der Ausbildung also nicht bei Null an“, sagt ein deutscher Ausbilder. Es ist eher ein Erfahrungsaustausch, der während der Ausbildung stattfindet. Denn: Die ukrainischen Soldaten bringen ihre eigenen, kriegserprobten Techniken mit und vergleichen diese mit denen der Deutschen. Mit dem neu gewonnenen Wissen kehren sie zurück und implementieren dieses in ihre eigene Ausbildung. „Es ist eine Win-win-Situation, weil beide Nationen ihre Fachexpertise verbinden und voneinander lernen können“, kommentiert Ausbilder Alexander. Die deutschen Ausbilderinnen und Ausbilder sind sich ihrer Verantwortung bewusst, denn klar ist: Nach der Ausbildung kommt der scharfe Einsatz in der harten Realität des Krieges.

Ukrainer begrüßen Ausbildungschance in Deutschland

Drei Soldaten verlegen auf einem inszenierten Flugplatz Platten.

Sie sind dankbar für die Unterstützung Deutschlands und die Chance, hier trainiert zu werden: Die ukrainischen Soldaten im Ausbildungsabschnitt „Startbahn-Schnellinstandsetzung“

Bundeswehr/Cora Mohrdieck
Ein ukrainischer Soldat baut eine Mauer.

Der Mauerwerksbau ist überlebenswichtig, um im Ernstfall ein Fenster zuzumauern oder um Löcher in einer kaputten Wand zu schließen

Bundeswehr/Cora Mohrdieck

„Wir haben uns sehr gefreut, als wir erfahren haben, dass wir für eine Ausbildung nach Deutschland kommen dürfen“, berichtet einer der ukrainischen Teilnehmer. Hier bekommen sie deutsche Flecktarn-Uniformen – jedoch ohne Hoheitsabzeichen – und nehmen selbstverständlich an der Truppenverpflegung teil. „Wir sind sehr froh und glücklich darüber, dass wir hier etwas lernen dürfen“, kommentiert ein anderer ukrainischer Soldat.

Ausbilder und Auszubildende wissen, wie wichtig die Ausbildung von ukrainischen Streitkräften im Pionierwesen ist. Denn wenn die Teilnehmer später zum Schutz und zur Deckung beispielsweise ein Fenster zumauern müssen, ist das Know-how essenziell und das Erlernte wird überlebenswichtig. „Wir sind dankbar für die Offenheit und Gastfreundschaft in Deutschland“, sagt ein Ausbildungsteilnehmer der ukrainischen Streitkräfte. Nach einigen Wochen geht es zurück in die Ukraine. Die Gefühle beim Gedanken an diese Rückkehr sind gemischt. Doch die Ukrainer wollen zurück: „Wir sind ungeduldig, weil wir das, was wir in Deutschland lernen duften, schnellstmöglich weitergeben wollen.“ Das ist die eine Seite. Vor allem aber vermissen sie auch ihre Familien.

Das gemeinsame Ziel: Die Ukraine zu verteidigen

Mit der Schulung von ukrainischen Streitkräften im Bereich der schnellen Instandsetzung, beispielsweise von Startbahnen, leistet die Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag zur einsatzorientierten Ausbildung. Denn: Nur wer gut ausgebildet ist, kann sich gegen den Feind behaupten. Und letztlich kämpfen alle Teilnehmer der Ausbildung für dasselbe Ziel: „Die Ukraine verteidigen und die Heimat zurückgewinnen“, sagt einer der Ukrainer.

von Elena Kronenbitter

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