Am 19. Dezember 2014, landete ein A400M mit der Kennung 54+01 als erste deutsche Maschine dieses neuen Typs in Wunstorf. Das Transportflugzeug läutete den Beginn einer neuen Ära im Lufttransport und in der Luftwaffe ein – und löste gleichzeitig seinen Vorgänger, die Transall C-160 ab. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten ist der A400M eine Erfolgsstory.
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Ein Jahrzehnt im Dienst
Es sind vor allem die ersten beiden Jahre nach der Einführung des A400M im Dezember 2014, die von Militär und Industrie harte (Nach-)Arbeit erfordern. Das Lufttransportgeschwader 62 kämpft mit Anfangsschwierigkeiten – technische Probleme behindern den Regelflugbetrieb in Wunstorf. Es kommt zu Lieferverzögerungen und Kostensteigerungen, die auch der breiten Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben. „Die ersten Jahre waren echte Lehrjahre – und Lehrjahre sind bekanntermaßen keine Herrenjahre“, resümiert Oberst Markus Knoll, Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62.
Doch der A400M zeigt schnell sein Potenzial. Inzwischen hat er sich in vielen Einsätzen bewährt und die Lufttransportfähigkeiten der Luftwaffe auf ein neues Level gehoben. Ein Rückblick auf wichtige Meilensteine.
Am 4. Februar 2015 startet der erste deutsche A400M seinen Flug von Wunstorf in Niedersachsen zum Zielflughafen Ramstein in Rheinland-Pfalz, den er nach gerade einmal 45 Minuten erreicht. Schon innerhalb der ersten Monate revolutioniert das neue Transportflugzeug den logistischen Lufttransport: An einem Tag schafft es den Flug mit 15 Tonnen Fracht über den Atlantik nach Washington. Die alte Transall C-160 hatte dafür drei Tage gebraucht – mit nur sechs Tonnen an Bord. Das allein beweist den technischen Sprung, den das Lufttransportgeschwader 62 mit dem A400M in Reichweite und Leistungsfähigkeit macht.
Bundeswehr/Francis Hildemann
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2016/2017: Der A400M wird taktisch fit
Diese beiden Entwicklungsjahre sind durch den starken Aufbau taktischer Fähigkeiten gekennzeichnet. Mitte 2016 erprobt die Besatzung mit dem A400M erste Tiefflüge – sowie das Starten und Landen auf Behelfsflugplätzen. Was zuvor im Flugsimulator in sogenannten Dry Runs geübt wurde, wird im September 2016 Realität: der erste reale Sprung von deutschen Freifallern aus dem A400M. Damit gewinnt das Lufttransportgeschwader 62 mit seinem A400M eine weitere, vor allem für das Operieren in Einsatzgebieten relevante, taktische Fähigkeit dazu.
Zuvor im Simulator erprobt, im September 2016 schließlich Wirklichkeit: Deutsche Freifaller springen zum ersten Mal aus dem neuen Transportflugzeug.
Bundeswehr/Markus Schulze
Ein großer Schritt in Richtung Fähigkeitsweiterentwicklung folgt sechs Monate später. Am 15. März 2017 führt eine A400M-Besatzung zum ersten Mal Flüge mit Nachtsichtbrillen durch. Dadurch gewinnt die Maschine eine weitere taktische Fähigkeit: die sichere Flugdurchführung bei Nacht. Die Überführung des A400M mit dem taktischen Kennzeichen 54+07 bringt neben seinen bisherigen strategischen Fähigkeiten eine weitere neue mit: Mithilfe eines elektronischen Selbstschutzsystems wird erprobt, ob durch den Ausstoß von Täuschkörpern, in der Fachsprache „Flares“ genannt, radargelenkte und wärmesuchende Flugkörper vom Transportflugzeug ferngehalten werden können. Die erfolgreiche Zertifizierung erfolgt zwei Jahre später.
Bundeswehr/Torsten Kraatz
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2018: Die „fliegende Intensivstation“
Im Jahr 2018 macht der A400M einen weiteren großen Schritt Richtung Einsatzreife. Ab August ist er in der Variante Intensive Care Aeromedical Evacuation (ICAE) für medizinische Evakuierungsflüge, MedEvacMedical Evacuation genannt, einsetzbar. Auf sechs PTE, also Patienten-Transport-Einheiten, können Soldatinnen und Soldaten aus Einsatzgebieten ausgeflogen und bereits während des Flugs (intensiv-)medizinisch versorgt werden. An 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden am Tag steht dafür ein vollausgerüstetes Transportflugzeug in Wunstorf für eine mögliche medizinische Evakuierung aus allen Einsatzgebieten der Bundeswehr bereit.
Bundeswehr/Christian Timmig
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2019: Die „fliegende Tankstelle“ für Eurofighter
Im Jahr 2019 kommt beim A400M eine entscheidende Fähigkeit dazu: das Betanken von Kampfflugzeugenin der Luft, das sogenannte Air-to-Air Refueling. Mehrere 100 Liter kann der A400M pro Minute über einen Schlauch an ein oder zwei Kampflugzeuge abgeben. Sie müssen also zum Betanken nicht zwischenlanden, das spart wertvolle Zeit für den Missionsauftrag. Auch ein anderer A400M kann während des Flugs bei Tag betankt werden – diese Erprobung findet aber erst im Jahr 2024 statt. Deutschland ist damit die erste Nation, die den A400M im Auslandeinsatz als Betankungsflugzeug zertifiziert und seitdem in dieser Rolle einsetzt. Der A400M kann aber nicht nur Eurofighter betanken: Auch Tornado, F-16, Rafale und Gripen können über einen Schlauch vom A400M Treibstoff geliefert bekommen.
Bundeswehr/Patrik Bransmöller
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2020: Über den Wolken im Pandemiekampf
Die Fähigkeit MedEvacMedical Evacuation ist in diesem Pandemie-Jahr von besonderer Bedeutung: Corona hält die Welt fest im Griff, weshalb der Transportflieger in diesem Jahr vor allem eine humanitäre Rolle spielt. So wird der A400M für zahlreiche Transporte von schwer an Corona erkrankten Zivilistinnen und Zivilisten genutzt. 2022 nimmt die Luftwaffe an einer Impfkampagne am Flughafen Kassel teil, bei der sich Interessierte im Innenraum des A400M gegen das Virus impfen lassen können. Knapp 1.000 Menschen nutzen diese Möglichkeit auf dem Rollfeld.
Bundeswehr/Marc Tessensohn
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2021: Mit dem A400M raus aus Kabul
Alle für den Ernstfall trainierten Fähigkeiten müssen nun abgerufen werden: Zehn Tage lang evakuieren rund 400 Soldatinnen und Soldaten deutsche Staatsangehörige, Ortskräfte, Europäer und weitere Schutzbedürftige aus Afghanistan und fliegen diese unter erschwerten Bedingungen zurück ins Heimatland. Wiederholt müssen die Piloten nachts unbeleuchtete Landebahnen am Flughafen in Kabul anfliegen – und das unter akuter Bedrohungslage. Mit 5.347 geretteten Menschen ist das die bislang größte Evakuierungsmission der Bundeswehr.
Dramatische Szenen spielen sich am Flughafen in Kabul ab. An den Toren des Flughafens drängen sich immer mehr Ausreisewillige. Anfangs war nur von rund 400 zu befördernden Personen die Rede – die Zahl stieg von Tag zu Tag rasant an.
Bundeswehr/Jane Schmidt
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2022: Der A400M umrundet die Welt
46.000 Kilometer in 64 Flugstunden – damit umrundet 2022 der erste A400M die Welt. Die Piloten trainieren Starts und Landungen auf abgeschiedenen Landebahnen – ohne Ausweichmöglichkeit – auf Tahiti und den Osterinseln sowie Nachtanflüge auf internationale Flughäfen wie Singapur und Sydney. Der A400M landet unter anderem in Al Dhafra, Bangalore, Darwin, Bolivien und auf Curaçao. Damit überquert ein A400M erstmalig den Pazifik. Ein Einsatztagebuch gibt es hier.
Einmal um die Welt: Der A400M landet im Rahmen der Übungsserie Rapid Pacific unter anderem in Al Azraq (Jordanien), Bangalore (Indien), Singapur und Sydney (Australien) – und setzt damit einen neuen Meilenstein
Bundeswehr/Dennis Wrobel
Bundeswehr/Sherifa Kästner
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2023/2024: Rettung aus der Luft
Nach einem verheerenden Erdbeben in der Türkei im Februar 2023 fliegen drei A400M – in enger Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THWTechnisches Hilfswerk) – insgesamt 394 Tonnen Hilfsgüter nach Incirlik. Der A400M erweist sich aufgrund seiner enormen Ladekapazität und seiner Reichweite als unverzichtbar und erbt von seinem Vorgänger, der Transall C-160, den von der notleidenden Bevölkerung vergebenen Namen „Engel der Lüfte“. Auch der sogenannte Air Drop über Gaza im Jahr darauf verläuft problemlos. Bei insgesamt 21 Flügen wirft die deutsche Luftwaffe mit dem A400M rund 430 Paletten Hilfsgüter mit einem Gesamtgewicht von über 220 Tonnen für die vom Krieg zwischen Israel und der Hamas betroffene Zivilbevölkerung ab.
Beim Großmanöver Air Defender im Juni 2023 beweist ein A400M in Sonderfolierung sein Können. 250 Luftfahrzeuge aus 25 Nationen nehmen teil und üben zusammen im europäischen Luftraum. Wunstorf fungiert als zentrale logistische Drehscheibe und als wichtiger Knotenpunkt für alle internationalen Teilnehmer.
Bundeswehr/Johannes Heyn
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2024: Fähigkeitenbeweis auf globaler Bühne
Die Luftwaffe verlegt in diesem Jahr zum zweiten Mal – zusammen mit ihren Partnern der französischen und der spanischen Luftwaffe – in den Indo-Pazifik. Während der Übungsserie Pacific Skies 24 agiert der A400M als First Responder, also als Rettungsmittel, das im Krisenfall als erstes vor Ort ist. Mit über 1.400 Flugstunden ist der A400M zudem ein logistisches Rückgrat und aktiver Teilnehmer im taktischen Szenario.
Bundeswehr/Stefan Petersen
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„Ein verlässliches Arbeitspferd“
Der A400M hat seinen Platz in der Luftwaffe und der multinationalen Gemeinschaft gefunden. „Er hat sich als ein absolut verlässliches Arbeitspferd etabliert“, sagt Oberst Markus Knoll. Mit der Ablösung der zweimotorigen Transall C-160 durch den viermotorigen A400M wurden Ladungskapazität, Leistungsfähigkeit und Reichweite um ein Vielfaches erweitert. Mehr als 50.000 Flugstunden hat das Lufttransportgeschwader 62 mit seinen derzeit 47 A400M bereits absolviert. „Es ist einfach schön, dass wir in den letzten fünf Jahren die Früchte der Arbeit der ersten fünf Jahre ernten konnten“, sagt der Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62 rückblickend. „Wir haben einen Stand erreicht, bei dem wir den A400M bei fast allen Einsätzen der Bundeswehr nutzen können,“ bilanziert Generalleutnant Günter Katz, Kommandierender General des Luftwaffentruppenkommandos und selbst A400M-Pilot.
„Wir werden uns nicht auf den Lorbeeren der letzten zehn Jahre ausruhen“, sagt Oberst Knoll, „die Erfolgsgeschichte hat gerade erst angefangen.“ Die Luftwaffe wolle Fähigkeiten wie die Betankung von Hubschraubern am Boden oder die Nutzung des Systems DIRCM (Directed Infrared Counter Measure)zum Selbstschutz einführen. Alles in allem: Der A400M hat eine zentrale Rolle bei humanitären und strategischen Einsätzen übernommen und gilt als Alleskönner der Bundeswehr. Er ist zu einem „Gesicht“ der Luftwaffe geworden.
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