Heute vor 60 Jahren: Der Bau der Berliner Mauer
Heute vor 60 Jahren: Der Bau der Berliner Mauer
- Datum:
- Ort:
- Berlin
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Am 13. August 2021 jährt sich der Bau der Berliner Mauer zum 60. Mal. Die rund 160 Kilometer lange Grenze um Westberlin spaltete die Stadt.
Der 12. August 1961 verlief für die Piloten der Deutschen Luftwaffe auf ihren Fliegerhorsten wie jeder andere Tag. Nichts deutete darauf hin, dass sich die Situation in Deutschland über Nacht für unbestimmte Zeit verändern würde. Die Welt stand 1961 trotz Ungarn-Aufstand (1956) und Sputnik-Schock (1957) nicht am Rande des Untergangs – die DDR schon. Was war bis dahin geschehen?
Als sich die Sektoren-Grenze nach West-Berlin an dem Augusttag 61 schloss, flüchteten seit 1945 über 3,5 Millionen Menschen aus dem Landstrich zwischen Elbe und Oder. Das waren meist junge, gut ausgebildete Frauen und Männer, die sich Wohlstand und Freiheit in der BRD versprachen. „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, eine Erkenntnis des Philosophen Karl Marx (1818-1883), auf das sich noch heute die kommunistische Ideologie fundamentiert, wandte sich bereits in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) und dann in der aus ihr hervorgegangenen DDR gegen seine geistigen Erben. Mit der D-Mark konnte man im Westen ein weit besseres Leben führen als die große Mehrheit im Osten, damals war die Deutsche Mark etwa viermal so viel wert wie die Mark der DDR.
Die Menschen wollten weg
Zudem kehrten sie einem politischen System mit seiner Verfolgung Andersdenkender sowie einer sich in alle Lebensbereiche einmischenden Ideologie den Rücken. Die Folge: Die DDR blutetet menschlich wie wirtschaftlich aus. Die DDR-Führung konnte dieser Entwicklung nicht länger tatenlos zusehen. Walter Ulbricht (1893-1973), der DDR-Staatsratsvorsitzende, SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Parteiführer und Vorsitzende des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, gab den Befehl zur Abriegelung der Sektorengrenze in Berlin.
SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Regierung stand mit dem Rücken zur Wand
Das Einverständnis holte er sich aus Moskau, das wenige Tage vorher bei einem Treffen der Warschauer-Pakt-Staaten seine Zustimmung signalisiert hatte. Die generalstabsmäßige Planung des Mauerbaus unter Führung der DDR und mit Unterstützung der Sowjetarmee begann. Damit gab die Sowjetunion ihrerseits eine Bankrotterklärung ab, das Problem der steigenden Massenflucht durch Verhandlungen über den Berlin-Status lösen zu können. Anfangs zögerte die UdSSRUnion der Sozialistischen Sowjetrepubliken noch mit einer Grenzschließung, wollte sie doch seit 1958 in Gesprächen mit den Westalliierten die Umwandlung des Viermächtestatus Berlins in den einer „freien Stadt“ erreichen. Damit hätten Franzosen, Engländer und Amerikaner abziehen müssen, die Sowjets hätten die Kontrolle über die Luftkorridore und Zufahrtswege erhalten, und das Problem wäre zu sowjetischen Gunsten gelöst gewesen. Die Verhandlungen liefen sich in dem sogenannten „Chruschtschow-Ultimatum„ fest, die Russen und mit ihnen der ostdeutsche Vasall in der Gestalt Walter Ulbrichts standen mit dem Rücken zur Wand.
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Mit diesem geflügelten Wort lullte Ulbricht den Westen ein. Es soll die westdeutschen Journalistin Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau gewesen sein, die den SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Chef zu dieser Aussage verleitete, sie gilt übrigens bis heute als eine der größten Lügen der Menschheitsgeschichte mit furchtbaren Folgen für Millionen von Deutschen. Dann, in der Nacht vom 12. auf den 13. August, zogen Bauarbeiter, herangekarrt aus der gesamten DDR, an der 155 Kilometer langen Sektorengrenze Stacheldraht und Betonsteine hoch, mauerten Fensteröffnung und Türen von Häusern zu, der S- und U-Bahnverkehr wurde unterbrochen, das Straßenpflaster wurde aufgerissen. Die Volkspolizei errichtete Straßensperren, und Einheiten der Nationalen Volksarmee bewachten sämtliche Zu- und Übergange nach West-Berlin: Die Mauer stand, die Abriegelung Ostberlins und der DDR gegenüber dem Westen war vollzogen.
Statt Freiheit kam der Tod
Damit war das letzte Schlupfloch versperrt, durch das man der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Diktatur noch hätte entkommen können. Was heute kaum noch präsent ist: Die 1393 Kilometer lange Staatsgrenze, auch innerdeutsche Grenze genannt, war schon seit 1952 relativ dicht geschlossen, wurde bewacht und nach und nach mit Grenzschutzanlagen versehen. Seit 1957 waren die Flucht oder der Fluchtversuch strafrechtlich verfolgt und wurden mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren geahndet. Laut einer Studie des Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam kamen an der Berliner Mauer 136 Menschen zu Tode, an der innerdeutschen Grenze bis 1989 insgesamt 790 Menschen.
Kennedy zuckte nur mit den Schultern
Der Westen wurde durch den Mauerbau überrumpelt, wie die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Diktatur schreibt. Die drei Schutzmächte sahen aber keinen Grund für harte Gegenmaßnahmen. USUnited States-Präsident John F. Kennedy und seine Amtskollegen in Frankreich und Großbritannien, Charles de Gaulle und Harold MacMillan, sahen in der Abriegelung lediglich eine Festschreibung der politischen Realität. Kennedy, so heißt es, stellte lediglich fest: „Wir werden jetzt nichts tun, denn es gibt keine Alternative außer Krieg.“ Doch die militärische Seite reagierte mit Abschreckung.
Luftwaffe verfranzt sich nach West-Berlin
Kaum vier Wochen nach dem Mauerbau hielt die Nato ein Luftwaffenmanöver mit dem bezeichnenden Namen „Check-mate“ ab, bei dem das Bündnis seine Handlungsfähigkeit demonstrieren wollte. Dabei kam es zu einem Zwischenfall, der leicht in einen militärischen Konflikt hätte münden können: Zwei Maschinen vom Typ F-84 F „Thunderstreak„ der Luftwaffe verfranzten sich auf DDR-Gebiet und wurden von sowjetischen Abfangjägern verfolgt, wie es bei Matthias Uhl in seiner Darstellung zur Zeitgeschichte „Krieg um Berlin? Die sowjetische Militär- und Sicherheitspolitik in der zweiten Berlin-Krise 1958 bis 1962“ heißt. Die beiden Flugzeuge entgingen nur durch Zufall dem Abschuss und landeten wohlbehalten auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Die Luftwaffe büßte beide Flugzeuge ein, alle brauchbaren Teile wie Triebwerke und Avionik wurden ausgebaut und zurück nach Westdeutschland geflogen. Die Flugzeugzellen jedoch vergrub man am Flughafen. Die beiden Piloten kamen in französischen Arrest und durften erst nach fast fünf Wochen wieder zurück in die Bundesrepublik, erhielten aber Flugverbot und wurden zur Bodencrew versetzt.
DDR am Ende -nach 28 Jahren war Schluss
Der Mauerbau gab auch der militärpolitischen Planung in der Luftwaffe einen Schub – man forcierte den Ausbau der Fähigkeit zur nuklearen Teilhabe. Im Osten stoppte der Mauerbau zunächst, wie von der Staatsführung beabsichtigt, die Massenflucht in den Westen. Langfristig fühlten sich die Menschen jedoch eingesperrt und stimmten 28 Jahre später wiederum mit den Füßen ab. Am 9. November 1989 fiel die innerdeutsche Grenze und mit ihr die Berliner Mauer. Und der zweite deutsche Staat wurde daraufhin Geschichte.