Luftwaffe

Grundschule für Jetpiloten: Gabriel in Goodyear

Erster Soloflug: Der angehende Eurofighter-Pilot Gabriel lernt in den USA mit der einmotorigen Grob G 120A das militärische Fliegen.

Gabriel steht neben seinem Übungsflugzeug, einer Grob G 120A.

Auf dem Weg zum Jetpiloten: Drei Monate in Arizona

Endlich wieder fliegen! Der angehende Eurofighter-Pilot Gabriel aus Bayern hat seinen Weg von der Schreinerlehre über eine Linienpilotenausbildung bis zur Luftwaffe geschafft. Jetzt ist er seit dem 9. September in Goodyear, Arizona, und lernt dort das militärische Fliegen – zunächst mit einer einmotorigen Propellermaschine. Anfang Dezember durfte der Fähnrich dann zum ersten Mal allein die Maschine steuern.

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Das Prüfungsprogramm mit der einmotorigen Grob G 120A ist immer fest vorgegeben: Drei Starts, drei Landungen, drei Platzrunden. Alles ist super gelaufen. Gabriel ist stolz, froh und am Ende tropfnass. Denn ohne Taufe im Pool ist ein erstes Solo für keinen Piloten in Goodyear vollständig.

Nach diesem Solo stand unter anderem noch Kunstflug auf Gabriels Stundenplan. „So bekommen wir ein echtes Gefühl dafür, wie sich das Flugzeug im Raum bewegt,“ sagt er. Dieses dreidimensionale Agieren ist für Jetpiloten ein Muss - und Spaß macht es außerdem.

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Kunstflug in Goodyear

Und das hat Gabriel in Goodyear beim Initial Flight Training bei der 3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel erlebt und gelernt:

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  • Gabriel sitzt in seinem Zimmer am Laptop und lernt.
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    Quarantäne in Arizona

    Es ist heiß, als Gabriel in Phoenix ankommt, viel heißer als in seiner bayerischen Heimat. „Im Sommer sind hier deutlich über 40 Grad. Inzwischen hat die Hitze nachgelassen, aber zu Beginn hat mich das echt umgehauen“, sagt der 24-Jährige. Er hat sich daran gewöhnt. Kakteen statt Bäume, wenige Wolken, kein Regen. Ideales Flugwetter. Doch die ersten zwei Wochen in den USA verbringen er und die anderen acht Jetpiloten-Anwärter nicht im Cockpit, sondern wegen der Corona-Schutzmaßnahmen in Quarantäne.

    Viel mehr als lernen und Sport im Fitness-Raum ist da nicht drin. Bei der 3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel in Goodyear haben die angehenden Piloten ein eigenes Stockwerk im Schulgebäude. Jeder hat ein eigenes Zimmer. „Nichts Luxuriöses, aber alles, was man braucht“, sagt Gabriel. Schreibtisch, Stuhl, Schrank, Bett, Waschbecken. An der Wand hängen Cockpit-Layouts. „Daran können wir üben.“ Zum Ausgleich gibt es den Fitnessraum. Der ist auch sonst ziemlich nützlich, denn das Essen in der Kantine der Staffel ist gut, mit einem Hauch von Fast Food. „Ich versuche trotzdem, mich ausgewogen zu ernähren“, sagt Gabriel.

  • Rosa gefärbte Wolken bei einem Sonnenuntergang hinter Gebäuden und einer Palme in Goodyear.
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    Wo liegt dieses Goodyear überhaupt?

    Goodyear ist ein Stadtteil von Phoenix, der Hauptstadt von Arizona im Südwesten der USA. Hier hat die Lufthansa lange ihre Flugschüler ausgebildet. Es gibt einen sehr großen Flugplatz und 350 Sonnentage im Jahr. Die Bundeswehr nutzt Technik und Wartung und sechs Schul-Propellermaschinen der Lufthansa mit. Um die Pilotenschüler kümmert sich das Bundeswehrpersonal. Es gibt einen Staffelkapitän und mehrere Fluglehrer, außerdem Einsatzstabsoffiziere, die jeden Tag den Flugplan machen. Zum Personal gehören auch ein Flugsicherheitsoffizier, ein Fliegerarzt, ein ITInformationstechnik-Feldwebel sowie Statistiker.

    Gabriel ist zum ersten Mal in den USA. „Ich bin in einem Dorf groß geworden und für mich sind die Größe des Landes und die Vielfalt einfach überwältigend.“ Ungewohnt sei aber auch, dass hier jeder eine Waffe tragen dürfe. Sogar sein Friseur hat eine. „Das ist schon ein komisches Gefühl.“

  • Gabriel sitzt mit einem Kameraden beim Briefing am Schreibtisch.
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    Fliegen – theoretisch

    Ende September ist die Quarantäne vorbei. Jetzt haben Gabriel und seine Kameraden zwei Tage Zeit, sämtliche Behördengänge zu machen und sich um ihren Führerschein für die Vereinigten Staaten zu kümmern. Außerdem erhalten die Pilotenschüler ihre Flugmontur und die Fallschirme werden angepasst. Danach beginnt die zweiwöchige Theoriephase. „Hier haben wir die 120A erst mal auf dem Papier kennengelernt“, so Gabriel. Die „120A“ ist die Grob G 120A, eine einmotorige Propellermaschine der Firma Grob mit Sitz in Bayern. Sechs dieser Maschinen werden hier in Goodyear für die Ausbildung genutzt. „Die 120A ist für den Kunstflug zugelassen und agiert schon so ein kleines bisschen wie ein Jet“, findet Gabriel.

    Aber bevor er das ausprobieren kann, stehen noch jede Menge Stunden und Prüfungen an. Wie funktionieren die Systeme des Flugzeugs? Wie handle ich in welchen Situationen? Wie fliege ich hier im Luftraum? „Jede Prüfung muss man mit 85 Prozent oder besser abschließen“, sagt Gabriel.

  • Gabriel führt die Vorflugkontrolle mit seinem Buddy durch.
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    Das Buddy-Prinzip

    Auch die Maschine selbst ist Teil des Unterrichts am Boden. Zusammen mit einem sogenannten „Buddy“, einem zweiten Mann, haben die Flugschüler den ersten Kontakt mit ihrem Flugzeug. Denn in der Fliegerei wird alles nach dem Vier-Augen-Prinzip durchgeführt.

    Einfach einsteigen und los? So leicht ist es nicht. Vor jedem Flug wird der Zustand des Flugzeugs gründlich geprüft. Dabei werden unter anderem der Propeller kontrolliert, der Ölstand gecheckt und die Sicherungen für die Steuerflächen entfernt. Auch dies geschieht wieder nach dem „Buddy-Prinzip“, das heißt, einer liest vor, der andere führt es aus.

    Nachdem außen alles kontrolliert ist, folgt der Inside-Check. „Hier geht es vor allem um das Cockpit“, erklärt Gabriel. „Alle Systeme werden auf ihre Funktion hin überprüft. Das beginnt mit vermeintlich einfachen Sachen wie der Sitzeinstellung und endet mit dem Überprüfen der Fluginstrumente.“

  • Gabriel steht mit seinem Fluglehrer nach seinem ersten Flug vor der Übungsmaschine und lächelt.
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    Endlich wieder abheben

    So wirklich aufgeregt war Gabriel vor seinem ersten militärischen Flug trotzdem nicht. Schließlich war sein Fluglehrer dabei. Und es ist gut gelaufen, wie das Foto danach zeigt. In Goodyear werden sogenannte Missions geflogen. Das heißt, die Schüler müssen Aufgaben erfüllen, die von Mal zu Mal schwieriger werden. Geflogen wird täglich. „Einige von uns fliegen vormittags, andere nachmittags“, erklärt Gabriel. „Jeder hat seinen zugewiesenen Fluglehrer. Jeden Morgen gibt es ein Briefing, das immer einer der Flugschüler vorbereitet. Dabei wird besprochen, wie die Gegebenheiten am Platz sind, wie das Wetter ist, ob es Einschränkungen im Luftraum gibt und Ähnliches.“

  • Gabriel steht in der Bar aus dem Film „Top Gun“ in San Diego neben dem Klavier.
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    San Diego und die Top-Gun-Bar

    Während des Lehrganges steht den Pilotenschülern eine sogenannte Betreuungsfahrt zu. Diesmal ging es, unter Corona-konformen Sicherheitsbedingungen, nach San Diego in Kalifornien. „Wir haben das Museumsschiff USSUnited States Ship-Midway besucht, eine Abkühlung am Strand mitgenommen und natürlich durfte auch der obligatorische Besuch in der Original-Drehort-Bar aus dem Film „Top Gun“ nicht fehlen“, erzählt Gabriel. Aber schon die Fahrt an sich war ein Erlebnis. „Wir sind fünf Stunden nach San Diego gefahren haben dabei nur etwa ein Zehntel der Breite Amerikas überwunden“, sagt Gabriel. „Das ist klimatisch schon wieder eine ganz andere Gegend und doch immer noch ein Land.“

    Die Menschen, sowohl in Phoenix als auch in San Diego, seien entweder sehr zurückhaltend oder sehr offen. Über eins hat Gabriel sich öfter gewundert: „Wir werden immer wieder angesprochen und die Leute danken uns für unseren Dienst beim Militär. Das ist für sehr ungewohnt, denn aus Deutschland kennt das keiner von uns.“

  • Gabriel läuft zu seiner Ausbildungsmaschine.
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    Ein typischer Tag

    Ein typischer Tag in Goodyear sieht bei Gabriel so aus: Um 6 Uhr aufstehen, 6.45 Uhr Briefing, 7.30 Uhr zum Flieger gehen, 8.30 Uhr Abflug der ersten Gruppe, 11 Uhr Abflug der zweiten Gruppe, um 14.15 Uhr folgt die Nachbesprechung, das sogenannte Debriefing. „Hier wird nicht nur unsere fliegerische Leistung bewertet“, sagt Gabriel. „Auch die persönliche Eignung spielt eine Rolle. Dabei geht es darum, wie wir im Team zusammenarbeiten und ob wir uns gegenseitig unterstützen.“ Das Debriefing dauert bis etwa 17 Uhr. Dann haben die Schüler eine Stunde Zeit für den Pool und danach bereiten sie schon den nächsten Tag vor.

  • Gabriel mit seiner Übungsmaschine kurz vor dem Aufsetzen auf der Landebahn in Goodyear.
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    Gute Flüge, schlechte Flüge

    Gabriel geht es gut dabei. Ihm war klar, dass bei dieser Ausbildung viel von den angehenden Piloten verlangt wird. Und nicht immer klappt alles sofort. „Es gibt gute und schlechte Tage. Auch beim Fliegen. Wenn mal was nicht so funktioniert, dann hadert man mit sich, denn man will immer Bestleistungen erzielen.“ Grundsätzlich ist es für ihn mit seiner Flugerfahrung kein Problem, ein Flugzeug geradeaus zu fliegen und die Höhe zu halten. „Das habe ich im Gefühl, wie beim Autofahren. Aber die Art und Weise, wie wir hier fliegen, ist anders. Es gibt viel häufiger Checks im Flug, lauter Dinge, die man beachten muss, damit man ganz präzise fliegt.“ Und natürlich habe der Lernprozess ein hohes Tempo: „Wir fliegen jeden Tag und jeder Flug hat neue Lerninhalte. Da ist keine Zeit, um frühere Lektionen zu wiederholen und zu verbessern. Das muss sitzen.“

  • Gabriel sitzt zum ersten Mal alleine im Cockpit seiner Übungsmaschine.
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    Das erste Solo – mit Taufe

    Nach etwa 17 Missions, 25 Flugstunden und etlichen Prüfungen ist es soweit. Gabriel fliegt zum ersten Mal alleine, ohne die Hilfe des Lehrers, ein Flugzeug bei der Bundeswehr. Er ist für den gesamten Verlauf des Flugs allein verantwortlich. Vorher fliegt er noch einmal zusammen mit seinem Lehrer das Profil für den Soloflug am Flugplatz „Mobile“ ab. Der Lehrer ist zufrieden, steigt aus und der Alleinflug beginnt. Nach drei Platzrunden ist alles auch schon wieder vorbei. Der Fluglehrer wird wieder „eingesammelt“ und es geht zurück nach Goodyear.

    Und das war’s dann? Nein! Auch in Goodyear ist es Brauch, junge Piloten nach ihrem ersten Alleinflug zu „taufen“. Beim Initial Flight Training in Goodyear findet die Solotaufe in der Pool-Anlage auf dem Campus statt. Bis zu dieser Taufe darf der Solopilot den Boden nicht berühren. Deshalb wird Gabriel von seinen Kameraden mit einem besonderen „Flugzeug“ der Staffel, einem Bollerwagen mit anmontierten kleinen Tragflächen,  direkt an der Maschine abgeholt, zum Pool gefahren und feierlich ins kühle Nass verfrachtet.

  • Eine einmotorige Grob G 120A startet in Mobile.
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    Spaß im Cockpit

    Nach dem ersten Soloflug ist die Grundphase abgeschlossen. Jetzt stehen noch Kunst- und Formationsflug auf dem Stundenplan der Piloten. „Kunstflug macht viel Spaß“, stellt Gabriel fest. „Da geht’s darum, wie ich meine Maschine für einen Looping stellen muss oder wie man eine Rolle fliegt.“ Ziel sei aber nicht, ein Flugzeug am Ende der Ausbildung mit verbundenen Augen rückwärts sitzend landen zu können. „Wir lernen hier, was in der weiteren Ausbildung noch auf uns zukommt und bekommen ein Gefühl dafür, wie sich ein Flugzeug im Raum bewegt. Denn gerade als Jetpiloten müssen wir später ganz selbstverständlich dreidimensional agieren, gerade im Luftkampf.“

  • Gabriel steht neben seinem Übungsflugzeug, einer Grob G 120A.
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    Goodbye Goodyear

    Einen Tag vor Weihnachten ist die „Grundschule“ in Goodyear beendet und für Gabriel geht es nach Hause. Es folgt eine sogenannte Zwischenverwendung im Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg bei der Flugsicherheit. Im April beginnt der Vorbereitungskurs auf den nächsten Ausbildungsschritt an der Universität der Bundeswehr in München.

    Im Mai startet Gabriel wieder in die USA, diesmal für mehr als ein Jahr zum DDODienstältester Deutscher Offizier/DtADeutscher Anteil ENJJPTEuro NATO Joint Jet Pilot Training auf der Sheppard Air Force Base in Wichita Falls, Texas. Die komplizierte Abkürzung steht für: Dienstältester Deutscher Offizier/Deutscher Anteil Euro NATONorth Atlantic Treaty Organization Joint Jet Pilot Training. Das Programm ENJJPTEuro NATO Joint Jet Pilot Training existiert seit über 35 Jahren und umfasst derzeit eine Ausbildungsdauer von etwa 65 Wochen. Die angehenden deutschen Strahlflugzeugführer legen hier den Grundstein für ihre spätere Waffensystemausbildung in Deutschland. Auch in Sheppard beginnt der Unterricht auf Propellermaschinen. Später steigen die Pilotenschüler auf die Northrop T-38C Talon um, ein Schulflugzeug für den Flug im Überschallbereich.

    von Stefanie Pfingsten

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