„Friesischer Löwe“: Leben (fast wie) im Einsatz
„Friesischer Löwe“: Leben (fast wie) im Einsatz
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Die Kernübung dauert 90 Stunden, doch die knapp 600 Übungsteilnehmerinnen und -teilnehmer lebten bereits vor Beginn und seit nunmehr über zehn Tagen im Camp Maximus – dem Feldlager des simulierten Einsatzes OBSIDIA.
Die 65 Unterkunftszelte auf der Betonplatte des Fliegerhorstes Upjever liegen recht verlassen dort. Es sind nur wenige Soldaten in der olivgrünen Zeltstadt unterwegs. An der einen Ecke raucht ein Soldat, an der anderen wird sich unterhalten. In einem der Unterkunftszelte bereitet sich Leutnant Dominik auf seinen Tag vor. Uniform richten, Gewehr aufnehmen, die Pistole ist sowieso im Beinholster. Vor ihm liegt seine nächste achtstündige Schicht.
„Ohne Mampf keinen Kampf“
Dominik ist einer von zwei MANTISModular, Automatic and Network capable Targeting and Interception System-Offizieren und dafür verantwortlich, das Camp und seine Bewohner zu alarmieren, wenn Gefahr durch Raketen oder Mörserranaten droht. Ein langer Tag vor Karten und Computerbildschirmen liegt vor ihm, deshalb führt sein Weg vor jeder Schicht ins Betreuungszelt. „Das B-Zelt ist echt top und die Leute mehr als freundlich“, sagt Dominik während er sich mit Sandwiches und Energy-Drinks eindeckt. Die Moral hängt schließlich auch an der Verpflegung.
Bevor die Übung in die Kernphase ging, wurde im Camp Maximus frisch gekocht. Ein Küchenraummodul und eine Taktische Feldküche sorgten für das Wohl der knapp 600 Leute – beides verlegefähig und schnell aufgebaut. Mittlerweile gibt es im Feldlager nur noch EPA – Einmannpakete. Hühnerfrikassee aus Tüten, Brot aus der Dose und „Panzerkekse“ zum Dessert. Einer der Gründe, weshalb sich der „Marketender“, also der Imbiss des Lagers, nicht über zu wenig Arbeit beschweren kann. Der Gewinn aus dem Verkauf von Sandwich, Wurst und heißem Kaffee während der Übung kommt den Opfern der Flutkatastrophe zu Gute.
24/7 – die Augen und Ohren des Gefechtsstandes schlafen nie
Dominiks Schicht läuft täglich von vier Uhr nachmittags bis Mitternacht. Der Gefechtsstand, in dem er arbeitet, ist nonstop ohne Pause besetzt, denn die feindlichen Kräfte halten sich nicht an Rahmendienstzeiten. Jederzeit kann sich die Bedrohungslage ändern. Ständig könnte das Lager beschossen werden. Immer könnten bewegliche Kräfte Opfer von Sprengfallen oder Hinterhalten werden. Die Augen im Gefechtsstand, dem Herzstück des „Friesischen Löwen“, sind immer wachsam.
Der persönliche Tagesablauf richtet sich nach den persönlichen Aufträgen. Die Quick Reaction Force hat dabei einen deutlich weniger planbaren Tag. Fahren sie auf eine Mission, kann es passieren, dass sie das Camp für 72 Stunden nicht wiedersehen. Bei Dominik ist es etwas strukturierter. Hat er seine Schicht hinter sich gebracht und arbeitet nicht, ist Freizeit. Er schläft, isst etwas EPA oder schaut einen Film. Neben seinem kleinen persönlichen Bereich, stehen neun weitere Feldbetten. Jeder hat es sich so komfortabel wie möglich gemacht – auf vier Quadratmetern.
50.000 Liter Diesel und jede Menge Ohropax – alles für eine gute Nacht
Die 65 Zelte werden mit Warmlufterzeugern individuell temperiert. Über 50.000 Liter Diesel werden so über die Übung hinweg verbraucht. Der Lärm, der durch die Geräte auf den sechseinhalbtausend Quadratmetern entsteht, hält sich aber in Grenzen, sagt Dominik: „Ich nehme dieses monotone Motorengeräusch nicht so wahr; mich stört es aber auch nicht, ob ein A400M neben mir landet oder jemand über mein Gepäck stolpert. Manch andere schlafen aber schon mit Ohropax. Im richtigen Auslandseinsatz sind die Geräusche jedenfalls deutlich schlimmer mit den Klimaanlagen.“
Geduscht wird im San300. Ein großer, grüner Wasch- und Toilettencontainer, der mit Wasser aus der Wasseraufbereitungsanlage des Feldlagers versorgt wird. Betrieben wird diese durch die Unterstützungskräfte des ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrbataillons aus Höxter. Und auch wenn das warme Wasser knapp ist, kann trotzdem jederzeit geduscht werden – im Zweifelsfall kalt. Dominik selbst hatte bisher Glück: „Ich hatte immer warmes Wasser.“
Und sollten die Panzerkekse im Bett gekrümelt haben, gibt es im Camp sogar eine Feldwäscherei. Beim „Friesischen Löwen“ sind nicht nur die Szenarien nah an der Realität, sondern das gesamte Leben – eben fast wie im Einsatz.