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Einsatzprüfung

Luftwaffe und Spezialkräfte erproben gemeinsam das Fallschirmspringen mit Sauerstoffmaske

Luftwaffe und Spezialkräfte erproben gemeinsam das Fallschirmspringen mit Sauerstoffmaske

Datum:
Ort:
USA
Lesedauer:
3 MIN

Die Luftwaffe und die Fallschirmspringer der Bundeswehr erproben zusammen das Very-high-altitude-drop-Verfahren, also das Absetzen von Fallschirmspringern aus 25.000 Fuß Höhe. Ohne Sauerstoffmasken geht hier gar nichts. Nach der Zulassung werden alle Freifaller der Bundeswehr, auch die Kampfretter der Luftwaffe, in diesem Verfahren ausgebildet.

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Das sogenannte Very-high-altitude-drop-Verfahren, also das Abspringen mit dem Fallschirm aus großer Höhe, erfordert eine Sauerstoffmaske und viel Koordination. In Arizona wurde es getestet.

„Fallschirmspringer werden oft in einem gefährdeten Bereich abgesetzt. Mit dem Absprung aus sehr großer Höhe können sie verdeckt ins gegnerische Gebiet eindringen, ohne sich selbst überproportional zu gefährden“, sagt Oberstleutnant Gunnar Kratz, der Pilot des an der Erprobung beteiligten A400M.

Mit Sauerstoffmaske in Arizona

Ein Mann in Fliegerkombi sitzt im Cockpit eines Flugzeugs.
Bundeswehr/Cora Mohrdieck
„Wir sind hier, um mögliche Fehlerquellen in unserem Verfahren zu finden und diese aus dem Prozedere zu entfernen.”

Doch das Absetzen von Fallschirmspringerinnen und -springern aus einer Höhe von 25.000 Fuß (7.620 Meter) über dem Meeresspiegel erfordert, dass alle an Bord, auch die Crewmitglieder, eine Sauerstoffmaske tragen. „Um dieses Very-high-altitude-drop-Verfahren sicher in der Bundeswehr zu etablieren, braucht es besondere Tests, die uns das Überleben in diesen Höhen garantieren“, so Kratz.

Begonnen wurde die Erprobung im mecklenburgischen Neubrandenburg, jetzt wird sie in den USA abgeschlossen. „Wir sind hier, um mögliche Fehlerquellen in unserem Verfahren zu finden und diese aus dem Prozedere zu entfernen. Das Wetter in Arizona ist konstant besser als in Deutschland. Das vereinfacht das Planen der Testsprünge und wir können die Erprobung deutlich schneller abschließen“, erklärt Oberstleutnant Kratz.

Hier werden die Ausbilder ausgebildet

„Alle, die an dieser Erprobung teilnehmen, schreiben die Vorschriften, nach denen später der Rest der Truppe ausgebildet wird“, sagt Kratz. „Wenn wir nach Deutschland zurückkommen, sind die Ladungsmeister und Flugzeugführer, die hier dabei sind, ausgebildet. Sie können sicher mit Sauerstoffmasken unter solchen Bedingungen arbeiten und dieses Wissen auch weitergeben.“ 

Konkret geht es um die Taktisch-Technische Versuchsgruppe (TTVGTaktisch-Technische Versuchsgruppe) des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf. Sie entwickelt sichere Verfahren für die Sprünge aus großen Höhen, die dann für die folgende Ausbildung genutzt werden. Die Erprobung des neuen Verfahrens geschieht gemeinsam mit der springenden Truppe, also den Spezialisierten und den Spezialkräften von Heer, Marine und Luftwaffe, damit alles genau aufeinander abgestimmt ist. 

Auch Ladungsmeister Oberfähnrich Max P.* von der TTVGTaktisch-Technische Versuchsgruppe ist in Arizona dabei. Wie alle anderen trägt er bei very high altitude drop eine Sauerstoffmaske. Seine Maske ist mit einem 18 Meter langen Schlauch verbunden, der an die Sauerstoffversorgung angeschlossen ist. So kann sich P. wie gewohnt im Laderaum bewegen. Sowohl sein Stehhaltegurt, der ihn beim Laufen sichert, als auch sein Sauerstoffschlauch werden an einem Stahlseil an der Innenwand des Laderaums geführt, damit sich nichts verheddern kann.

Druckausgleich fürs Öffnen der Laderampe

Der Luftdruck hängt ab von der Flughöhe: je größer die Höhe, desto geringer Luftdruck und der Sauerstoffpartialdruck. Damit Menschen bei einer Höhe von mehr als 12.000 Fuß über dem Meeresspiegel überhaupt ohne Sauerstoffgeräte in Flugzeugen fliegen können, sind diese so konstruiert, dass während des Fluges in der Kabine ein gewisser Luftdruck gehalten wird. Außerhalb des Flugzeugs sinkt der Luftdruck bei steigender Höhe, im Flugzeug bleibt er annähernd gleich. Wenn in solch großen Höhen Gleitfallschirmspringer abgesetzt werden sollen, muss der Innendruck im Flugzeug aber dem Außendruck entsprechen.

Ein Mann mit Uniform, Helm und Sauerstoffmaske steht in einem Flugzeug.

Oberfähnrich und Ladungsmeister Max P. gehört zur Taktisch-Technischen Versuchsgruppe (TTVGTaktisch-Technische Versuchsgruppe) des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf

Bundeswehr/Cora Mohrdieck

„Um in 25.000 Fuß Höhe die Laderampe überhaupt öffnen zu können, ist es entscheidend, dass man den Luftdruck der Kabine verringert“, erklärt Oberfähnrich Max P. „Dafür lassen wir über einen Zeitraum von 10 bis 15 Minuten den Druck ab und atmen schon vor der Öffnung der Laderampe über Masken 100 Prozent Sauerstoff vor, um den Stickstoff aus dem Blut zu abzuatmen.“

„Taucherkrankheit“ auch in großer Höhe

Dies ist wichtig, um der sogenannten „Taucherkrankheit“ vorzubeugen, die es auch in der Luftfahrt gibt. Symptome können Juckreiz, Gelenkbeschwerden, Schmerzen hinter dem Brustbein oder Bewusstlosigkeit sein. Im schlimmsten Fall kann sie tödlich sein. „Um ein Bewusstsein für Sauerstoffmangelsymptome zu bekommen, fahren wir alle vier Jahre zum Zentrum Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe und lernen, in solchen Situationen entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten“, sagt Max P.

Arbeiten bei minus 35 Grad

Neben dem Sauerstoffmangel stellt auch die Kälte eine Herausforderung für die Springer dar. Denn auf 25.000 Fuß beträgt die Temperatur minus 35 Grad. Gleichzeitig macht die Höhe das Arbeiten deutlich anstrengender und die Kommunikation ist erschwert. Wer mit einer Sauerstoffmaske vorm Gesicht spricht, ist einfach schwerer zu verstehen. Umso wichtiger ist es laut Pilot Gunnar Kratz, „dass die Kommunikationsverfahren super harmonisiert sind, damit weiterhin alles reibungslos funktioniert“.

*Name zum Schutz abgekürzt.

  • Ein Soldat schwebt an seinem Fallschirm in der Luft.

    Um bei minus 35 Grad in 7.000 Meter Höhe aus dem A400M zu springen, brauchen die Fallschirmspringer der Bundeswehr die richtige Ausrüstung und eine Sauerstoffmaske

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Ein Soldat mit Sauerstoffmaske, Helm, Handschuhen und Gleitfallschirm auf dem Rücken.

    Ein Ausbilder für den militärischen Freifall: Außer dem Gleitfallschirm auf dem Rücken und der Sauerstoffmaske gehören zur Ausrüstung unter anderem ein Höhenmesser (hier am linken Handgelenk) sowie ein Navigationsträger mit Kompass und GPSGlobal Positioning System

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Soldaten in Uniform gehen mit ihren Fallschirmrucksäcken an einem A400M entlang.

    Die Spezialkräfte und Spezialisierten Kräfte der Bundeswehr testen das Very-high-altitude-drop-Verfahren mit dem A400M

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Ein Transportflugzeug der Luftwaffe vor dem Start.

    Crew und Springer sind an Bord. Der Pilot, Oberstleutnant Gunnar Kratz, bringt den A400M in Startposition.

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Zwei Soldaten schweben an Fallschirmen in der Luft.

    Bei minus 35 Grad springen die Soldaten in sieben Kilometer Höhe aus dem A400M. Bis zum Boden brauchen sie bis zu 20 Minuten.

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Ein Fallschirmspringer im Flug kurz vor der Landung.

    Alles hat reibungslos geklappt: Gleich hat der Fallschirmspringer wieder festen Boden unter den Füßen

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
  • Ein Fallschirmspringer steht mit den Leinen in der Hand bei seinem vor ihm liegenden Fallschirm.

    Mit der Landung ist die Arbeit aber noch nicht getan. Danach muss der Gleitfallschirm zusammengenommen und später sorgfältig neu gepackt werden – für den nächsten Sprung.

    Bundeswehr/Cora Mohrdieck
von Cedric Kortenbruck

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