Ein Job in luftiger Höhe: Bordschütze in der CH-53
Ein Job in luftiger Höhe: Bordschütze in der CH-53
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Jederzeit müssen die Bordschützen aufmerksam ihr Umfeld beobachten. Im Ernstfall verteidigen sie ihren Hubschrauber und alle Personen an Bord. Um gut für den Einsatz vorbereitet zu sein, trainieren sie ihre Fertigkeiten in der Oberlausitz. Für die Übung Heli Dust 2018 waren sie mit dem Hubschraubergeschwader 64 drei Wochen unterwegs.
Schutz für den Zwölf-Tonnen-Koloss
Die Abendsonne steht knapp über dem Horizont und der Himmel ist wolkenlos. Das Thermometer hängt jedoch starr bei zwölf Grad unter null. Von hinten – aus Richtung des dichten Kiefernwaldes – werden Triebwerkgeräusche immer lauter. Eine CH-53 GSGesetzliche Schutzaufgaben kommt knapp über den Baumwipfeln aus dem Wald hervor und geht in den Landeanflug. In 200 Metern Entfernung klappen plötzlich mehrere rote Schützenscheiben nach oben. Der Bordschütze an der Seitentür, der das Gelände ständig überblickt, hält kurz Rücksprache mit dem Piloten und eröffnet das Feuer aus seinem Maschinengewehr M3M. Ein paar kurze Feuerstöße später sind die ersten Scheiben umgefallen. Der Hubschrauber startet durch, dreht ab und fliegt davon. Der Schütze an der hinteren Laderampe übernimmt das Feuer und bringt die letzten Scheiben zu Fall.
Es ist der Truppenübungsplatz Oberlausitz, auf dem das Hubschraubergeschwader 64 (HSGHubschraubergeschwader 64) neue Bordsicherungssoldaten für die CH-53 ausbildet. Die Schützen, auch Doorgunner genannt, sorgen im Einsatz für einen erheblichen Schutz der Luftfahrzeuge und deren Besatzungen.
„Unsere Hubschrauber können sich aus eigener Kraft nicht verteidigen“, erklärt einer der Piloten. „Dank der Bordschützen können wir aber unsere Kameraden am Boden sogar aus Kampfzonen holen. Allein durch die Lautstärke vom M3M würden wohl die meisten in Deckung gehen.“ Die Besatzungen vom HSGHubschraubergeschwader 64 transportieren nicht nur Material im Einsatz. Sie werden auch für Rettungseinsätze und teilweise zur Unterstützung von Spezialkräften eingesetzt.
Staublandungen als Einsatz-Übung
Während der dreiwöchigen Übung wirbeln die Hubschrauber Tag für Tag ordentlich Sand auf. Die staubigen Landungen in der Oberlausitz sind dabei eine gute Vorbereitung für den Einsatz in Afghanistan. Dort werden die Schützen derzeit am meisten gebraucht. „Wir bräuchten mehr Bordschützen. Wegen des Personalmangels ist unsere Einsatzbelastung ziemlich hoch“, sagt Hendrik Wüst*, der als Doorgunner schon mehr als 1.500 Einsatztage hinter sich hat. „Wir gehen zwei, drei Mal pro Jahr für jeweils sechs bis acht Wochen in den Einsatz.“ Die Einsatzzeiten seien auch eine besondere Belastung für Beziehung und Familie. „Meine Familie gibt mir guten Rückhalt, dass macht es einfacher für mich.“ Wüst selbst lebt alleine. Er hat jedoch Kameraden, die verheiratet sind und Kinder haben. „Da braucht man schon eine Frau, die damit leben kann. Die relativ häufigen Einsätze erfordern viel Toleranz.“
65.000 Schuss in drei Wochen
Auch Oberleutnant Hoffmann kennt die Herausforderungen von Auslandseinsätzen. Derzeit ist er aber bei Heli Dust für sämtliche Schießvorhaben verantwortlich und stellvertretender Gesamtleiter der Übung. „Die Übung ist jetzt fast zu Ende und wir haben 100 Prozent unseres Solls bereits erfüllt. Wir haben fünf neue Bordschützen, die CR-klar sind.“ CR steht für Combat Ready und bedeutet, dass die Soldaten alle nötigen Ausbildungen und ausreichend Erfahrung haben, um in den Einsatz geschickt werden zu können. „Außerdem haben wir vier weitere Schützen soweit ausbilden können, die jetzt alle nötigen Schießübungen erfüllt haben, um Bordsicherungssoldat zu sein.“ Dazu wurden in den knapp drei Wochen mehr als 40.000 Schuss mit dem M3M verschossen und 25.000 mit MG3. So können die Piloten sicher sein, dass ihre Schützen gut für den Ernstfall vorbereitet sind. Oberleutnant Hoffmann ist „komplett zufrieden mit dem Verlauf der Übung“.
Um künftig mehr Bordschützen auszubilden, übt das Geschwader zwei Mal pro Jahr. „Das machen wir immer im Frühjahr und im Herbst. Da lernen die Soldaten, mit der Kälte klarzukommen“, erklärt Hoffmann. „Im Einsatz kann es auch im Sommer sehr kalt werden, wenn der Hubschrauber mit offener Heckrampe in einer Flughöhe von über 10.000 Fuß unterwegs ist. Außerdem haben wir zu diesen Jahreszeiten einen frühen Sonnenuntergang und können mehr bei Nacht schießen als es im Sommer möglich wäre.“
Ein harter, einzigartiger Job
Doch zum „Doorgunner“ ist es kein leichter Weg. Am Anfang steht ein Praktikum. Wenn der Bewerber flugtauglich ist – sprichwörtlich, wenn sein Magen alle Flugmanöver verträgt –, dann kann er in die fast zweijährige Ausbildung starten. Als erstes steht Waffenausbildung auf dem Stundenplan. Denn ein Bordschütze muss unter allen Bedingungen mit seinem Gewehr umgehen können. „Es ist schon was anderes, eine Störung an der Waffe zu beheben, während der Hubschrauber enge Kurven fliegt und ich dabei am Ende der offenen Laderampe stehe“, erklärt Oberstabsgefreiter Wüst. Das sind aber die Situationen, die diesen Beruf für ihn so interessant machen. Dabei ist ihm bewusst, dass er in Afghanistan eine lebensrettende Funktion im Hubschrauber haben wird.
„Wir werden in unserer Ausbildung auch auf eventuelle Notfälle vorbereitet. Dazu machen wir zum Beispiel die Lehrgänge Überleben-Land und Überleben-See“, sagt Wüst. Letztlich kommen dann viele verschiedene Schießübungen, die auf alle möglichen Situationen im Einsatz vorbereiten sollen. Also Schießen bei Tag und Nacht, bei langsamem und schnellem Fliegen und in verschiedenen Flughöhen. Eine der Herausforderungen ist dabei auch die Kälte. „Hier bei -12°C wird es an der offenen Rampe echt kalt. Durch den Wind kommt einem das noch deutlich kälter vor“, erklärt der Doorgunner Wüst. „Mit dünnen Handschuhen können wir eventuelle Störungen schnell beheben, dann frieren aber nach zehn Minuten gefühlt die Finger ab. Mit dickeren Handschuhen bleiben die Finger beweglich, aber wir könnten die Waffe nicht so gut bedienen. Da bräuchten wir noch Handschuhe, mit denen beides möglich ist.“
Wüst muss in der Lage sein, seine Ziele zu treffen, wenn der Hubschrauber in Bewegung ist. Die Flugbewegung macht es deutlich schwerer, die CH-53 vom Boden aus zu treffen. Beim sogenannten Dog-Bone-Verfahren fliegt der Pilot eine liegende Acht – was an die Form eines Hundeknochens erinnert. „Dadurch können nacheinander alle drei Waffen zum Einsatz kommen und dementsprechend nachgeladen werden, wenn sie an der zielabgewandten Seite des Hubschraubers sind“, sagt Wüst. Eine Waffe ist auf der offenen Laderampe montiert. Zwei weitere sind in den offenen Seitenfenstern rechts und links direkt hinter dem Cockpit. Die Hubschrauber sind mindestens zu zweit unterwegs. So kann ein Hubschrauber landen und Personen an Bord nehmen, der andere sorgt in der Zeit für die nötige Feuerunterstützung.
Mindestens 50 Flugstunden pro Jahr
Um immer vorbereitet zu sein, müssen die Bordschützen jedes Jahr mindestens 50 Flugstunden und verschiedene Übungen absolvieren. Außerdem muss jeder auch gesundheitlich in sehr guter Form sein, um im fliegerischen Dienst arbeiten zu können. Ist alles erfüllt, erhalten sie ihre Lizenz, um Teil der Luftfahrzeugbesatzung sein zu dürfen. Beim diesjährigen Heli Dust im Frühjahr 2018 konnten die „Gunnis“ wieder viele Flugstunden sammeln und sind somit für zukünftige Einsätze in Afghanistan vorbereitet.
*Namen zum Schutz der Personen von der Redaktion geändert.