Luftwaffe

Der Einflüsterer des Autopiloten

Der Einflüsterer des Autopiloten

Datum:
Ort:
Israel
Lesedauer:
3 MIN

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Pilot, Techniker, Tower-Personal und vielleicht noch der Wetterberater. In der Aufzählung der Leute, die notwendig sind, um ein modernes Kampfflugzeug wie den Eurofighter in den Himmel zu bringen und dort zu halten, wird einer meist vergessen: der, der plant, wohin die Mission genau gehen soll. Sinan A. sagt unter anderem dem Autopiloten, wohin er fliegen soll - falls der menschliche Pilot mal anderweitig beschäftigt ist.

Schier endlose Zahlenkolonnen bestimmen das Leben von Fähnrich Sinan A. bei der Übung Blue Flag in der israelischen Wüste. Und Zeitdruck, denn wenn der Pilot von seinem Briefing zurückkehrt, hat er meist nur eine Stunde, um die geplante Flugroute des Eurofighters zu programmieren. „Der Pilot sagt mir, welchen Auftrag er hat, ob er zum Beispiel Luftnahunterstützung fliegt oder er nur einen Luftüberwachungseinsatz hat“, erklärt der Fähnrich. Seine Aufgabe als Mission Planner ist dann, Wegpunkte in Form von Koordinaten festzulegen. Natürlich ist über den Wolken die Freiheit nicht grenzenlos. Erst recht nicht in einem Land wie Israel, wo auf der Höhe der Luftwaffenbasis Ovda die Entfernung von der westlichen Grenze zu Ägypten bis zur jordanischen Grenze im Osten kaum 30 Kilometer beträgt. „Die Korridore, in denen wir unsere Jets zu den holding areas (Verfügungsräumen) leiten können, liegen entlang der beiden Grenzen. Die sonst übliche fünf Meilen-Abstandszone gilt hier nicht“, so Sinan A. weiter. Umso genauer müsse geplant werden, um das Überfliegen der Grenze unbedingt zu vermeiden.

Zwei Soldaten sitzen an einem Computer

Die Planung einer Mission ist wie so vieles bei der Luftwaffe Teamarbeit, zusammen mit seiner Kameradin, Oberfeldwebel Anna S. brütet er über der digitalen Landkarte des Übungsgebietes

Bundeswehr/Falk Bärwald

Fliegen nach einer digitalen Landkarte

Von der israelischen Luftwaffe bekommen die acht an Blue Flag teilnehmenden Nationen mit der Air Task Order (ATO) jeden Tag neue Areas, also Übungsgebiete mit Koordinaten zugewiesen. Innerhalb dieser liegen die Ziele für die nächste Mission: Ein zu schützendes Logistikzentrum, eine Siedlung oder eine feindliche Flugabwehrraketenstellung die es auszuschalten gilt - Fähnrich Sinan A. erfasst alles und beschreibt damit einen Datenträger. Diesen übergibt er dem Piloten, der ihn wiederum in seinen Eurofighter steckt und damit den Jet mit digitalen Wegweisern füttert. In einer digitalen Landkarte sieht der Pilot dann seine Wegpunkte, Ziele oder auch Wirkungsbereiche gegnerischer Stellungen, die er unbedingt vermeiden sollte.

Die enge Zusammenarbeit mit den Piloten gefällt dem Fähnrich, der nach vielen bestandenen Prüfungen auf dem besten Weg ist, in Kürze Offizier zu werden. Aber nicht nur das, er will auch selbst Pilot werden. Spezielle Trainings wie das „Überleben See“ oder die Höhendruckkammer hat er schon durchlaufen und beginnt deswegen im Januar 2022 in den USA in Goodyear, Arizona, die Pilotenausbildung. Das Besondere: das ist auch ohne Studium, zum Beispiel des „aeronautical engineerings“ (Luft- und Raumfahrttechnik) möglich.

Sinan A., der schon Segelflieger steuern darf, hat in seiner Jugend viel Zeit am Fliegerhorst-Zaun verbracht und die Flugzeuge beobachtet. Trotzdem studierte er zuerst Wirtschaftsingenieurwesen, gründete mit einem Freund ein Startup und entwickelte eine App, die passenderweise kreative Wege in den Ausbildungsmarkt aufzeigt. Zur Bundeswehr, bei der er sich für 17 Jahre verpflichtete, kam der 28-Jährige erst vor vier Jahren.

Ein Soldat übergibt einen anderen Soldaten Informationen.

Ein Pilot bringt „Honorman“ Sinan A. die Flugdaten zur Eingabe an seinem Arbeitsplatz im Container

Bundeswehr/Falk Bärwald

German eyes only

Im Taktischen Luftwaffengeschwader 31 „Boelke“, Nörvenich ist der gebürtige Remscheider bis zum Beginn seiner Pilotenausbildung in einer Zwischenverwendung als Mission Planner eingesetzt. „Die Abläufe des Flugbetriebs sind sehr spannend und auch für meine Zukunft relevant, ich sauge alles auf, was ich gerade bei dieser Übung in Israel erlebe“, so Sinan A. begeistert. Sein Arbeitsplatz bei seinem ersten „Kommando“, wie derartige Luftwaffenübungen heißen, befindet sich in einem speziell abgesicherten Container, an dessen Eingang „German eyes only“ steht, den also nur Deutsche betreten dürfen – und das wegen Ausspähung natürlich ohne Handy. Verlässt er den wegen der vielen Monitore abgedunkelten Container, muss er lange blinzeln – oder sofort seine coole Sonnenbrille aufsetzen. Auf seinem Namensschild steht schon mal sein späteres Callsign: Honorman. Eine sehr direkte Übersetzung von „Ehrenmann“. Wie er dazu kam erzählt er – wie alle Piloten – nur bei einem Bier an der Bar…

von Max-Joseph Kronenbitter

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