Aufbau und Betrieb eines Einsatzflugplatzes: Nur gemeinsam geht‘s
Aufbau und Betrieb eines Einsatzflugplatzes: Nur gemeinsam geht‘s
- Datum:
- Ort:
- Schortens
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Im Ernstfall muss die Luftwaffe fliegen können. Damit dies auch in einem Einsatzland möglich ist, hat die Luftwaffe ihr „Schweizer-Taschenmesser“ immer parat: Das Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“. Dieses ist nicht nur Profi im infanteristischen Kampf, sondern auch Spezialist darin, alte Flugflächen wieder in Betrieb zu nehmen.
November an der Nordsee. Das ist dieses Nass, das unter die Kleidung klettert. Bereits früh ist das Bohren und Hämmern der Pioniere zu hören. Die Luftwaffenpioniere sind Teil einer teilstreitkraftübergreifenden Übung. Für zwei Wochen nehmen die Soldatinnen und Soldaten des II. Bataillons des Objektschutzregiments der Luftwaffe „Friesland“ einen Einsatzflugplatz, auch Deployable Operating Base oder kurz DOB genannt, auf dem Fliegerhorst Jever in Betrieb. Unterstützt werden sie von den Kameradinnen und Kameraden des Logistikbataillons der Streitkräftebasis. Mit ihren Lkw-Kolonnen stellen sie die Versorgung der Objektschützer sicher.
Sichtung der Kandidaten
Doch zurück zum Anfang: Bevor die Bagger der Pioniere zum Einsatz kommen können, braucht es einen Flugplatz. Eine geeignete Fläche im Einsatzland zu finden, ist die Aufgabe eines Vorauskommandos des Objektschutzregiments. „Das Erkunden von potenziellen Einsatzflugplätzen muss nicht erst im Konfliktfall geschehen. Wir bewerten regelmäßig mögliche Flächen im Ausland“, sagt Hauptmann Christian R., Einsatzoffizier der Luftwaffenpioniere. Optimal für den Aufbau eines Einsatzflugplatzes sind alte, nicht mehr genutzte Flughäfen. Hierbei gilt: Je intakter der Flughafen ist, desto besser ist es für die Objektschützer.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Tragfähigkeit der alten Start- und Landebahn. Hauptmann R.: „Wir fragen wir uns: Wie viele Starts und Landungen sind auf diesem Rollfeld noch möglich?“ Das Rollfeld erhält eine Bewertung zwischen 0 und 100. Ein Wert über 90 ist gut, weil dann keine tägliche Instandsetzung durch die Pioniere nötig ist. Bei einem Wert von unter 40 ist der tägliche Instandhaltungsaufwand beinahe zu groß. Ein weiterer Faktor, den das Vorauskommando bewertet, ist zum Beispiel die Nähe zu einem möglichen Gegner und die dadurch entstehende Gefahr des feindlichen Beschusses.
Mit 500 Elefanten in den Kampf
Ist der Zielort für den Einsatzflugplatz gewählt und der Einsatz des Objektschutzregiments von der Führung in Berlin befohlen, verladen die Objektschutzkräfte das letzte Material in die Container. In weniger als zwei Wochen rollen dann alleine für den Aufbau des Einsatzflugplatzes an die 190 Container mit einem Gesamtgewicht von etwa 500 Elefanten (1.900 Tonnen) in Richtung Einsatzort. Der Großteil wird dabei über die Straße und per Schiene transportiert. Für kritisches Material, wie die mobile Fanganlage, die Luftfahrzeuge in Luftnotlagen sicher auf der Landebahn zum Halten bringt, kann aber auch das hauseigene Rollfeld auf dem ehemaligen Fliegerhorst Jever wieder in Betrieb genommen werden.
24/7 Betrieb
Nachdem die Container im Einsatzland abgeladen sind, übernehmen die Fachbereiche ihr Material. Bevor die Luftwaffenpioniere mit der Instandsetzung der alten Landebahn beginnen, müssen die Kampfmittelabwehr-Spezialisten des Objektschutzregiments ran. Sie überprüfen das Rollfeld auf alte Munitionsreste. Danach ist es Zeit für das schwere Gerät. Mit Baggern und Presslufthämmern tragen die Soldatinnen und Soldaten den alten Beton ab. Die so entstehenden Löcher verdichten sie wieder mit Kies und Schotter. Zum Schluss verhelfen die fahrenden Betongießer dem Rollfeld zu neuem Leben. Ist der flüssige Beton in die Senke hineingegossen, folgt mit dem letzten Besenstrich der „Anpfiff“ für die Luftfahrzeuge — der Einsatzflugplatz ist bereit, die fliegenden Verbände zu empfangen.
Mit der Ankunft der Container geht auch für die Einsatzlogistiker die Arbeit weiter. 300 Männer und Frauen müssen auf dieser Übung untergebracht werden. Dafür errichten die Logistiker 60 Zelte. Außerdem nehmen sie eine Wasseraufbereitungsanlage in Betrieb, die vor Sabotage und Verunreinigungen schützt. Eine eigene Feldwäscherei steht der Zeltstadt ebenfalls zur Verfügung. Aber auch, wenn die Kleidung sauber ist und die Zelte mollig warm zum Verweilen einladen – wer den Soldaten kennt, weiß um dessen Forderung: „Ohne Mampf kein Kampf!“ Ein zehnköpfiges Team verpflegt die Luftwaffensoldaten. „Wenn auf dem Speiseplan an einem Tag Chili con Carne steht, bedeutet das 100 Kilo Fleisch“, erklärt einer der Feldköche.
Ein starkes Team
Für ein solches Volumen braucht es Nachschub. Bis zu sieben Tage lang können die Objektschützer sich selbst versorgen. Aber irgendwann braucht auch der stärkste Arbeitsmuskel Nährstoff. Kraftstoff und Lebensmittel müssen herangeschafft werden, Ausfälle an Fahrzeugen und Material brauchen Ersatz. Hier kommen die Kameradinnen und Kameraden der Streitkräftebasis ins Spiel. Sie stellen die sogenannte Basislogistik. Im Verteidigungsfall rollen aus ihren Depots die Lkw-Kolonnen mit Nachschub über die Autobahnen in Richtung Einsatzland. „Wir sind ein bisschen wie das schwer bewaffnete Pendant zu Amazon“, bringt es einer der Soldaten auf den Punkt. Das Objektschutzregiment ist dankbar für die Unterstützung.
Nur was geübt wird, funktioniert
„Luftwaffe ist Teamarbeit. Wir wirken am Boden für die Kontrolle in der Luft. Dazu bedarf es auch teilstreitkraftübergreifender Zusammenarbeit“, fasst Oberst Oliver Tamminga, Kommandeur des Objektschutzregiments der Luftwaffe „Friesland„, zusammen. „Im Hinblick auf die an uns gestellten Erfordernisse der Zeitenwende sowie die Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung ist es wichtig, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und dies auch zu üben. Nur was geübt wird, funktioniert, wenn es darauf ankommt. Im Verteidigungsfall kämpfen wir als Bundeswehr gemeinsam.“