Realer kann man nicht trainieren
Realer kann man nicht trainieren
- Datum:
- Ort:
- Alaska
- Lesedauer:
- 3 MIN
Die Verlegung Pacific Skies 24 ist angelaufen. Den Auftakt macht die Hochwertübung Arctic Defender 2024 in Alaska, die am 8. Juli begann. Mit rund 86 Luftfahrzeugen trainieren Deutschland, Frankreich, Spanien, Kanada und die USA in acht Missionen gemeinsam den Ernstfall.
Wird ein Mitgliedstaat der NATONorth Atlantic Treaty Organization angegriffen, müssen alle anderen Verbündeten ihn unterstützen. Das besagt der Artikel 5 des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Vertrags. Um sich auf diesen sogenannten Bündnisfall vorzubereiten, sind gemeinsame Übungen der Verbündeten fundamental. Nur so können sie im Ernstfall effizient und handlungssicher agieren, nur so kann ein möglicher Aggressor glaubhaft abgeschreckt werden. Das Ziel der multinationalen Zusammenarbeit ist es, sicher und effektiv im Verbund zu handeln und aus den jeweiligen Kernkompetenzen der Nationen Synergien zu bilden.
Wie wird trainiert?
Der zur Verfügung stehende Luftraum ist entscheidend. Der Übungsraum, in welchem die Kampfjets, Hubschrauber, Tanker- und taktischen Transportflugzeuge trainieren, ist bei Arctic Defender nicht nur größer als in Deutschland, sondern auch weniger durch zivilen Flugverkehr belastet. Die Größe des Übungsraums und seine facettenreiche Topografie bieten zahlreiche Möglichkeiten, das Training so realistisch wie sonst nirgends möglich zu gestalten.
Mit dabei sind Kampfflugzeuge der sogenannten vierten Generation, wie der Eurofighter, aber auch zahlreiche Kampfflugzeuge der neuesten fünften Generation, zu denen unter anderem die F-35 gehört. Deren Besatzungen müssen sich während Arctic Defender gegen reale Luftverteidigungssysteme behaupten. Vom Boden aus verfügt der Übungsleiter über eine Datenanbindung zu diesen Systemen, wodurch die Bewegungen der Jets erfasst und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Auf diese müssen die Besatzungen taktisch reagieren. Bei der simulierten Bekämpfung kann anhand der Echtzeit-Auswertung von Flugparametern erkannt werden, ob diese effektiv war.
Die eigenen Koalitionskräfte – während der Übung „Blau“ genannt – trainieren gegen feindliche Kräfte „Rot“. Die Teams müssen gegeneinander kämpfen und alle möglichen Gefahren wie beispielsweise die bodengebundene Luftverteidigung beachten. Wer „getroffen“ wurde, muss die Formation kurzzeitig verlassen. Diese auch Life Kill Removal genannte Art zu trainieren, stellt den Plan zum Erreichen des Missionserfolgs realistisch auf die Probe. Zudem gilt es, bei bis zu 70 gleichzeitig fliegenden Luftfahrzeugen auch extrem aufmerksam zu sein. Denn bei allen Missionen darf die Flugsicherheit nicht beeinträchtigt werden.
Bei jedem Flug folgen die Teilnehmenden aus aller Welt einer Hauptmission, welche in ein vorgegebenes Szenario eingebettet ist. Zum Erreichen des Missionsziels können zusätzlich weitere Teilziele vergeben werden. Jede einzelne Übungsmission benötigt circa zwölf Stunden Planung am Vortag, damit schlussendlich 90 Minuten trainiert werden kann. Danach wird der Missionserfolg bei einer Flugnachbesprechung, dem Debriefing, analysiert und ausgewertet, damit wertvolle Lehren für zukünftige Missionen gezogen werden können. Neben der täglichen Großübung besteht zudem die Möglichkeit, individuelle Luftkampftrainings gemeinsam durchzuführen.
Die Missionen der Übung
Jede Mission verfolgt ein Ziel, welches in den Szenarien des Übungsleiters, unter Berücksichtigung beabsichtigter Lernziele, vorgegeben wird. Dazu gehören zum Beispiel eine Bekämpfung von feindlicher Luftverteidigung oder das Anlanden von Spezialkräften zur Befreiung von Geiseln. Verschiedene Lernziele können auch miteinander kombiniert werden. Dazu werden unter anderem Hubschrauber und Transportflugzeuge eskortiert, feindliche militärische Infrastruktur mit Einsatzmunition bekämpft, Artillerie in den Luftkrieg eingebunden oder ein koordinierter Rückzug aus dem Operationsgebiet geübt. Wichtig ist dabei, taktisch sinnvoll die unterschiedlichen Fähigkeiten der einzelnen Nationen und Waffensysteme einzusetzen. Um die Besatzungen auf den Ernstfall vorzubereiten, findet während Arctic Defender ebenfalls der Waffeneinsatz im Szenario statt. Das heißt, die Luftfahrzeugbesatzungen üben das Abwerfen von Präzisionsbomben und den Einsatz der Bordkanone.
Für einen reibungslosen Ablauf stehen diverse Waffensysteme in der Reserve, um bei jeder Hochwertmission Ausfälle kompensieren zu können. Das Gleiche gilt für den Mission Commander als Verantwortungsträger einer jeden Mission. Hier wechseln sich die Nationen untereinander ab, damit mehrere die Möglichkeit haben, Erfahrungen in der Führung einer solchen Operation mit mehreren Nationen zu sammeln – denn dies sind Erfahrungswerte im Training, die das Überleben im Einsatz sicherstellen sollen. Näher an der Realität kann man nicht trainieren.