Erster Mitflug, einmalige Perspektive: Als Fotograf im Eurofighter
Erster Mitflug, einmalige Perspektive: Als Fotograf im Eurofighter
- Datum:
- Ort:
- Rovaniemi
- Lesedauer:
- 4 MIN
Davon träumen viele: einmal in einem Eurofighter mitzufliegen. Hauptfeldwebel Christian Timmig vom Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe darf das jetzt beruflich. Er hat alle Tests für die sogenannte „Red Card“ bestanden und nun seinen ersten Mitflug gehabt, bei der multinationalen Übung Arctic Challenge 2021.
Eine Stunde und fünf Minuten hat er gedauert – der erste Mitflug von Hauptfeldwebel Christian Timmig im Eurofighter. Als er auf der Air Force Base im finnischen Rovaniemi aus dem Eurofighter-Zweisitzer mit der Kennung 30+99 aussteigt, ist sein Lächeln sehr breit und entspannt.
„Das war schon eine extreme Berg- und Talfahrt. Es gab einen Punkt, an dem ich schon die Maske abgenommen hatte … aber dann ist das Frühstück – Ei, Lachsbrötchen und Kakao –doch drin geblieben“, grinst der 39-Jährige. Pilot Major Gerald startete mit Nachbrenner, gönnte dem Neuling aber zunächst einige ruhige Runden und zeigte ihm unter anderem wie es sich anfühlt, wenn der Eurofighter eine Rolle macht, erst langsam, dann schnell.
Belastungstest in der Zentrifuge
Auf diesen Flug vorbereitet hat Hauptfeldwebel Timmig sich schon länger, war unter anderem im März in der Hochleistungszentrifuge des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe im sächsischen Königsbrück. „Hier wurde meine Belastungsgrenze in mehreren Durchgängen getestet.“ Die Belastung eines Körpers, die durch Beschleunigung entsteht, nennt man G-Kraft. 2 G entsprechen in etwa dem zweifachen Körpergewicht, Eurofighter-Piloten müssen bis zu 9 G kompensieren können. Christian Timmig hat in seiner Red Card 7 G stehen. „Außerdem habe ich in Königsbrück gelernt, wie man die Muskulatur anspannen muss und Pressatmung einsetzt, um Sauerstoffmangel im Gehirn zu verhindern.“ Tipps für die Stärkung der Nacken- und Halsmuskulatur sowie für progressive Muskelentspannung gab es zusätzlich.
Neun Kilo Anzug gegen Sauerstoffmangel
Hier in Rovaniemi in Finnland, wo die rund 200 Soldatinnen und Soldaten der deutschen Luftwaffe während der multinationalen Übung Arctic Challenge 2021 stationiert sind, wurde es dann ernst. Dem Hauptfeldwebel wurde genau erklärt, wie der Schleudersitz funktioniert und der Anti-G-Anzug wurde ihm angepasst. Dieser sorgt dafür, dass das Blut auch bei den abruptesten Flugmanövern der Piloten nicht komplett absackt und sein Träger in Ohnmacht fällt. Weste, Hose und Helm zusammen wiegen gut neun Kilo. Timmigs Erfahrung: „Der Anzug bläst sich dann, je nach Flugmanöver, so auf, dass alles sehr straff sitzt, aber es wird nicht wirklich unangenehm.“
Sitzen, atmen, genießen – Fotos machen
Eigentlich war der Rat an den Eurofighter-Neuling: Beim ersten Flug sitzen, sich anschnallen, atmen und genießen. Doch so läuft das nicht bei der Luftwaffe. Natürlich hatte Timmig die Kamera dabei, hat Fotos gemacht, sich zwischendurch auf den Horizont konzentriert, die Kamera festgehalten, überlegt, ob er sich übergeben muss, und auf der Karte geguckt, wo der Eurofighter gerade ist. „Das waren schon sehr viele intensive Eindrücke.“ Plötzliche Richtungsänderungen in allen drei Dimension inklusive. „Aber mit Major Gerald hatte ich einen erfahrenen Piloten, der uns dann beim Fotoflug immer zwischen Sonne und den Jets gehalten hat, so dass die Air-to-Air-Aufnahmen was geworden sind.“
Lieber Fußball spielen als lernen
1981 in Gera in Thüringen geboren und dort im Stadtteil Lusan aufgewachsen, machte Christian Timmig seinen Realschulabschluss an der Aenne-Biermann-Schule und danach eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Zwar war er schon als Teenager fasziniert vom Tornado und anderen Kampfjets. Das erste Modellflugzeug, das er baute, war die F-14 Tomcat aus „Top Gun“. „Aber ich hatte immer mehr Lust, Fußball zu spielen, als für die Schule zu lernen“, sagt Timmig und lächelt.
Bayreuth, Belgien, Ramstein, Berlin
Nach Abschluss der Ausbildung 2002 begann sein Grundwehrdienst beim Luftwaffenausbildungsregiment in Bayreuth. „Da ist die alte Liebe zur Luftwaffe wiedererwacht und ich habe meinen Dienst direkt verlängert“, erinnert sich der Hauptfeldwebel. Zunächst auf vier Jahre. Es folgten viele Lehrgänge und Posten: in Belgien beim NATONorth Atlantic Treaty Organization Programming Center in Glons und dann 14 Jahre in Ramstein beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftwaffenhauptquartier in mehreren Verwendungen. Dort wechselte er in die Feldwebel-Laufbahn, wurde für die Presse- und Fotografenarbeit ausgebildet und ist seit 2010 Berufssoldat.
„Mehr davon!“
Heute ist er wieder näher an der alten Heimat. 2020 kam der Umzug nach Berlin, wo Timmig beim Presse- und Informationszentrum des Kommandos Luftwaffe arbeitet. „Mir machen die Pressearbeit und vor allem das Fotografieren viel Freude.“ Und zur Familie in Gera ist es jetzt auch nicht mehr so weit. Außer, wenn er auf Dienstreisen unterwegs ist, wie jetzt in Finnland bei der Übung Arctic Challenge 2021. Aber das ist Teil seines Jobs, und er liebt ihn. „Ich wollte schon immer vor allem Pressearbeit machen.“ Sein Fazit nach dem ersten Mitflug im Eurofighter: „Mehr davon!“