Alarmstart an der Ostsee – QRAQuick Reaction Alert fliegt von Laage aus
Alarmstart an der Ostsee – QRAQuick Reaction Alert fliegt von Laage aus
- Datum:
- Ort:
- Wittmund
- Lesedauer:
- 6 MIN
Für das Taktische Luftwaffengeschwader 71 ''Richthofen'' im friesischen Wittmund stand vom 16. Juni bis 15. Juli der Flugbetrieb still. Die Reparatur kleinerer Beschädigungen auf den Rollwegen und der Start- und Landebahn zwang dazu. Neuer, vorübergehender Einsatzort für die in Wittmund stationierte „Luftpolizei“ war der Fliegerhorst in Laage bei Rostock, Standort des Taktischen Luftwaffengeschwaders 73 ''Steinhoff''.
Was macht einen Flugplatz aus? Genau – intakte und gut gepflegte Start- und Landebahnen. Sie sind der Garant, dass die Flugzeuge ohne Schwierigkeiten sicher in den Himmel und wieder zurückkönnen. Deshalb werden sie immer wieder einer ständigen Prüfung unterzogen, um festgestellte Schäden so schnell als möglich zu beseitigen.
Schnelligkeit zählt
Für das Taktische Luftwaffengeschwader 71 ''Richthofen'' im friesischen Wittmund gab es zwei Varianten, entweder für vier Wochen ihren Flugbetrieb einzustellen oder auf einen anderen Fliegerhost auszuweichen. Die Geschwader-Führung entschied sich für die letztere. Das hatte seinen Grund, denn in Wittmund stationiert ist die sogenannte Alarmrotte, die Quick Reaktion Alert (QRAQuick Reaction Alert) – die „Luftpolizei“. Schnelligkeit ist alles was zählt, soll eine Bedrohung aus der Luft abgewehrt werden. Die Abfangjäger vom Typ Eurofighter Typhoon haben vom Ertönen der Sirene bis zum Einfahren der Räder an der Maschine maximal 15 Minuten Zeit, so sieht es die NATONorth Atlantic Treaty Organization- Vorgabe beim Quick Reaction Alert (QRAQuick Reaction Alert) vor.
Nur ein Katzensprung entfernt: gleiches Waffensystem – gleicher Anspruch
Neuer, vorübergehender Einsatzort für Teile des Geschwaders sollte der Fliegerhorst in Laage bei Rostock sein. Hier fliegt, schraubt und prüft das Taktische Luftwaffengeschwader 73 ''Steinhoff'', hier sollte die QRAQuick Reaction Alert den Luftraum über Deutschland sichern. Beide Geschwader sind im Norden Deutschlands zu Hause. Die 73er sind geografisch im östlichen Teil der Republik zu finden. Das Taktische Luftwaffengeschwader 71 ''Richthofen'' in der westlichen Hälfte, im Bundesland Niedersachsen bei Wittmund. Beide Bundesländer grenzen einander an, so gesehen ein „Katzensprung“ für die Piloten.
Gleicher Flieger, gleiche Technik, gleiche Aufgaben
In einem Aspekt gleichen sich die beiden Geschwader: sie nutzen das gleiche Waffensystem des Typen Eurofighter Typhoon. Der Fliegerhorst in Rostock-Laage war für die Wittmunder der ideale Ausweichflugplatz. Somit konnte sich das Geschwader an der weiteren Sicherstellung der Alarmrotte beteiligen und gleichzeitig unterstützend am täglichen Trainings- und Ausbildungsbetrieb mitwirken.
Techniker und Programmierer müssen mit umziehen
Mit der Verlegung der acht QRAQuick Reaction Alert-Eurofighter ist es jedoch nicht getan. Denn bevor die ersten Maschinen in die Luft steigen, müssen insgesamt 300 Soldatinnen und Soldaten und dazu noch 60 Brandschutzkräfte der Fliegerhorst-Feuerwehr nach Rostock/Laage verlegen. Ees handelt sich um Techniker, Prüfer, Raketenspezialisten, Tankwarte und Programmierer. Sie werden gebraucht, um die Jets der Alarmrotte einsatzbereit zu halten.
Auf geht’s nach Laage
Dann, am Dienstag, den ersten Tag der Verlegung, machten sich vom Wittmunder Fliegerhorst insgesamt acht Eurofighter, gesplittet in zwei vierer Flight´s, auf den Weg Richtung Mecklenburg-Vorpommern. Jede Gruppe nutzte dafür ein anderes Zeitfenster.
Hohe Sicherheit im QRAQuick Reaction Alert Bereich
Die Luftraumüberwachung lief die gesamte Zeit ohne Unterbrechung weiter. Schon am zweiten Tag sollte der Adrenalinspiegel bei den Wittmundern steigen. Im östlichen Teil des Flugplatzes standen vier der acht entsandten Eurofighter der 71er mit scharfer Bewaffnung. Orange Tafeln an den Boxen mit Aufschrift „VORSICHT - Luftfahrzeug aufmunitioniert„, wiesen unmittelbar darauf hin. Die Flieger warteten auf den ersten „Tango- Scramble“ des Tages. Der bildet den Übungsmodus eines Luftnotfalls ab, unterliegt dennoch dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Standard für den scharfen Einsatz, der in der Flieger-Fachsprache „Alpha-Scramble„ heißt. Mindestens zwei Mal trainierten beide Geschwader gemeinsam für diese Vorgabe und stellten sich damit immer wieder auf den Prüfstand.
Geschwader auf dem Prüfstand
Plötzlich schrillten ohrenzerreißend die Alarmsirenen und es setzten sich die orangenen Rundumleuchten an den Boxen in Betrieb. Es ging los: Einsatz für die QRAQuick Reaction Alert. Zwei Piloten eilten, bereits in voller Montur ausgestattet, von ihren Einsatzräumen zu den nur wenigen Metern entfernten Boxen. Begleitet wurden sie von der Wartungscrew.
Teamarbeit entscheidet
Vor Ort standen bereits zwei vollgetankte und bewaffnete Eurofighter bereit. In den Boxen nebenan lauerten zwei weitere Maschinen, um im Ernstfall als Ersatz zu dienen oder zur Unterstützung herangezogen zu werden. Die Maschinen und ihre Piloten, dazu das nicht wegzudenkende Team aus Technikern, steht 365 Tage im Jahr bereit. 24 Stunden rund um die Uhr sind sie verfügbar und einsatzbereit, um den Luftraum zu sichern.
Jeder Handgriff muss sitzen – Checkliste wird abgearbeitet
Rasch hatten die beiden Piloten ihre Cockpits erklommen und mit ein paar Handgriffen ihre Druckanzüge mit den Anschlüssen der Maschine verbunden. Währenddessen startete die Wartungscrew die APU (Auxilary Power Unit) die Bordelektronik. Nun galt für Piloten, sich auf die wesentlichen Punkte der Checkliste zu konzentrieren.
Beim Check zählt jede Minute
Wenige Sekunden später starteten sie die Triebwerke. Der Lärm, der von den beiden Eurojet-EJ200-Triebwerken erzeugt wurde, war ohrenbetäubend – trotz Gehörschutz. Da im Einsatz jede Minute zählt, vollzogen Wartungscrew und Piloten den Last Chance Check gleich in den Boxen vor Ort. Dann gaben sie sich gegenseitig das Zeichen „alles Ok“. Die Technik war bereit. Im Anschluss folgte von den Männern am Boden das Zeichen zum Rollen.
Ohne Sicherung wird’s gefährlich
Mit wenig Schub setzten die beiden Piloten ihre rund elf Tonnen (Leergewicht) schweren Düsenjets in Bewegung. Außerhalb der Boxen legten sie noch einen vorläufigen Stopp ein und warteten auf die Line-Up-Freigabe, für ein direktes Aufrollen auf die Startbahn. Die Sicherheitsstifte der externen Bewaffnung wurden an den Unterflügelstationen entfernt. Die Stifte (Ground Safety Pin) dienen der elektronischen Sicherung.
Ein Start ins Ungewisse
Da es sich dabei um eine Übung handelte, wurde die Technik ein wenig geschont und der Start mit einer Einschränkung durchgeführt. Die Piloten erhielten vom Tower nur die Freigabe für einen Buster-Takeoff, das bedeutet, sie starteten ohne Nachbrenner (Gate-Takeoff). Beim Alpha-Scramble würde jedoch der Nachbrenner zum Einsatz kommen. Dann hoben beide Maschinen gen Westen ab. Kurz nach ihrem Start werden die Maschinen vom Control and Reporting Centre (CRCCrowd and Riot Control), der militärischen Luftraumüberwachungszentrale, per Radar überwacht. Von dort erhalten die Piloten nach ihrer Authentifizierung weitere Instruktionen.
Input vom Boden
Der dortige Controller (Jägerleitoffizier) übermittelt den Piloten binnen weniger Sekunden die wesentlichen Informationen, wie die aktuelle Position und Geschwindigkeit ihres Zieles und ihre dazu gehörende Aufgabe. Bis zu diesem Zeitpunkt besaßen die Piloten keinerlei Information. Sie müssen sich in wenigen Minuten auf die neue Situation mental einstellen, die einströmenden Informationen korrekt verarbeiten und ihren Auftrag ohne Verzögerung erfüllen.
Nach dem Flug ist vor dem Flug
Nach etwa einer Stunde landeten die beiden Eurofighter wieder auf dem Fliegerhorst in Laage. Die anschließende Sicherung der Maschinen erfolgte westlich des Flugplatzes, im Bravo-Bereich. Doch noch war die Übung für die Piloten nicht beendet. Auf beide wartete die Nachbesprechung mit Übergabe des Fotomaterials, das im Flug von einer Kamera im Cockpit aufgezeichnet wurde. Die Piloten erhalten hier ein direktes Feedback zu ihrem geleisteten Einsatz. Denn in der Besprechung wird jeder Flug noch einmal durchgegangen, analysiert und ausgewertet.
Ohne sie geht es nicht: Mechaniker und Tankwarte
Während die Piloten den Flug auswerten, wird in den Boxen schon gewirbelt. Hinter der großen Bühne des Fliegens sind Techniker dabei, die Maschinen wieder einsatzbereit zu machen. Dazu zählt unter anderem die Inspektion nach dem Flug und das Betanken der Maschinen.