Air Defender – Nationalgarde der Lüfte

Von einer Ergänzungstruppe ist die Air National Guard der USA zu einem wichtigen Glied der amerikanischen Luftstreitkräfte geworden. Bei der Übung Air Defender 23 im Juni beteiligen sich die Flieger aus den Staaten mit 100 Flugzeugen.

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Ready for Take off: Wenn bei der Übung Air Defender 23 im Juni zwei Wochen lang Luftoperationen im europäischen Luftraum trainiert werden, trägt knapp die Hälfte der Flugzeuge ein Wappen, auf dem ein junger Mann mit Gewehr unter weitem Himmel zu sehen ist, dem Logo der Air National Guard (ANG). Von amerikanischer Seite sind es vorwiegend ihre Luftfahrzeuge, die sich an der größten Verlegeübung seit Bestehen der NATONorth Atlantic Treaty Organization beteiligen. Die Heimatflughäfen der beteiligten amerikanischen Besatzungen liegen in 35 Staaten der USA, wo jeder Bundesstaat über mindestens eine Einheit der ANG verfügt.

Bindeglied zwischen Militär und Katastrophenschutz

Militärische Verbände unter der Flagge von Bundesstaaten und dem Kommando des jeweiligen Gouverneurs, noch dazu parallel zu den regulären Streitkräften und eine Mischung aus Kampfeinheit und Katastrophenschutz: Was durch die deutsche Brille wie eine Fiktion wirkt, ist in den USA seit Langem gelebte Realität. So reichen die Wurzeln der Nationalgarde am Boden in die Zeit der Kolonialkriege des jungen Amerika gegen England zurück. Heute besteht eine enge Verzahnung mit den regulären Kräften von USUnited States Army und USUnited States Air Force, und auch die Mitfinanzierung und Koordination der Garde durch den Bund sowie der Oberbefehl seitens des USUnited States-Präsidenten im Falle eines nationalen Notstands wirken als Bindeglieder.

Entsprechend ergibt sich aus alledem eine Doppelfunktion: Die Gouverneure der Bundesstaaten können die Garde im Krisenfall zu Hilfe rufen, was etwa bei Naturkatastrophen immer wieder passiert. Als beispielsweise der Hurrikan Katrina 2005 weite Teile von Florida und Louisiana verwüstete, war die ANG zur Stelle und evakuierte obdachlos gewordene Menschen, errichtete Zeltlager und sorgte für Erste Hilfe, Kommunikation und Transport. Zum anderen ist es der USUnited States-Präsident, der die Nationalgarde im Kriegsfall mobilisieren kann, wie bereits mehrfach geschehen.

100.000 Personen und 1.300 Maschinen

Im Grundbetrieb sind die Einheiten der 1947 gegründeten Air National Guard verschiedenen Hauptkommandos der Air Force zugeteilt und übernehmen dort zum Teil die gleichen Aufgaben wie die Luftwaffensoldaten des aktiven Dienstes. Die Lufttransport- und Luftbetankungskapazitäten des Air Mobility Command beispielsweise werden je zur Hälfte von der ANG gestellt. Und auch die Ausbildung der Gardisten erfolgt gemeinsam und unter gleichen Anforderungen mit den Soldaten der Streitkräfte, ebenso sind die Dienstgrade gleich. Inzwischen umfassen die verfügbaren Waffensysteme rund 1.300 Maschinen, darunter mit wenigen Ausnahmen alle Flugzeugtypen, die sich auch in der USUnited States Air Force befinden – bis hin zum Kampfflugzeig F-35. Zwar gehen die freiwilligen Mitglieder der Nationalgarde in der Regel eine temporäre Dienstverpflichtung samt Grundausbildung ein und üben danach weiter als Reservisten. Inzwischen aber arbeiten viele Soldaten der insgesamt gut 100.000 Personen umfassenden Luftverbände aufgrund der gestiegenen Anforderungen Vollzeit.

International zum Einsatz kam sie – um nur zwei Beispiele zu nennen – im besetzten Deutschland zum Schutz vor sowjetischen Aggressionen sowie in beiden Golfkriegen 1991 und 2003. Und nicht zuletzt zu Beginn des Krieges in Afghanistan 2001 bewährte sich ein breit aufgestelltes Reservistenreservoir, als Einheiten der Air National Guard unterschiedlichste Missionen flogen. Zeitweise waren insgesamt mehr als 10.000 Angehörige der ANG gleichzeitig am Hindukusch im Einsatz.