Air Defender 23 und seine Ahnen – Rückschau auf Übungen zur Verteidigung Europas
Air Defender 23 und seine Ahnen – Rückschau auf Übungen zur Verteidigung Europas
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
- Lesedauer:
- 3 MIN
Während des Kalten Krieges fanden zahlreiche militärische Übungen zwischen den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten und dem Warschauer Pakt statt, um sich auf mögliche Konflikte in Europa vorzubereiten. Eine der jährlich stattfindenden multinationalen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftwaffenübungen war Cold Fire. Einmalig hingegen war die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftwaffenübung Carte Blanche.
Erste NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung offenbart Schreckliches
Die erste NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftwaffenübung fand im Sommer 1955 statt, noch ohne Beteiligung der deutschen Luftwaffe, die erst ein halbes Jahr später offiziell aufgestellt wurde. Sie trug die Bezeichnung „Carte Blanche“ und bedeutet so viel wie uneingeschränkte Vollmacht – wer eine Carte blanche erhält, darf unbegrenzt nach eigenem Ermessen handeln. Die Übung machte ihren Namen alle Ehre und erschütterte damals die Bonner Republik. „Soldaten von elf Nationen spielten mit mehr als 3.000 Flugzeugen zwischen 10.000 und 15.000 Metern Höhe um Sein und Nichtsein“, so titelte der Spiegel in seiner 29. Ausgabe des Magazins im Jahr 1955. Geflogen wurden 12.347 Einsätze mit dem Resultat, dass das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und der damaligen DDR im Ernstfall durch Kernwaffen in Schutt und Asche verwandelt worden wäre. Das strategische Konzept dahinter, „massive retaliation“, die massive Vergeltung, galt als umstritten und wurde Mitte der 1960ger-Jahre durch die „flexible response“, die flexible Antwort, ersetzt.
Verlegeübungen zeigen Leistungsfähigkeit
Eigenständige Manöver der Luftstreitkräfte wie Air Defender 23 wurden selten durchgeführt. Sie beteiligen sich meist an Manövern des Heeres und der Marine. Die Reforger-Übungen, die von 1969 bis 1993 regelmäßig stattfanden, simulierten möglichst realistische Gefechtssituationen. Die Luftwaffenmanöverserie Cold Fire unterstützte ebenso große Heeresmanöver. Während dieser Übungen erprobte man neue taktische Verfahren sowie operative und strategische Konzepte. Die jeweiligen Manöver trugen die entsprechende Jahreszahl, zum Beispiel Cold Fire 82, Cold Fire 83 und so weiter. Das letzte Cold Fire-Training fand 1994 statt. Die Übung erstreckte sich in der Regel über drei Wochen und war in die Herbstmanöver der Landstreitkräfte der Autumn-Forge-Reihe eingebunden.
Bei den Reforger-Übungen, die Bezeichnung steht für Return of Forces to Germany, handelte es sich um eine Großübung, die mehrmals jährlich durchgeführt wurde. Der Name entstand aus dem Ziel: die Rückkehr von USUnited States-Streitkräften nach Deutschland. Die umfangreichste Übung dieser Reihe wurde 1988, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, durchgeführt. Hier flogen Transportfliegerkräfte in unzähligen Einsätzen rund 188.000 Soldaten und tausende Tonnen Material über den Atlantik. Sperrige Technik kam auf dem Schiffsweg nach Deutschland.
Neue Konzepte, neue Technik
Die Cold-Fire-Manöverserie war eine der ersten Übungen, in denen neu entwickelte Flugzeuge und Helikopter unter den besonderen Einsatzbedingungen Europas realistische Szenarien bewältigen mussten und ihre Einsatztauglichkeit bewiesen. So beteiligten sich ab 1975 erstmals die allwetterfähigen Kampfflugzeuge McDonnell F-4 Phantom II an der Übung. Zum NATONorth Atlantic Treaty Organization-Herbstmanöver Autumn Forge 87 verlegten mit den nacht- und allwetterkampffähigen AH-64A die ersten Kampfhubschrauber dieses Typs nach Europa und in die Bundesrepublik. Auf den jeweiligen Übungsraum bezogen galt es, feindliche Luftschläge über der Norddeutschen Tiefebene abzuwehren, sich gegen Luftangriffe des Warschauer Paktes aus der Luft über dem Fulda Gap zu behaupten, die Luftüberlegenheit zu erringen und eigene Gegenoffensiven zu unterstützen. Zeitgleich mit Cold Fire fanden häufig entsprechende Luftwaffenübungen des Warschauer Paktes statt, die von einer Provokation der NATONorth Atlantic Treaty Organization ausgingen. Die Übungsbefehle von Cold Fire 84 wurden sogar von der NVANationale Volksarmee-Aufklärung ausspioniert.
Entspannung beendet Manöverserie
Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde der Umfang der Cold-Fire-Manöverserie reduziert. Im Jahr 1994 wurde noch eine Cold-Fire-Übung oganisiert. Sie fand in Deutschland, Belgien, Dänemark, den Niederlanden sowie in Teilen Nordostfrankreichs statt. Vom Hauptquartier der Alliierten Luftstreitkräfte Europa-Mitte, Allied Air Forces Central Europe (AAFCE), auf der Ramstein Air Base wurde die Übung damals geleitet.
Zusammenarbeit und Kennenlernen
Die Cold-Fire-Manöverserie war somit ein wichtiger Teil der Geschichte der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übungen während des Kalten Krieges. Oberstes Ziel war es, genauso wie heute, die Zusammenarbeit und Interoperabilität der nationalen Luftstreitkräfte zu verbessern und die Fähigkeiten der Piloten und Techniker zu erhöhen. Heute erinnert sie an die Bedrohung, die damals bestand, und zeigt, wie wichtig es ist, in Zeiten der Unsicherheit und des Konflikts vorbereitet zu sein.