Dienstleister bei internationalen Übungen: Von Ostfriesland in die ganze Welt
Dienstleister bei internationalen Übungen: Von Ostfriesland in die ganze Welt
- Datum:
- Ort:
- Leer
- Lesedauer:
- 6 MIN
21 Länder in sieben Jahren bereist – das ist die aktuelle Bilanz von Henning B. Allerdings nicht im Urlaub. B. gehört zur „Auslands-Übungs-Zelle“ des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums Leer, einer bundeswehrweit einzigartigen Einrichtung, die die Truppe bei Übungen vor Ort unterstützt. So wie zuletzt bei der multinationalen Übung Pacific Skies.
Einsatzbereite Streitkräfte sind die Voraussetzung für eine glaubwürdige Abschreckung und wirksame Verteidigung. Um die dafür erforderlichen Fähigkeiten zu trainieren, sind regelmäßige militärische Übungen erforderlich. Zur Stärkung der Landes- und Bündnisverteidigung geschieht dies auch in multinationalen Manövern, an denen mehrere Nationen beteiligt sind und die weltweit stattfinden. Wie die erst kürzlich absolvierte gemeinsame Großübung Pacific Skies, quasi die „Welttournee“ der Luftwaffe 2024, die die Truppe zu verschiedenen Einzelübungen zum Beispiel nach Australien, Indien oder auch Malaysia führte. Und natürlich wird ein solches Vorhaben in Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von der Bundeswehrverwaltung unterstützt und begleitet.
Die verwaltungsmäßige und wirtschaftliche Betreuung aller deutschen Soldaten, zivilen Beschäftigten und deren Angehörigen im Ausland obliegt generell den Bundeswehrverwaltungsstellen im Ausland (BWVStBundeswehrverwaltungsstelle), die zum Organisationsbereich Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen IUDInfrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen gehören. Dies schließt auch übende Kräfte ein. Was aber tun, wenn die Truppe an Orten und in Ländern übt, für die keine der acht BWVStBundeswehrverwaltungsstelle zuständig ist? Hier kommt das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Leer (BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum) ins Spiel. Vier zivile Mitarbeitende und vier militärische Rechnungsführer – die organisatorisch ebenfalls zum BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Leer gehören – sind als „Auslands-Übungs-Zelle“ (ÜbZelle) spezialisierte Ansprechpartner für die Unterstützung der Truppe, erst von Ostfriesland aus, anschließend vor Ort. Sie entlasten die Truppe von allen Aufgaben, die nicht zu ihrem militärischen Kernauftrag gehören.
Schon in der Vorbereitung unterwegs
Die Vorbereitungen auf eine solche Übung beginnen weit im Voraus mit mehreren Planungskonferenzen und internen Besprechungen. Hier werden die Rahmenbedingungen der Übung festgelegt und immer weiter verfeinert. Die ÜbZelle in Leer legt ihren Einsatzplan fest: Was ist bei den Vorerkundungen zu tun, wie werden die Übungen betreut, was kommt alles in der Nachbereitung auf sie zu?
Bei den jeweils etwa einwöchigen Vorerkundungen in Australien, Indien, Malaysia und den Vereinigten Arabischen Emiraten entfachen die Teilnehmer der ÜbZelle vor Ort rege Tätigkeiten. Es müssen Unterkunft und Verpflegung für rund 200 Personen militärischen Übungspersonals sichergestellt werden. Wäscherei- und Transportleistungen, Erkundung von Flughäfen, von denen aus die Truppe operiert – es kommt immer noch etwas hinzu.
„Gerade bei der Hotelauswahl braucht man Fingerspitzengefühl und Erfahrung“, sagt Henning B. Das Hotel muss viele Gäste gleichzeitig aufnehmen und betreuen können, besonders Verpflegung und die zügigen Wäschereileistungen während des gesamten Übungszeitraums müssen gewährleistet sein. B. grenzt bereits von zu Hause aus online die Auswahl ein. Er ist der „alte Hase“ im Team, bereits seit 2017 gehört er zur Auslandsübungszelle. Bei multinationalen Übungen sind natürlich auch die Partnerstaaten im Blick zu behalten, die für ihre Soldaten dieselben Leistungen an denselben Orten einholen müssen. Dies führt zwangsläufig zu Überschneidungen. Da muss schnell entschieden werden, ein „Leben in der Lage“: Ständig ändert sich etwas, man muss umdisponieren, weitere Anforderungen gehen ein, weitere Verträge müssen ausgehandelt werden.
Ausschwärmen zur Übung
Dann starten die Übungen mit deutscher Beteiligung. Zunächst „Pitch Black“ in Australien im Juli, gefolgt von der vierwöchigen Übung „Tarang Shakti“ in Indien. Die ÜbZelle Leer schwärmt aus. Die Arbeitnehmer Henning B. und Nicole W. sowie Oberfeldwebel Diertje D. als militärische Rechnungsführerin fliegen zur Truppe nach Australien. Als das Vorkommando in Indien startet, verlegt B. dorthin und wird von Hauptfeldwebel Julia W. unterstützt. Und noch während der Übung in Indien ist B. zwischenzeitlich eine Woche in Malaysia, das von den aus Australien zurückkehrenden Geschwadern als Zwischenstopp und logistische Drehscheibe angeflogen wird.
Unterstützt werden die Teams während des gesamten Übungszeitraums von Regierungsoberamtsrat Jan K., eigentlich Beauftragter für den Haushalt mit Sitz beim Taktischen Luftwaffengeschwader 71 in Wittmund. Er ist die „Home Base“ in Deutschland: Er koordiniert die Übungszelle, ist die Schnittstelle zwischen den Mitgliedern der Zelle vor Ort und den Dienststellen und Kommandobehörden in Deutschland, deren Personal an der Übung teilnimmt und unterstützt in allen Fragen der verwaltungsseitigen Übungsausgestaltung. Dafür ist er rund um die Uhr ansprechbar.
Immer ansprechbar, unbürokratisch und flexibel
Vor Ort müssen die zuvor organisierten Leistungen wie Unterkunft und Verpflegung sichergestellt werden. Man ist erster Ansprechpartner für die Dienstleister wie Containerfirmen oder Fahrzeugvermietungen, aber auch für die Deutsche Botschaft im jeweiligen Land. Die ÜbZelle unterstützt den militärischen Kontingentführer bei allen verwaltungs- und haushaltsrechtlichen Fragen und ist zuständig für die Deckung des Sofortbedarfs der Truppe während der Übung.
„Man ist sozusagen Mädchen für alles“, umschreibt Nicole W. Sie ist erst seit knapp einem Jahr bei der ÜbZelle und hat nur in diesen zwölf Monaten bereits Übungen in Finnland, Ungarn, Malaysia, Norwegen, Rumänien und Australien begleitet. „Von morgens bis abends. Man kann auch schon im Bett liegen, da klopft es an der Tür, und es muss ganz dringend etwas organisiert werden. Man kann bei niemandem nachfragen, muss unbürokratisch und flexibel handeln.“
„Man muss Tag und Nacht nah an der Truppe sein, die Wege kurzhalten, ansonsten kriegt man ja nichts mit“, sagt Henning B. „Dienstschluss ist da meistens erst, wenn die Lichter ausgehen. Und manchmal nicht mal dann.“ Dieses Engagement zahlt sich letztlich aus, die Zusammenarbeit ist bei jeder Übung exzellent und die ÜbZelle genießt hohes Ansehen bei der Truppe.
Beförderung „Down Under“, noch einmal nach Indien
Rechnungsführerin Diertje D. hatte diesbezüglich auch noch ein besonderes Erlebnis: Sie wurde während der Übung zum Hauptfeldwebel befördert – in Australien. Welche deutsche Soldatin oder welcher deutsche Soldat kann das schon von sich behaupten? „Meine erste Beförderung vor der Truppe“, sagt sie stolz. Das gesamte Kontingent war zur Beförderung angetreten. „Das hätten sie nicht machen müssen“, zeigt sich D. gerührt. „Ich bin ja Heeressoldatin und gehöre nicht zur Luftwaffe und auch nicht zu diesem Übungskontingent.“ Dass sie es trotzdem taten, zeigt auch hier die Wertschätzung, die der ÜbZelle entgegengebracht wird.
Und dann kommt man auch schon mal mit der nächsten Anfrage nach Hause. Als B. und Hauptfeldwebel Julia W. im Rahmen des Nachkommandos in Indien die Rückführung des noch verbliebenen Materials in die Heimat, die Rückgabe von Mietfahrzeugen und die Abwicklung von Hotel-, Verpflegungs- und Wäschereiangelegenheiten begleitet hatten, wurde seitens des Militärattachéstabes der Deutschen Botschaft in Indien um Unterstützung bei der Abwicklung der im Rahmen der Übung angefallenen Rechnungen gebeten. Eine der Rechnungsführerinnen wird sich demnächst also nochmals Richtung Indien auf den Weg machen.
Nach der Übung ist vor der Übung
„Unsere Leute tragen große Verantwortung bei diesen Übungen“, resümiert auch Regierungsdirektor Erwin Schultz, der Leiter des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Leer. „Wenn sie vor Ort sind, müssen sie schnell entscheiden und möglichst umgehend umsetzen. Wenn sie zu sehr in Verwaltungsstrukturen und Hierarchien denken, sind sie dort draußen nicht am richtigen Platz.“ Er ist sehr stolz auf die Leistungen „seiner“ Übungszelle und sagt: „Ohne uns würde das eine oder andere bei einer solchen Übung nicht funktionieren.“
Für das kommende Jahr liegen bereits Anfragen für vier Übungen vor. Griechenland, Abu Dhabi, Finnland und Norwegen stehen dann auf dem Reiseplan. Henning B. wird sich mit Abu Dhabi dann sein 22. Land sichern, in dem er die übende Truppe unterstützt. Aber auch die weiteren Mitglieder der Auslands-Übungs-Zelle beim BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Leer werden fleißig „Länderpunkte“ sammeln, wenn es erneut heißt: Zur Unterstützung der Truppe - von Ostfriesland in die ganze Welt.